Seit 1958 versucht eine Stelle in Ludwigsburg, NS-Straftäter aufzuspüren. 80 Jahre ist das Kriegsende nun her, es dürfte kaum noch überlebende Täter geben.
80 Jahre nach KriegsendeVerfolgung von NS-Straftätern kommt an ihr Ende

Thomas Will, Oberstaatsanwalt und Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung von nationalsozialistischen Verbrechen, im Archiv der Einrichtung.
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Rund 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges neigt sich die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen dem Ende zu. Thomas Will, Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Wir finden immer noch Verdächtige. Aber richtig ist: Wir fahren auf Sicht, wir sind im Schlussbereich der NS-Verfolgung angekommen.“
„Die jüngsten möglichen Täter sind heute 97 Jahre alt, wenn sie im letzten Kriegsjahr 1945 als 17-jährige Teil des Systems geworden sind. Der älteste Verurteilte, den wir zuvor aufgespürt haben, war bei seiner Verurteilung 101 Jahre alt.“ Der Zentralen Stelle blieben realistischerweise nur noch wenige Jahre, um Täter aufzuspüren.
Aufspüren von Tätern noch möglich
Derzeit führe die Behörde aus Ludwigsburg auch kein konkretes Vorermittlungsverfahren, sagte Will. Das könne sich aber immer schnell ändern. Für jedes Konzentrationslager habe seine Behörde Datensätze zu Personen, die noch nicht ausfindig gemacht werden konnten. „Sollten wir sie noch finden, dann sind wir jedenfalls theoretisch, wenn auch in dieser Höhe unwahrscheinlich, schnell bei Dutzenden von weiteren Verfahren.“
Eine offene Anklage – Weiteres Verfahren wegen Tod eingestellt
Die Zentrale Stelle führt Vorermittlungen durch und übergibt die Ergebnisse an zuständige Staatsanwaltschaften in den Bundesländern. Laut Zeitung gibt es derzeit nur eine offene Anklage bundesweit. Angeschuldigt sei ein Mann, dem Beihilfe zum Mord in 3.322 Fällen im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin vorgeworfen wird. Das Landgericht Hanau erklärte den Senior auf Basis eines Gutachtens für nicht verhandlungsfähig. Das Oberlandesgericht Frankfurt verwarf demnach die Nichtzulassung und forderte Nachprüfungen. Diese dauern an. Es sei „nicht ganz kurzfristig“ mit einer Entscheidung zu rechnen, teilte ein Justizsprecher der Zeitung mit.
In einem weiteren Fall in Berlin gegen einen früheren Wächter eines Strafgefangenenlagers kommt es zu keinem Prozess mehr. Der Mann sei Ende vergangenen Jahres gestorben und das Verfahren eingestellt worden, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ mit. Dem Mann war Beihilfe zum Mord in 809 Fällen vorgeworfen worden. (dpa)