Verona Pooth hat für den Streamingdienst Magenta TV ein eigenes Talk-Format produziert: „More than Talking“. Die 54-Jährige erzählt im Interview über Wunschgäste, ihr Image und mehr.
„Es gab nie eine Ulknudel“Verona Pooth im Interview über ihre neue Talk-Sendung
Frau Pooth, 2001 haben Sie sich mit Alice Schwarzer bei Kerner ein legendäres TV-Duell geliefert. Jetzt starten Sie Ihre eigene Talk-Sendung „More than Talking“. Ist Schwarzer eingeladen?
Frau Schwarzer ist natürlich herzlich eingeladen! Ich würde mich freuen, wenn wir uns nach all den Jahren die Hand reichen könnten. Irgendwo stehen wir ja doch für die gleiche Sache ein. Wir sind beide Frauen, die erfolgreich ihren Weg gehen, die in vielen Dingen Vorreiter waren und für die Unabhängigkeit ein großes Thema ist. Die Einladung geht sofort raus und ich hoffe, Frau Schwarzer sagt zu.
Was würden Sie Frau Schwarzer fragen?
Ich würde mit ihr über das Leben sprechen, über ihre Karriere und vielleicht auch noch einmal auf unseren Zusammenstoß im ZDF bei Herrn Kerner zurückblicken. Aber nicht mit Gongschlag wie bei einem Boxkampf, nach dem Motto ab in die zweite Runde. So nicht. Es ist ja auch viel Zeit vergangen; damals war der Auftritt schon sehr besonders und wurde als TV-Geschichte beschrieben. Heute würde ich gern mit ihr darüber lachen und dann über aktuelle Themen sprechen. Wenn sie zusagt, erfahren Sie es als Erster!
Verraten Sie ein paar andere Gäste, die zu Ihrem Format zu- oder vielleicht auch abgesagt haben?
Zumindest kann ich verraten, dass in der zweiten Sendung Thomas Anders mein Gast ist. Meine Sendung heißt ja „More than Talking“ – bitte nicht schnell sprechen, sonst wird Modern Talking draus. Es war meine Idee, weil ich mehr als nur Gerede in meiner Talk-Sendung zeigen möchte. Es passiert auch viel mehr als nur der Talk an sich: Mit Franziska van Almsick, der zweifachen Weltmeisterin, bin ich zum Beispiel schwimmen gegangen, mit Thomas singe ich live „Cheri Cheri Lady“.
Wenn Sie selbst an Modern Talking denken und dann auch noch Thomas Anders Ihr Gast ist, kommt mir das fast ein bisschen absichtsvoll vor.
Da ist keine Absicht. Thomas Anders ist ein großartiger Sänger mit einer sehr bewegten Karriere und deshalb habe ich ihn eingeladen.
Dass Sie ein gemeinsames Thema haben, spielt gar keine Rolle? Dieter Bohlen klammern Sie völlig aus?
Das verrate ich nicht. Schauen Sie sich doch die Sendung auf Magenta TV an! Die Anspielung auf Modern Talking ist wirklich nur ein Gag am Rande, der sich von selbst ergibt. Ich wollte einen modernen Talk und habe aus Versehen „Modern Talking“ gesagt. Dabei meinte ich „More than Talking“ – eben mehr als nur Gerede, so einfach ist das; aber natürlich hat Magenta TV die kleine Anspielung mit Kusshand genommen. Dieter habe ich 25 Jahre lang nicht gesehen. Dieses Wortspiel kann keine Sendung tragen, dazu gehört schon mehr.
In der Sendung geben Sie von sich selbst einiges preis. Als Franzi von Almsick sagt, dass sie nie reich und berühmt werden wollte, antworten Sie: „Ich aber schon“. Stimmt das? Hatten Sie von Anfang an einen Plan?
