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Zum Tode von Prinz PhilipEin Leben im Schatten der Krone

Lesezeit 6 Minuten
Philipp vor schwarzem Hintergrund

Prinz Philip, Ehemann der britischen Königin Elizabeth II., ist im Alter von 99 Jahren gestorben. 

London – Wahrscheinlich wäre ihm jetzt ein Scherz eingefallen – ein makabrer gewiss, gut möglich auch ein politisch unkorrekter. Solche Sprüche hatte er am liebsten. Wie würde Prinz Philip auf die stille Trauer reagieren, die sich nun über das Königreich gelegt hat? Dieser kantige, scharfsinnige Mann, der laut eigenen Worten „nach der Verfassung gar nicht existierte“? Wahrscheinlich würde er sogar auf seinen eigenen Tod mit seinem äußerst trockenen Humor antworten. Und das britische Volk würde in seiner Bestürzung milde lächeln, wie es das zumeist getan hat.

Prinz Philip stirbt im Alter von 99 Jahren

Nun ist Prinz Philip, Herzog von Edinburgh, Graf von Merioneth und Baron Greenwich, im Alter von 99 Jahren gestorben. Jener Mann, der den überwältigen Großteil seines Lebens einen Schritt hinter Königin Elizabeth II. verbrachte. Der Gatte der Queen wurde fast sieben Jahrzehnte lang genau als das wahrgenommen: als Ehemann von Königin Elizabeth II. So verlief sein Leben im Dienst der Krone und gleichwohl in deren Schatten.

Aber er, der als Sinnbild des englischen Gentlemans gilt, nahm die Begleiterrolle nicht nur an, sondern füllte sie auch aus. So beschrieb er sich selbst einmal als „den besten Gedenktafelenthüller der Welt“. Das war jedoch nur ein Teil der Geschichte. Alle Beobachter sind sich einig, dass ohne ihn auch die Queen nicht das enorme Pensum ableisten hätte können, das sie selbst im hohen Alter noch erbringt. „Lass es uns angehen“, so heißt es aus seinem Umfeld, sei einer seiner meistgebrauchten Sätze gewesen.

Ein Vorbild der Briten und ein Anker

Neben der Königin galt der Herzog von Edinburgh als Vorbild für Pflichtbewusstsein, als Anker der Stabilität in einem Land, das den Zerfall des Empires erlebte und sich neu aufstellen musste. Dabei war die Unterordnung für Philip zunächst nicht einfach. Der unabhängige Geist rebellierte, brach immer wieder aus dem engen Korsett aus, das der Palast ihm anzulegen versuchte. Gerüchte, dass er, Typ Abenteurer und Draufgänger, nach der Hochzeit im November 1947 regelmäßig fremdgegangen sei, halten sich seit Jahrzehnten hartnäckig.

Prinz Philip mit Hut

Der britische Prinz Philip, Herzog von Edinburgh, nimmt bei seinem letzten öffentlichen Auftritt 2017 in der Rolle als Generalkapitän an einer Parade teil.

Aber auch wenn er es an ehelicher Treue vermissen lassen haben mag, sei er doch immer „absolut loyal“ gewesen, sagt die Historikerin Karina Urbach, insbesondere seit seine Frau 1953 zur Königin gekrönt wurde. „Er hat ihr geholfen, dieses Amt auszuüben, und war existenziell wichtig.“ Das verriet auch die sonst so distanzierte Queen in einer jener seltenen öffentlichen Liebeserklärungen, die sie ihrem Mann zur Goldenen Hochzeit machte, als sie ihn als „meine Stärke und meinen Fels“ pries.

Für viele Skandale gesorgt in seinem langen Leben

Und das, obwohl sich der Charakterkopf immer wieder für mittelschwere Skandale sorgte. „Wenn ihr noch viel länger hierbleibt, bekommt ihr alle Schlitzaugen“, bemerkte er im Jahr 1986 gegenüber britischen Studenten in China. Bundeskanzler Helmut Kohl begrüßte er als „Herr Reichskanzler“ und Kindern vom Taubstummenbund, die neben einer lauten Steelband standen, gab er zu verstehen, bei der Musik sei es kein Wunder, dass sie gehörlos seien. Dem paraguayischen Diktator Alfredo Stroessner trat er mit den Worten gegenüber, er sei gern mal wieder in einem Land, in dem nicht das Volk das Sagen habe. Für einen Lacher war Prinz Philip stets gut – und verziehen haben die Briten ihm sowieso immer, genauso wie die Königin.

Fahnen auf Halbmast

In London stehen die Flaggen auf halbmast.

