TrottinetteE-Roller werden in Paris zum Problem – bald auch in Deutschland?
Paris – Der Taxifahrer staunte nicht schlecht. Auf der A 86 kurz vor Paris wurde er von einem Tretroller mit Elektroantrieb überholt. Der junge Mann am Lenker trug keinen Helm, dafür aber einen modischen Schal, der ihn bei Tempo 85 vor der Winterkälte schützen sollte. Das 30-Sekunden-Video des Überholvorganges wurde in Frankreich in diesen Wochen zum Internet-Hit und fachte die hitzigen Diskussionen um diese sogenannten Trottinette weiter an. Der Grund: In Paris sind die Gefährte, die es an jeder Ecke zu mieten gibt, zu einer Plage geworden. Längst laufen auch in Deutschland Überlegungen, die Elektroroller für den Straßenverkehr zuzulassen. Nach dem Willen von Verkehrsminister Andreas Scheurer (CSU) soll noch im Frühjahr im Bundesrat darüber beraten werden.
In "anarchischer Form" auf den Gehwegen
Ein Blick über den Rhein könnte die deutschen Behörden in dieser Sache vor einigen Überraschungen bewahren, da in Frankreich die Entwicklung chaotisch verlief. So konkurrieren in Paris inzwischen sieben Anbieter, die die Stadt in kurzer Zeit mit mehreren Tausend Elektrorollern zum Mieten überschwemmt haben. Die Stadtverwaltung ist von dieser rasanten Entwicklung überrascht worden und versucht nun, der Lage wieder Herr zu werden.
"Die Regelungen sind notwendig, da sich einige Benutzer der Fahrzeuge nicht angepasst verhalten und in gefährlicher Art und Weise unterwegs sind", erklärt ein Sprecher der Stadt Paris. Ein weiteres Ärgernis sei, dass die Trottinette in "anarchischer Form" auf den Gehwegen und an den Straßenrändern abgestellt würden.Der erste Schritt zu Verbesserung der Lage ist, dass die Anbieter eine "Charta des guten Benehmens" unterschreiben sollen. Sie sollen ihre Kunden etwa darauf hinweisen, dass mit den bis zu 40 km/h schnellen Rollern auf Gehwegen nicht gefahren werden darf und Fußgänger im Straßenverkehr immer Vorrang haben. Überlegt wird auch, angesichts rasant steigender Unfallzahlen eine Helmpflicht für die Trottinette einzuführen. Diese Zahlen lassen das angeraten erscheinen: In ganz Frankreich wurden im Jahr 2017 284 Menschen verletzt und fünf getötet - bei Unfällen mit Trottinetten und Elektrorollern, die nicht getrennt erfasst werden. Das sind 23 Prozent mehr als 2016. Genaue Zahlen für Paris und für 2018 gibt es nicht.
Die Stadtverwaltung unterstreicht allerdings, dass die Ausweitung des emissionsfreien Verkehrs auf keinen Fall gebremst werden solle. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo werde auch weiter konsequent daran arbeiten, den Autoverkehr zurückzudrängen. Im Zug dieser Entwicklung wurden in den vergangenen Jahren die Ufer der Seine der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das romantische Flanieren zwischen Louvre und Eiffelturm kann allerdings zum gefährlichen Abenteuer werden. Denn die gut ausgebaute Strecke ist vor allem für übermütige Touristen zu einer Art Rennstrecke für die Trottinette geworden.
Rund um den Elektroroller
Benutzer: Die Trottinette sind in Paris ein großer Erfolg. Allein der Anbieter "Lime" - einer von insgesamt sieben - zählte zuletzt in sechs Monaten rund zwei Millionen Fahrten von 315 000 Benutzern.
5,50 Euro kostet so ein Trottinett in Paris für eine halbe Stunde. Die Kosten setzen sich zusammen aus einem Euro Leihgebühr und danach 15 Cent pro Minute. Gefunden und gestartet werden sie über eine App auf dem Smartphone, über die man sich bei dem Anbieter vorher anmelden muss.
Umgebung: Paris ist das ideale Gelände für die Trottinette. Die Stadt ist eher flach, hat 2,2 Millionen Einwohner und ist sehr dicht besiedelt. Das sind rund 21 000 Menschen pro Quadratkilometer. Hinzu kommen Millionen von Touristen.
Nahverkehr: Der Nahverkehr ist in Paris zwar gut ausgebaut, aber hoffnungslos überlastet. Aus diesem Grund nutzen viele Pendler die Trottinette, um von einer Haltestelle am Rand der Innenstadt zu ihrem Arbeitsplatz in der City zu gelangen.
Deutschland: Die hierzulande E-Scooter genannten Fahrzeuge sind bislang nach Gesetzeslage nur auf Privatgelände voll nutzbar. Für den öffentlichen Raum sind entsprechende Vorschriften in Vorbereitung, aber noch nicht abschließend geregelt. (knn/bek)