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Vulkan auf La PalmaAlles verloren – Auswanderer berichten von ihrem Neuanfang

Lesezeit 4 Minuten
Aufräumarbeiten auf La Palma

Auf La Palma laufen die Aufräumarbeiten.

  1. Beim Vulkanausbruch auf La Palma haben die deutschen Auswanderer Christina und Eugen Herbach 2021 alles verloren – ihr Haus und ihre Gärtnerei wurden unter der Lava begraben.
  2. Im Interview mit Joachim Schmitz berichten sie, wie es nun weitergeht.

Seit der Vulkanausbruch Ende Dezember für beendet erklärt wurde, ist La Palma hierzulande aus den Schlagzeilen verschwunden. Wie ist denn die Lage auf der Insel?

Eugen Herbach: Man ist voll dabei, bestimmte Lavazungen mit großen Baggern zu durchqueren, damit Gegenden wieder zugänglich werden, die quasi in eine Insellage geraten waren. Zwischen Tazacorte und Puerto Naos waren etwa 15 Hektar Bananen und 40 Häuser eingeschlossen von der Lava – jetzt kann man da wieder hinfahren. Man hat praktisch über die Zunge eine Piste geschoben, weil es zu aufwendig wäre, die ganze Lava wegzuschieben. Der Plan ist, dass man wieder ohne riesige Umwege nach Puerto Naos kommt. Bislang gibt es noch keine Nord-Süd-Verbindung – man muss also durch den Tunnel auf die andere Seite der Insel fahren. Ich war heute in der bisher abgesperrten Zone, weil man dafür jetzt keine Erlaubnis mehr braucht. Allerdings habe ich von La Punta zweieinhalb Stunden bis Puerto Naos gebraucht – das waren früher 40 Minuten.

Eugen und Christina Herbach müssen sich eine neue Bleibe suchen.

Welche Menschen leiden am meisten unter der Situation?

Eugen Herbach: Leute wie unsere ehemaligen Nachbarn, die praktisch alles verloren haben. Die haben ja nicht nur ihr Wohnhaus, sondern auch ihre Bananenfelder und damit ihre wirtschaftliche Existenz verloren und sind jetzt in Sozialwohnungen in Tazacorte untergebracht. Das ist natürlich keine langfristige Lösung. Dazu kommt, dass eine normale Gebäude- und Hausratversicherung für Schäden durch Naturkatastrophen gar nicht aufkommt. Immerhin springt das Konsortium ein, das ist so etwas wie die Münchner Rückversicherung. Für alle, die ihr einzigen Haus verloren haben, soll es unabhängig von einer Versicherung 60000 Euro geben, aber die wenigsten haben bislang etwas bekommen – wir auch noch nicht. Ich glaub’s erst, wenn ich es auf dem Konto habe.

Ursprüngliche Pläne für den Ruhestand

Eigentlich hatten die Herbachs sich auf ihren Ruhestand auf La Palma vorbereitet – sie ernährten sich überwiegend aus dem eigenen Garten und bezogen ihren Strom von der Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach ihres Hauses.

Am 19. September 2021 brach im Naturpark Cumbre Vieja (alter Gipfel) ein Vulkan aus, der die Bewohner der kanarischen Insel La Palma über Monate in Atem halten sollte. Für die Herbachs, die zwischen den Urlaubsorten Tazacorte und Puerto Naos wohnten und eine Gärtnerei betrieben, sah zunächst alles ganz harmlos aus – ein Trugschluss. Noch am Tag des Ausbruchs mussten sie ihr Haus verlassen und konnten nur noch wenige Male zurückkehren und ein paar Habseligkeiten holen, bevor sich die glühende Lava über alles hinwegwälzte. (js)

Sie selbst haben nach dem Vulkanausbruch kostenlos in einem Ferienhaus in La Punta wohnen können – leben Sie da immer noch?

Christina Herbach: In La Punta schon, allerdings sind wir in eine Wohnung in einem Vier-Parteien-Haus umgezogen, weil die Hausbesitzer jetzt selbst in dem Ferienhaus wohnen. Die haben sogar noch mal für uns gesammelt und uns etwas Geld mitgebracht. Unsere neue Wohnung war ziemlich heruntergekommen, ich habe zwei Wochen lang geputzt wie verrückt, bis ich eine Sehnenscheidenentzündung bekommen habe. Aber es war so ekelig, das musste sein. Zum Glück hatten wir ein paar von unseren eigenen Sachen bei Freunden untergestellt und konnten sie jetzt in die Wohnung holen. Jetzt geht es langsam, aber ein Zuhause ist das nicht, man fühlt sich einfach nicht wohl.

Haben Sie denn auch wieder eigenes Einkommen?

Eugen Herbach: Ja, ich arbeite wieder. Heute habe ich eine Finca gewässert und bei einem Nachbarn eine Wasseranlage repariert beziehungsweise neu installiert, damit er Trinkwasser hat. So etwas wird zurzeit stark nachgefragt, weil bei den sogenannten Rückkehrern, die wieder in ihre Häuser können, meistens irgendetwas nicht funktioniert. Für mich muss ich jetzt einen Weg finden, so etwas zu machen, mich andererseits aber auch um ein neues Grundstück oder Haus kümmern.

Was macht denn Ihre Suche nach einem neuen Grundstück oder Haus?

Eugen Herbach: Wir haben uns gefühlt schon hundert Sachen angeguckt, aber es war nichts dabei, was wir uns vorstellen oder leisten könnten. Wir waren schon so weit, dass wir gesagt haben, dass wir doch wieder ins Aridane-Tal gehen, aber da ist einfach die Angst vor dem nächsten Vulkanausbruch. Vielleicht ergibt sich etwas oberhalb von Puerto Naos, wo man bislang keine Baugenehmigung bekam. Das könnte sich jetzt ändern, womöglich ist das eine Chance.