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„Die Szene war schrecklich“Deutscher Kapitän rettete 15 Passagiere der havarierten Luxusjacht „Bayesian“

Lesezeit 3 Minuten
Italienische Einsatzkräfte (r.) am Unglücksort der „Bayesian“. Links liegt die „Sir Robert Baden Powell“, deren Kapitän Karsten Börner 15 Menschen rettete.

Italienische Einsatzkräfte (r.) am Unglücksort der „Bayesian“ vor Sizilien. Links liegt die „Sir Robert Baden Powell“, deren Kapitän Karsten Börner 15 Menschen rettete.

Karsten Börner wurde Zeuge des Untergangs der „Bayesian“ und rettete 15 Menschen das Leben. Derweil meldet sich auch Meteorologe Kachelmann zu Wort.

Die Chancen, noch Überlebende der von Sizilien havarierten Luxusjacht „Bayesian“ zu finden, sind äußerst gering. Das Schiff, das in der Nacht zu Montag (19. August) in einem schweren Unwetter kenterte und sank, hatte mit insgesamt 22 Passagieren und Besatzungsmitgliedern vor Anker gelegen. Zunächst wurden sieben Menschen vermisst, später wurde eine Leiche im Wasser gefunden. Dabei handelt es sich wohl um den Schiffskoch. Die Suche nach den sechs Vermissten läuft seitdem auf Hochtouren.

Zu den Vermissten gehören auch der Eigner der Jacht, der britische Milliardär Mike Lynch, dessen erwachsene Tochter, Morgan Stanley-Chef Jonathan Bloomer und Anwalt Chris Morvilla sowie dessen Ehefrauen.

Taucher drangen mittlerweile in das Innere des Schiffes vor, das in rund 50 Metern Tiefe liegt. Falls jemand hier drin überlebt haben sollte, dann nur in Hohlräumen, die sich beim schnellen Sinken der Jacht mit Luft gefüllt haben. Bis in die Kabinen im Unterdeck, in denen die Vermissten vermutet werden, konnten die auf Höhlen spezialisierten Taucher noch nicht vordringen.

Unterdessen werden immer neue Berichte über den Moment der Katastrophe und die Minuten danach bekannt. Ein Video aus einer Überwachungskamera an einem Haus zeigt, dass das Schiff innerhalb von rund 60 Sekunden sank. Die Passagiere dürften vom heftigen Unwetter selber nicht überrascht worden sein, denn es ist davon auszugehen, dass die Besatzung über die Wettervorhersagen im Bilde war. Aber ganz offenbar kam der Moment des Kenterns dann doch unerwartet.

Jörg Kachelmann: Crew kann nicht „überrascht“ worden sein

Meteorologe Jörg Kachelmann weist im Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, darauf hin, dass es eindeutige Wetterwarnung für die Nacht von Sonntag auf Montag für die Küste Siziliens gab.

Es könne also nicht sein, dass die Passagiere im Schlaf überrascht wurden, wie es in einigen Berichten zu lesen war, meint Kachelmann. Zum Zeitpunkt der Katastrophe habe es bereits eine Stunde lang ein „optisches und immer mehr auch akustisches Inferno“ aufgrund des Gewitters gegeben.

Karsten Börner berichtet vom Untergang der „Bayesian“

Wie knapp die Situation aber war, legen Berichte des deutschen Kapitäns Karsten Börner in der „Berliner Morgenpost“ nahe. Der Hamburger rettete von seinem Schiff aus, der unter niederländischer Flagge fahrenden „Sir Robert Baden Powell“ unter Einsatz des eigenen Lebens 15 Schiffbrüchige der „Bayesian“. Auch er wollte mit seinem Segelschiff noch Zuflucht in einem Hafen bei Palermo suchen, aber dies misslang, das Unwetter kam unerwartet schnell. Börner und seiner Crew gelang es, das eigene Schiff mithilfe der Motoren stabil zu halten.

Börner beobachtete den schnellen Untergang der „Bayesian“, er bezeichnete die Situation und die Rettungsaktion danach als „schrecklich“. „Menschen riefen um Hilfe, Kinder weinten“, so der Hamburger. Mit dem Beiboot holten sie die 15 im Wasser um ihr Leben kämpfenden Personen an Bord.

Warum die „Bayesian“ mit ihrem 75 Meter hohen Mast so plötzlich kenterte und unterging, ist Sache der italienischen Ermittlungen. Immer wieder ist von einem „Wassertornado“ die Rede, der dem 56 Meter langen Schiff zum Verhängnis wurde. Die Luxusjacht wurde 2008 erbaut, hatte zehn Besatzungsmitglieder, stammt von der renommierten Werft Perini Navi und dürfte den neuesten technischen Anforderungen entsprochen haben.