Moment, jetzt sind wir nicht bei mir, sondern bei meiner Sendung. Was Sie gut beobachtet haben: Ich befrage die Gäste nicht einseitig, sondern bringe mich auch ein, wenn es natürlich gut passt. In Interviews fühlt man sich oft ausgequetscht und in die Enge gedrängt; das kenne ich selbst nur zu gut. Meine Gäste sollen glücklich sein und sich wohlfühlen. Franzi küsst mir am Ende spontan auf den Mund – in welcher Talk-Sendung gibt es das? Das ist der Erfolg, den ich mir wünsche.
Woher kommt das Konzept?
Das habe ich zu 100 Prozent selber geschrieben. Denn wo Verona draufsteht, sollte auch Verona drin sein (lacht). In den letzten Jahren wurden mir viele TV-Formate angeboten, die mir alle nicht zugesagt haben. Ich möchte einfach hochwertig talken. Das ist meine Stärke, ich liebe das Gespräch. Ich möchte, dass meine Gäste lachen, mal ein Tränchen im Auge haben und was Privates erzählen – aber immer auf Augenhöhe. Und dann möchte ich an verschiedenen Orten aufzeichnen; vielleicht gehe ich mal auf einen Bauernhof, ins Parlament, ins Gefängnis oder auf die Zugspitze. Es muss zum Gast passen, wie die Schwimmhalle zu Franzi.
Was waren das für Format-Angebote, die Sie abgelehnt haben?
Bei vielen stand die Liebe im Mittelpunkt: Sendungen, wo man Leute miteinander verkuppelt, Sendungen, wo Familien gegeneinander antreten. Manches sah mir zu schnell abgedreht aus, manches nicht originell genug. Also habe ich meine eigene Produktionsfirma gegründet, die „More than talking“ GmbH. Ich bin Co-Produzentin und gemeinsam mit Noisy Pictures produzieren wir für Magenta TV. Das war auch mein erstes Konzept, dass ich geschrieben habe. In Zukunft werde ich aber auch für andere schreiben. Ich sitze schon am nächsten TV Konzept. Im Moment sind es Talks, aber ich mag auch Spielshows.
Finden Sie auch, dass Talks früher unvorhersehbarer waren?
Ja, Social Media hat vieles verändert. Prominente dosieren ihre privaten Einblicke inzwischen selber. Sie posten sich beim Zähneputzen, von zu Hause aus, den Hund, die Kinder beim Grillen. Damit hat sich der ganze Markt verändert. Homestorys finde ich heute völlig uninteressant. Ich öffne meinen Kleiderschrank, ich zeige mich ungeschminkt – alles total überholt. Darum geht’s mir auch nicht. Ich bin keine Boulevardjournalistin; meine Spezialität ist Emotion.
Ganz oft spreche ich privat mit prominenten Freunden und hinterher sagen wir beide: Hätten wir das bloß als Podcast aufgezeichnet. Das möchte ich jetzt machen: einfach hochwertig talken. Ich talke mit jedem, der eine interessante Geschichte hat und das auch aus dem Stegreif: Politiker, Leute aus der Wirtschaft, Sportler und natürlich auch aus der Unterhaltung. Ich traue mir alles zu. (lacht)
Frau Pooth, sprechen wir eigentlich über einen Rollenwechsel? Habe ich eine neue Verona am Telefon? Nicht mehr die Ulknudel, über deren Pannen man schmunzelt?
Es gab nie eine Ulknudel, sie meinen meine legendären Versprecher (lacht). Genau denen verdanke ich meinen großen Erfolg – es sind einfach mehr als 20 Jahre vergangen. Und Gott sei Dank habe ich mich weiterentwickelt. Ich bin mir aber immer noch sehr ähnlich. Ich bin nur erwachsen geworden. (lacht)
Sind Sie jetzt so geworden, wie sie es sich als 20-Jährige überlegt hatten: Unternehmerin, Produzentin? War das ein Plan oder sind Sie den Möglichkeiten gefolgt?
