Studie zum CoronavirusKann die Pandemie durch den Sommer gebremst werden?
- Forscher blicken derzeit mit wachem Auge in derlei Länder mit Tropenklima.
- Es gibt die Hoffnung, dass es das neue Coronavirus schwerer haben wird, wenn es warm ist.
- Eine Studie der Universität Princeton hat nun untersucht, wie sich das neue Coronavirus Sars-CoV-2 bei klimatischen Veränderungen verhalten könnte.
Düsseldorf – Die Sieben-Tage-Wetterprognose für Brasília liefert derzeit Temperaturhöchstwerte zwischen 24 und 26 Grad. Zwar beginnt auf der Südhalbkugel bald der Winter, doch weil Brasília nah am Äquator liegt, unterscheiden sich die Temperaturen im Laufe eines Jahres nicht wesentlich. Es regnet nur zeitweise mehr und häufiger.
Forscher blicken derzeit mit wachem Auge in derlei Länder mit Tropenklima. Denn es gibt die Hoffnung, dass es das neue Coronavirus schwerer haben wird, wenn es warm ist. Insbesondere für Brasilien dürfte sich jedoch rasch Ernüchterung eingestellt haben: Das Land hat mittlerweile die dritthöchsten Infektionszahlen. Die Hauptstadt ist zum Corona-Hotspot geworden.
In welchem Ausmaß sind Klimavariationen für die neuauftretende Infektion relevant?
Viren mögen hohe Temperaturen nicht besonders. Wärme lässt die Tröpfchen, in denen die Erreger transportiert werden, schneller austrocknen. Das Infektionsrisiko sinkt damit. Forscher der Universität Princeton haben nun in einer Modellierungsstudie untersucht, wie sich das neue Coronavirus Sars-CoV-2 bei klimatischen Veränderungen verhalten könnte.
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„Die Schlüsselfrage ist, in welchem Ausmaß geografische und saisonale Klimavariationen auch für die pandemische Phase einer neuauftretenden Infektion relevant sind“, schreibt das Team um die Umweltwissenschaftlerin Rachel Baker. Denn im Gegensatz zu länger etablierten Viren trifft Sars-CoV-2 auf eine ungeschützte, noch nicht immunisierte Bevölkerung.
Drei Szenarien durchgespielt
Für ihre Modellierung legten die Forscher für Sars-CoV-2 zunächst eine weitgehend ungehinderte Übertragung entsprechend der bislang geschätzten Basisreproduktionsrate von R0=3 zugrunde. Die Basisreproduktionszahl gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt, wenn niemand gegen den Erreger immun ist und keine Eindämmungsmaßnahmen in Kraft sind.
In drei Szenarien verliehen die Forscher Sars-CoV-2 die Klimaempfindlichkeit eines Influenzavirus oder eines bereits bekannten Erkältungs-Coronavirus. Bei letzterem lag der Fokus auf den Erregern HCoV-OC43 und HCoV-HKU1. Beide gehören zur gleichen Coronavirus-Gattung wie Sars-CoV-2. Alle drei untersuchten Viren treten saisonal auf. Das bedeutet, dass sie in manchen Phasen des Jahres, zumeist im Winter, häufiger vorkommen.
Weitere Ausbreitung ungeachtet der modellierten Klimabedingungen
In allen Szenarien breitete sich Sars-CoV-2 weiterhin rapide aus, ungeachtet der modellierten Klimabedingungen und Jahreszeiten. Eindämmungsmaßnahmen wie Kontaktverbote oder eine Maskenpflicht wurden zunächst nicht berücksichtigt. Die Wissenschaftler untersuchten lediglich, wie das von ihnen modellierte Coronavirus auf das Klima reagiert. „Für die Nordhalbkugel sehen wir keine substanziellen Unter schiede, trotz des sehr unterschiedlichen Klimas in Städten wie New York, London und Delhi“, berichten die Forscher.
Insgesamt wurden neun Städte untersucht. Nur in den Tropen gab es bei zwei Szenarien eine leichte Verlangsamung und Verzögerung der Pandemie. Der Ausbruch in den tropischen Städten sei jedoch nach wie vor signifikant, und Faktoren, die dort nicht untersucht wurden, wie zum Beispiel die Bevölkerungsdichte, könnten das Ausmaß der örtlichen Epidemie weiter verschlimmern, heißt es. Dafür sprechen derzeit auch die Nachrichten aus Brasilien.
„In Bezug auf die Sars-CoV-2-Pandemie deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass sich sowohl tropische als auch gemäßigte Standorte auf schwere Ausbrüche vorbereiten sollten und dass sommerliche Temperaturen die Ausbreitung der Infektion nicht wirksam begrenzen werden“, schreiben die Autoren. Den Grund sehen die Forscher vor allem in der fehlenden Immunität der Bevölkerung. Der Mensch kann dem neuen Erreger nichts entgegensetzen. Eine klimaabhängige Saisonalität würde demnach erst auftreten, wenn 60 bis 70 Prozent der Menschen immun sind – so wie man es bei herkömmlichen Erkältungsviren beobachten kann.