Noch nie traten in NRW so viele Leute aus der Kirche aus wie 2022. Im laufenden Jahr 2023 setzt sich der Schrumpfungsprozess auf hohem Niveau fort.
Rekord im vergangenen JahrZahl der Kirchenaustritte in NRW 2023 weiter hoch
Die Zahl der Kirchenaustritte in Nordrhein-Westfalen ist 2023 hoch geblieben. Wie eine Stichproben-Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Amtsgerichten nahelegt, bewegen sich die Zahlen vom Trend her zwar leicht unter dem Rekordniveau von 2022. Tausende kehrten der Kirche aber auch im jetzt zu Ende gehenden Jahr den Rücken.
So verließen in der Landeshauptstadt Düsseldorf in diesem Jahr bis zum 19. Dezember 5172 Katholiken und 3469 Protestanten die Kirche, im Gesamtjahr 2022 waren es 6211 Katholiken und 3338 Protestanten. In der größten NRW-Stadt Köln mit gut einer Million Einwohnern gab es im Zeitraum Januar 2023 bis einschließlich November 14.430 Kirchenaustritte, im Gesamtjahr 2022 waren es 20.331. Das Amtsgericht Aachen verzeichnete bis zum 19. Dezember 5747 Kirchenaustritte. 2022 waren es 5211.
Kirchenaustritte 2023: Die Zahlen für die größten NRW-Städte
In Bielefeld traten 2023 bis zum 20. Dezember 3974 Menschen aus der Kirche aus, 2022 waren es 3831. In Münster kehrten der Kirche in diesem Jahr bis Ende November 5379 Menschen den Rücken, darunter 3649 Katholiken, im Gesamtjahr 2022 waren es 6869, davon 5085 Katholiken. In Oberhausen im Ruhrgebiet wurden bis Ende September dieses Jahres 1733 Kirchenaustritte erklärt, 2022 waren es im Gesamtjahr 2409. In Duisburg traten bis Ende November dieses Jahres 2261 Menschen aus der Kirche aus. Im gesamten Jahr 2022 hatten sich 2425 Duisburger von der Kirche verabschiedet.
Für 2022 hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) einen spektakulären Negativrekord gemeldet: Bundesweit kehrten 522.821 Katholiken ihrer Kirche den Rücken. Die Protestanten meldeten 2022 insgesamt 380.000 Kirchenaustritte bundesweit. Auch in NRW gab es 2022 einen Höchststand von insgesamt 223.509 Kirchenaustritten.
Zu den nun ermittelten vorläufigen Zahlen für das laufende Jahr sagte der Religionspädagoge Ulrich Riegel: „Auf der einen Seite hat sich nichts Wesentliches geändert, was die Austrittsdynamik markant brechen sollte. Auf der anderen Seite ist aber auch nichts Wesentliches geschehen - wie zum Beispiel ein neues Gutachten, das einen prominenten Bischof betrifft - das die Welle deutlich nach oben treiben sollte.“
Schwer zu sagen sei, ob sich beispielsweise die Diskussion um die zurückgetretene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Westfälischen Landeskirche, Annette Kurschus, in den Zahlen niederschlagen werde. „Ich selbst rechne mit abermals hohen Werten“, betonte Riegel. „Ob ein Rekord dabei rauskommt, ist dabei eigentlich egal.“
Kirchenaustritte 2023: Zahlen auch deutschlandweit weiter hoch
In der bayerischen Landeshauptstadt München traten bis zum 15. Dezember dieses Jahres 19 081 aus den Religionsgemeinschaften aus, wie das Statistische Amt der Stadt auf Anfrage mitteilte. 2022 waren es im gleichen Zeitraum mit knapp über 26 000 noch deutlich mehr.
In Berlin sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht, blieb aber auch 2023 auf hohem Niveau. Bis Ende September traten 16 708 Menschen aus der Kirche aus, wie eine Sprecherin der Berliner Zivilgerichte sagte. Im selben Zeitraum des Vorjahrs hatte es 18 018 Kirchaustritte gegeben, also etwa 1300 mehr. Der Statistik zufolge verließen 9699 evangelische und 6876 katholische Christen ihre Kirchengemeinde.
In Frankfurt am Main wurden 7201 Austritte aus der Kirche erklärt und damit rund 2000 weniger als 2022 (9155).
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in anderen Teilen Deutschlands: Im Südwesten hält der Mitgliederschwund zwar an, wie eine Umfrage unter Städten in Baden-Württemberg zeigt. Seit Jahresbeginn sind dort aber offenbar etwas weniger Menschen aus der katholischen und evangelischen Kirche ausgetreten als in den Jahren zuvor.
Sogar in Freiburg - eine wegen der Affäre um Alterzbischof Robert Zollitsch besonders stark beeinflusste Region - ging die Zahl der Austritte zurück. Bis Mitte Dezember 2022 waren es 3698, ein Jahr später 3149 Menschen. Zollitsch war im April in einem Expertenbericht über sexuellen Missbrauch durch Geistliche vorgeworfen worden, Fälle früher nicht nach Rom gemeldet zu haben.
Die Zahl der Menschen, die in Mainz aus der katholischen oder der evangelischen Kirche ausgetreten sind, blieb dort auch 2023 auf hohem Niveau. Bis Mitte Dezember kehrten 3274 Mitglieder den beiden großen Kirchen den Rücken, wie die Landeshauptstadt auf Anfrage mitteilte. Zum Vergleich: Mainz hatte 2022 insgesamt 3878 und 2021 insgesamt 2556 Austritte verzeichnet.
Die Zahl der Kirchenaustritte ist in Niedersachsen ebenfalls teilweise rückläufig. In Hannover waren es bis Mitte Dezember über 1000 weniger als im Jahr zuvor, wie die Landeshauptstadt mitteilte. In anderen Städten wie etwa Osnabrück wurden mehr Kirchenaustritte gemeldet. (dpa)