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Forscher alarmiert„Weltuntergangsgletscher“ schmilzt doppelt so schnell wie erwartet

Lesezeit 3 Minuten
Thwaites Gletscher PA 060922

Der Thwaites-Gletscher im Südwesten der Antarktis ist auch als „Weltuntergangsgletscher“ bekannt (Archivbild)

Antarktis – Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis könnte sich in den kommenden Jahren rasch zurückzuziehen, das berichten Wissenschaftler des „British Antarctic Survey“. Der Gletscher wird wegen des hohen Risikos eines Zusammenbruchs, der den globalen Meeresspiegel erheblich beeinflussen könnte, auch „Weltuntergangsgletscher“ („Doomsday glacier“) genannt. Bei den Forschern wächst angesichts der jüngsten Studienergebnisse nun die Sorge, dass der Thwaites deutlich schneller abschmelzen könnte, als ursprünglich erwartet.

In einer aktuellen Studie, die am Montag vorgestellt wurde, hatten die Forscher den Rückzug des Gletschers untersucht und kartiert, um daraus genauere Prognosen für die Zukunft ableiten zu können.

Dabei fand das Team des „British Antarctic Survey“ demnach heraus, dass sich der Gletscher in dem fünfeinhalb Monate andauernden Untersuchungszeitraum mit einer Geschwindigkeit von umgerechnet 2,1 Kilometern pro Jahr zurückgezogen hat. Die Studienergebnisse deuten somit auf einen doppelt so schnellen Rückzug des Gletschers hin, als man nach Untersuchungen mit Satelliten zwischen 2011 und 2019 angenommen hatte.

Forscher über Gletscher: „Der Thwaites hält sich heute wirklich mit den Fingernägeln fest“

„Der Thwaites hält sich heute wirklich mit den Fingernägeln fest“, sagte Meeresgeophysiker Robert Larter. „Wir sollten in Zukunft große Veränderungen in kleinen Zeiträumen erwarten – sogar von einem Jahr zum nächsten – sobald sich der Gletscher über einen flachen Grat in seinem Bett zurückzieht", führte der Co-Autor der Studie aus.

Der Thwaites-Gletscher gehört zu den größten der Erde – seine Fläche ist größer als die des US-Bundesstaates Florida – und ist Teil des westantarktischen Eisschildes. Nach NASA-Berechnungen enthält das Eisschild genug Eis, um den Meeresspiegel bis zu drei Meter anzuheben, sollte es zur kompletten Schmelze kommen. Forscher beobachten diesen Bereich der Antarktis deshalb bereits seit Jahren verstärkt.

„Weltuntergangsgletscher“ bereits seit 1973 im Fokus

Bereits 1973 rückte der Gletscher dabei in den Fokus, schon damals sahen Forscher ein hohes Risiko für einen Zusammenbruch. Später fanden die Wissenschaftler schließlich heraus, dass der Thwaites durch warme Meerwasserströmungen unterspült wird und deshalb schmilzt. Seitdem wurden weitere Anzeichen für ein schnelles Abschmelzen des Gletschers und des umliegenden Schelfeises gefunden.

„Aus den Satellitendaten geht hervor, dass sich große Risse über die Oberfläche des Schelfeises ausbreiten und die Struktur des Eises im Wesentlichen schwächen, ein bisschen wie ein Riss in der Windschutzscheibe“, sagte Peter Davis, ein Ozeanograph des „British Antarctic Survey“, bereits 2021 gegenüber CNN. „Es breitet sich langsam über das Schelfeis aus, und schließlich wird es in viele verschiedene Stücke zerbrechen.“

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Die neuen Ergebnisse, so erklären es die Forscher, deuten nun auf einen noch schnelleren Rückgang hin, als bisher vermutet worden war. Die Daten seien bei einer 20 Stunden dauernden Mission unter extremen Bedingungen gesammelt worden, teilen die Wissenschaftler mit. Das Team hoffe, bald für weitere Forschung zurückkehren zu können, erklärten die Studienleiter.

„Schon ein kleiner Anstoß an den Thwaites könnte zu einer großen Reaktion führen“

Dann wollen sie genauer bestimmen, wann die bisherigen schnellen Rückzüge des Gletschers, die sie nun nachweisen konnten, genau stattgefunden haben. Dies könnte den Wissenschaftlern helfen, künftige Veränderungen des „Weltuntergangsgletschers“ vorherzusagen. „Schon ein kleiner Anstoß an den Thwaites könnte zu einer großen Reaktion führen“, warnte Studienleiter Alastair Graham.

Die Ergebnisse der neuen Studie passen unterdessen zu allgemeinen Beobachtungen dieses Sommers. Die Ausdehnung des Meereises in der Antarktis lag im Juli sieben Prozent unter dem Durchschnitt - und damit auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen vor 44 Jahren. Die Copernicus-Aufzeichnungen gehen bis 1979 zurück. Der Klimawandeldienst nutzt zudem Daten von Bodenstationen, Ballons, Flugzeugen und Satelliten, die bis 1950 zurückreichen.