Ich habe mich immer als Unternehmerin gesehen. Meine erste Eigenständigkeit war mit 21 Jahren: Mein Modeatelier Immerschön Design in Hamburg; da habe ich sechs Jahre meine eigenen Modekollektionen geschneidert und mein Geld damit verdient. Dann erst wurde ich Miss Hamburg, Miss Germany, Miss World, Miss American Dream. Dann kam mein Sommerhit „Ritmo de la Noche“, der vergoldet wurde, sechs weitere Songs, und ich hatte auf einmal einen Vier-Jahres-Vertrag mit Europas größter Plattenfirma.
Dann erst kam die Ehe mit Dieter Bohlen – die nur vier Wochen hielt, die Scheidung aber machte einen riesigen Knall. Der Urknall des Nichts, sage ich immer. Ab dann war ich zu 99 Prozent in Deutschland bekannt (lacht) und schon ging es weiter – mit meinen eigenen Fernsehsendungen. Dann kam die Werbung, und da halte ich den Rekord von 14 langfristigen Verträgen. Dann wurde aus Raider Twix: Ich hatte meine Traumhochzeit im Stephansdom in Wien mit Franjo und aus Verona Feldbusch wurde Verona Pooth.
Ein ziemlich mutiger Schritt.
Das hat damals keiner verstanden, weil Feldbusch eine Marke war – aber ich habe an die Liebe geglaubt. 22 Jahre später sind wir glücklich, haben zwei tolle Jungs und ich bin immer noch Verona Pooth. Und mein größtes Talent war bei alledem immer die Unterhaltung, das, was ich getalkt habe. Als Plus kam vielleicht noch mein Aussehen obendrauf – kann sein. Aber ich bin immer davon ausgegangen, dass ich Unternehmerin bin. Ich hatte einen Plan: unabhängig sein und mein eigenes Geld verdienen – in diesem schönen Land, wo es auch möglich ist, auch als Frau unabhängig zu arbeiten und Karriere zu machen.
Bei alledem wurden Sie unterschätzt und haben das Image auch kräftig bedient. Ihre vorgebliche Naivität war sicher auch das, was Alice Schwarzer so geärgert hat. Weil sie eben nicht stimmt. Ist mit dieser Kunstfigur jetzt Schluss?
Na ja, das steckt schon noch in mir drin. Ich bin ein verspielter Typ. Sie können mich gerade nicht sehen, aber ich sitze hier in meinem Auto im grünen Jogging-Anzug, einer silbernen Daunenjacke und goldenen UGG Boots. Kunterbunt. Kinder haben mal zu mir gesagt: Du bist gar keine Erwachsene, du bist nur viel größer als wir. Da war ich schon über 30. Vielleicht bin ich wirklich eine Art Kindfrau, das wurde auch schon über mich geschrieben. Ich weiß es nicht. Aber wenn, dann hat das hat nichts mit meinem Aussehen zu tun, sondern mit meinem Kopf.
Ich mache einfach gerne Spaß und lache gerne über mich selber. Und ich neige zum Beispiel wirklich zur Orientierungslosigkeit; ich verlaufe mich sogar im Hotel. Letztens steckte ich in Düsseldorf in der Klever Straße fest und habe meine Freunde am Telefon verrückt gemacht – weil ich allen gesagt habe, dass ich in der „Clever-Straße“ stehe. Ohne Navi wäre ich verloren und das finde ich selbst ziemlich lustig. Trotzdem kann ich super Auto fahren und würde beim Autorennen jede Challenge gewinnen – nur nie die Zielgerade erreichen (lacht).
Belächelt werden ist heute eine Form von Selbstmarketing, mit dem Sie im Reality-TV oft kopiert werden. Haben Sie Ihre Pannen und Versprecher manchmal fingiert, weil es im Fernsehen einfach gut wirkt?
Das ist ein Teil von mir, der nicht gespielt ist. Der ist einfach da und ich finde ihn lustig. Es stimmt: Ich habe damit immer kokettiert; das brauche ich heute nicht mehr zu machen – aber ich bin, wie ich bin.