Ulmen/Hannover – Hundenasen spüren Schwarzgeld, Datenträger, Waffen, Drogen und Verschüttete auf. Sie sind in der Lage, infektiöse und nichtinfektiöse Krankheiten wie verschiedene Arten von Krebs, Malaria, bakterielle und virale Infektionen zu erkennen oder eine Unterzuckerung. Bald könnten sie auch helfen Corona-Infizierte frühzeitig aufzuspüren, noch ehe sie Symptome zeigen. Erste Ergebnisse einer seit Mai laufenden Studie unter der Leitung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) mit der Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr in Ulmen bei Daun in der Eifel stimmen optimistisch.Die Hunde mussten lediglich eine Woche trainiert werden, um zwischen Proben von SARS-CoV-2-infizierten Patienten und nicht infizierten Kontrollen zu unterscheiden, berichtet Prof. Dr. Holger Volk, der Leiter der Klinik für Kleintiere der TiHo. Die Methode könnte in öffentlichen Bereichen wie Flughäfen, bei Sportveranstaltungen, an Landesgrenzen oder anderen Massenveranstaltungen als Ergänzung zu Laboruntersuchungen eingesetzt werden, um eine weitere Verbreitung des Virus oder Ausbrüche zu verhindern.
Extrem sensible Reaktion auf kleinste Geruchsunterschiede
Acht spezialisierte Spürhunde der Bundeswehr in Ulmen , die sonst nach Munition oder Sprengstoffen suchen, nehmen an der Studie teil. Nach dem Training waren sie in der Lage, von 1012 Speichel- oder Tracheobronchialsekretproben 94 Prozent korrekt zu identifizieren. Die Proben wurden automatisiert nach dem Zufallsprinzip verteilt und weder die beteiligten Hundeführerinnen und Hundeführer noch die Forscherinnen und Forscher vor Ort wussten, welche Proben positiv sind und welche der Kontrolle dienten. Die Hunde konnten zwischen Proben infizierter (positiver) und nicht infizierter (negativer) Individuen mit einer durchschnittlichen Sensitivität von 83 Prozent und einer Spezifität von 96 Prozent unterscheiden. Die Sensitivität benennt die Erkennung positiver Proben. Die Spezifität die Erkennung der negativen Kontrollproben.
Bundeswehr züchtet Diensthunde
Die Schule für Diensthundewesen im rheinland-pfälzischen Ulmen widmet sich der Zucht, der Aus- und Weiterbildung von Diensthunden im Team mit dem späteren Diensthundeführer, sowie der tierärztlichen Versorgung und schließlich der „Pensionierung“ der Tiere. Die Vorteile der eigenen Zucht sind nicht nur die bekannten Stammbäume der Tiere, sondern auch die veterinärmedizinische Historie.
Die Ausbildung der Hunde ist abhängig von der jeweiligen Rasse und den damit verbundenen Eigenschaften. Diese bestimmen zusammen mit der jeweiligen Ausbildung den späteren Einsatz der Tiere.
„Diese Form der Konditionierung ist bei Hunden nur möglich, weil sie extrem sensibel auf kleinste Geruchsunterschiede reagieren“, sagt Oberstabsveterinär Dr. med. vet. Esther Schalke, die das Projekt von Anfang an begleitet. Dabei sind es nicht die Viren, die sie schnüffeln können. Die riechen nicht, sagt TiHo-Pressesprecherin Sonja von Brethorst. Aber beim Stoffwechsel entstehen typische Duftstoffe, die Hunde schnuppern können. Derzeit wird daran gearbeitet, festzustellen, ob es möglich ist, Hunde so zu trainieren, dass sie verschiedene Atemwegserkrankungen unterscheiden können. Das bedeutet, dass die Hunde zum Beispiel zwischen Influenzaviren und Coronaviren unterscheiden können. „Im nächsten Schritt wird dann geprüft, ab welchen Zeitpunkt vor Ausbruch der Krankheit, die Hunde die Geruchsveränderung wahrnehmen können“, sagt Professor Dr. Volk. Im Dezember will er seine Forschungsergebnisse veröffentlichen.
Sicherheit aller Beteiligten an oberster Stelle
Für die ersten Testreihe wurden die Viren chemisch unschädlich gemacht, für Versuche mit aktiven Viren sollen Filter zum Einsatz kommen, deren Poren kleiner sind als die Viren, sodass sie nicht hindurchpassen. Die Sicherheit aller Beteiligten stehe bei den Versuchen natürlich an oberster Stelle, so von Brethorst.
An dem Forschungsprojekt nimmt auch die Diensthundeführerin Stabsunteroffizier Sina Knisel mit ihren beiden Diensthunden Lotta und Coyote teil. Die dreijährige Labrador-Hündin Lotta ist bereits als Kampfmittelspürhund und als Begleithund für Posttraumatische Belastungsstörung-erkrankte Menschen ausgebildet. „Einmal pro Woche fahren wir für ein paar Stunden in ein Krankenhaus und begleiten erkrankte Patienten“, berichtet Knisel. Ihr zweiter Diensthund Coyote ist ein neunjähriger Holländischer Schäferhund, der ebenfalls bereits zum Kampfmittelspürhund ausgebildet wurde und nun auch am Forschungsprojekt beteiligt ist.
Beteiligt an der Studie sind neben der TiHo und der Bundeswehr, die Medizinische Hochschule Hannover und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.