Tatsächlich muss sich der Traditionalist sein Leben anders vorgestellt haben. Philippos Andreou wurde als Sohn des Prinzen Andreas von Griechenland und Dänemark und Prinzessin Alice am 10. Juni 1921 auf der Insel Korfu geboren – auf einem Esstisch, wie es heißt – und trug selbst den Titel des Prinzen von Griechenland. Väterlicherseits hat er Wurzeln im Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, seine Mutter war eine geborene Battenberg – ein deutscher Name, der später anglifiziert wurde. Heute heißen die Royals offiziell Mountbatten-Windsor.

Besondere Affinität zu Deutschland

Bereits zu seiner Geburt galt die Ehe seiner Eltern als gescheitert. Philip, ein Urenkel von Königin Victoria, wuchs zunächst bei seiner psychisch kranken Mutter, später in Internaten auf. Durch seine familiären Bande sowie zahlreiche Besuche pflegte er eine besondere Affinität zur Bundesrepublik und betonte nach dem Zweiten Weltkrieg: „Mit Deutschenhass allein können wir nicht überleben.“ Die Reise des royalen Paars zur Annäherung 1965 nach Berlin war auch sein Anliegen.

Queen und Philip

Die britische Königin Elizabeth II. mit ihrem Ehemann Prinz Philip auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1954

Während des Zweiten Weltkriegs diente Philip als Marineoffizier auf zahlreichen Schiffen. Noch während seiner militärischen Ausbildung traf der hochgewachsene Philip auf einer Hochzeit auf Elizabeth – es war Liebe auf den ersten Blick, sagte die Queen später. Die 13-jährige Lilibet und der fünf Jahre ältere Teenager begannen, sich Briefe zu schreiben. 1946 hielt er bei König Georg VI. um ihre Hand an, was vielen widerstrebte. Immerhin lag der Krieg erst ein Jahr zurück.

Das unbeschwerte Leben endete jäh

Schon am 6. Februar 1952 wurde das junge Paar aus seinem unbeschwerten Leben gerissen: Elizabeths Vater starb. Sie wurde im Jahr darauf zur Königin gekrönt. Und Philip führte fortan das Leben als Prinzgemahl, oder nach seinen Worten als „enteigneter Balkanprinz für Balkonszenen“. Nachdem er 1951 seine aktive Karriere bei der Marine beendet hatte, entdeckte er eine neue Leidenschaft für sich: das Fliegen. Es war neben dem Segeln, Pferdekutschenrennen und Polospiel seine liebste Freizeitbeschäftigung.

Was passiert jetzt nach Prinz Philips Tod?

Für jeden Royal gibt es im Fall des Tods Vorbereitungen. „Operation Forth Bridge“ ist der Codename des Plans, der die Angelegenheiten nun für Prinz Philip regelt. Während im Königreich Staatstrauer herrscht und alle Flaggen auf Halbmast wehen, beraten der ranghöchste Offizier des königlichen Haushalts und Premier Boris Johnson mit Königin Elizabeth II. darüber, wie die Beerdigung vonstatten gehen soll.

Als Ehemann des Souveräns stünde dem Herzog von Edinburgh ein Staatsbegräbnis zu, doch er ließ bereits zu Lebzeiten wissen, dass er „weniger Tamtam“ vorziehen würde. Als letzte Ruhestätte hat Prinz Philip die Frogmore Gardens gewählt, den privaten Friedhof der Royals. Für die Queen hat mit dem Tod ihres Ehemannes nun eine achttägige Trauerzeit begonnen, in der sie sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen darf. Der Rest der Windsors trägt während der offiziell geltenden Trauerzeit im Land dunkle Kleidung und schwarze Armbinden. (kapri)

Zu seinem öffentlichen Tun wahrte er eine ironische Distanz, im Hintergrund soll er für die Öffentlichkeit weitgehend unsichtbar die Fäden als Familienpatriarch gezogen haben. Und selbst im Jahr 2015, da feierte er bereits seinen 94. Geburtstag, nahm Philip, der Schirmherr, Vorsitzender oder Mitglied von fast 800 Wohltätigkeitsorganisationen und Clubs war, noch 219 öffentliche Verpflichtungen wahr. Erst im August 2017 verabschiedete sich ein müder Prinz in den Ruhestand.

Zwar wirkte Philip noch äußerst robust, wie er etwa bei der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle 2018 zeigte, als er nur Wochen nach einer Hüftoperation ohne Hilfe in die Kapelle schritt. Aber die Briten sorgten sich immer wieder um den Prinzen. Er musste mehrmals ins Krankenhaus, verursachte Anfang letzten Jahres einen Autounfall, infolgedessen er seinen Führerschein abgab. Die Stütze von Königin Elizabeth II. brauchte immer öfter selbst eine Stütze. Nun ist sie weggebrochen. Aber wie resümierte er vor einigen Jahren? „Ich denke, ich habe meinen Beitrag geleistet.“