AboAbonnieren

Unesco zeichnet aus„Nasser Limes“ wird neues Welterbe für Deutschland

Lesezeit 3 Minuten

Das Praetorium unter dem Kölner Rathaus

Fuzhou – Deutschland bekommt zwei neue Welterbestätten: Die Unesco hat die begehrte Auszeichnung an den Niedergermanischen Limes als Teil der Grenze des antiken Römischen Reiches vergeben. Zudem zeichnete die UN-Kulturorganisation zum ersten Mal jüdisches Kulturgut in Deutschland aus, indem sie die sogenannten SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz als Welterbe einstufte – wegen ihrer Bedeutung als eine der Wiegen des europäischen Judentums. Das zuständige Unesco-Komitee traf die Entscheidungen überraschend noch am Dienstag auf seiner Sitzung im chinesischen Fuzhou.

Nachdem die Diskussion über den Status des Donaulimes am Vortag aus Verfahrensgründen noch einer Arbeitsgruppe übertragen werden musste, lief die Auszeichnung des Niedergermanischen Limes reibungslos. Im Rahmen des seriellen Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches“ sind beide Abschnitte einzeln nominiert. Der rund 400 Kilometer lange Niedergermanische Limes mit seinen Kastellen und Legionslagern verläuft entlang des Rheins. Man spricht darum auf diesem Teilstück auch vom „nassen Limes“.

In NRW liegen 220 Kilometer zwischen Bonn und Kleve

Antragsteller sind die Anlieger: die Niederlande sowie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Der Grenzabschnitt beginnt in Rheinbrohl und endet an der Nordsee. In NRW liegen 220 Kilometer zwischen Bonn und Kleve. Die Grenzregion war ein Zentrum antiker Kultur und der Beginn der Städte im Rheinland. Zu den römischen Spuren gehören Militäranlagen, Heiligtümer, Statuen und Alltagsgegenstände.

Der Friedhof „Heiliger Sand“

„Entlang des Rheins entwickelten die Römer Kastelle und Siedlungen, aus denen große Städte wie Köln, Bonn und Nijmegen erwachsen sollten“, so die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. „Ihr Aufblühen verdanken sie der Tatsache, dass der Limes nicht der Abschottung, sondern immer auch dem Austausch zwischen Rom und seinen Nachbarn diente.“

Anlagen in Xanten

Die Aufnahme des Niedergermanischen Limes ins Weltkulturerbe soll eine Lücke zwischen zwei bereits geschützten Abschnitten schließen – dem Obergermanisch-Raetischen Limes sowie dem Hadrianswall und einem weiteren Teilstück in Großbritannien. Mit einer Entscheidung über den Donaulimes kann möglicherweise am Freitag gerechnet werden. Da Ungarn kurzfristig aus dem gemeinsamen Antrag mit Deutschland, Österreich und der Slowakei ausgestiegen war, stand die Unesco vor einem „beispiellosen Fall“. Der Internationale Rat für Denkmalpflege (Icomos) wies darauf hin, dass ohne Ungarn rund 400 Kilometer des Donaulimes und damit mehr als die Hälfte der Grenze aus dem Antrag herausgenommen worden seien.

Speyer, Worms und Mainz als „Jerusalem am Rhein“

Die sogenannten SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz sind prägende Orte des jüdischen Mittelalters und werden auch „Jerusalem am Rhein“ genannt.

Vier neue Welterbestätten

Nach der Auszeichnung der Kurorte Baden-Baden, Bad Ems und Bad Kissingen gemeinsam mit acht anderen europäischen Bädern sowie der Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt am Wochenende kann sich Deutschland nach der laufenden Sitzung mit insgesamt vier neuen Welterbetiteln schmücken. Auf der Liste stehen mehr als 1100 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern. 51 davon gelten als bedroht. Deutschland hat jetzt 50 Welterbestätten. (dpa)

SchUM ist eine Abkürzung aus den mittelalterlichen hebräischen Anfangsbuchstaben der Städte. In Mainz gehört der Alte Friedhof zum Erbe des jüdischen Volkes. Rund 1000 Jahre nach den ersten Beisetzungen sind noch viele historische Grabsteine zu finden. Auch in Worms gibt es einen jüdischen Friedhof, zudem ein Viertel mit Synagoge, Ritualbad (Mikwe) und Museum. Speyer hatte ein ähnlich reiches jüdisches Gemeindeleben.

Das Welterbekomitee tagt noch bis Samstag online und vor Ort in China. Es entscheidet in der Regel jährlich über die Einschreibung neuer Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste und befasst sich mit dem Zustand eingeschriebener Stätten. Wegen der Pandemie war die Tagung im vergangenen Jahr verschoben worden. Als Welterbe werden von der Unesco Kultur- und Naturstätten von „herausragendem universellen Wert“ ausgezeichnet. (dpa)