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SchicksalsgeschichteLisala Folau schwamm nach Tsunami 24 Stunden im Meer

Lesezeit 4 Minuten
gaswolken über Tonga

Dieses von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt aufsteigenden Dampf- und Gaswolken über den Vulkan Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai. 

Tonga – Lange war Tonga eine Inselgruppe der „Seligen“. Geschlossene Grenzen und strenge Regeln während der Pandemie hatten einen Covid-Ausbruch verhindert. Doch am Wochenende kam dann die Doppelkatastrophe: Nach dem Ausbruch eines Unterseevulkans überschwemmte ein Tsunami die tief liegenden Inseln.

Das Pazifikland erlitt große Schäden, mindestens drei Menschen kamen ums Leben. Nachdem die Kommunikationswege nun nach und nach wiederhergestellt werden, dringen mehr Details über die verhängnisvollen Stunden am Wochenende an die Öffentlichkeit.

Erste Hilfsflüge landen auf Tongas Inseln

Katastrophenhilfe in Zeiten der Pandemie: Nach der gewaltigen Eruption eines unterseeischen Vulkans vor Tonga sind am Donnerstag erstmals zwei Flugzeuge mit Hilfsgütern aus Neuseeland und Australien auf der Hauptinsel Tongatapu gelandet. In dem polynesischen Inselreich, in dem bislang so gut wie keine Corona-Fälle registriert wurden, gibt es nun aber die Sorge, dass ausländische Helfer das Virus einschleppen könnten. Tonga hatte im März 2020 seine Grenzen geschlossen und sich seither von der Außenwelt weitgehend abgeschottet.

Die Flugzeuge bringen neben Trinkwasser auch provisorische Unterkünfte, Generatoren, Hygiene-Kits sowie Kommunikationsausrüstung. Um die Bevölkerung nicht zu gefährden, gab es keinen direkten Kontakt zwischen den Insassen der Maschinen und den Einwohnern.

Neben den Nachbarstaaten will auch Japan Hilfsgüter in die Region schicken. Die Weltbank kündigte an, als Sofortmaßnahme acht Millionen Dollar (sieben Millionen Euro) zur Verfügung zu stellen. (dpa)

Beim Renovieren überrascht

So überlebte ein behinderter Mann, den eine der Tsunamiwellen ins Meer gespült hatte, über 24 Stunden im Meer. Lisala Folau berichtete seine erstaunliche Überlebensgeschichte dem tongaischen Radiosender Broadcom FM. Einer der dortigen Redakteure, George Lavaka, teilte das Interview auf Facebook. Folau, ein Tischler, der inzwischen im Ruhestand ist, sagte in dem Gespräch, dass er von seiner Insel Atata über zwei andere unbewohnte Inseln bis zur Hauptinsel Tongatapu geschwommen sei – eine Gesamtstrecke von etwa 13 Kilometern.

Eine sechs Meter Hohe Welle rollte an

Folau hatte am Samstag gerade sein Haus gestrichen, als die ersten Tsunamiwellen kamen. „Mein älterer Bruder und ein Neffe kamen mir zu Hilfe“, sagte der Mann. Eine Welle sei bereits durch sein Wohnzimmer gegangen und sie hätten sich in einen anderen Teil des Hauses zurückziehen müssen, als eine weitere mindestens sechs Meter hohe Welle angerollt kam. „Ich kann nicht richtig laufen und wenn ich laufe, glaube ich, dass ein Baby schneller ist als ich“ , sagte er in dem Interview.

Die Familie und er hätten sich auf der Ostseite des Hauses versteckt, während die Wellen aus dem Westen kamen. Dann sei er mit seiner Nichte auf einen Baum geklettert, während sein Bruder rannte, um Hilfe zu holen. In einer Ruhepause kletterten sie wieder vom Baum hinunter, doch genau in diesem Moment traf sie eine weitere große Welle und beide wurden aufs Meer hinausgeschwemmt. Das sei gegen 19 Uhr gewesen.

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„Wir schwammen auf dem Meer und riefen uns gegenseitig zu“, berichtete der Tongaer. „Es war dunkel und wir konnten uns nicht sehen.“ Irgendwann habe er seine Nichte nicht mehr rufen gehört, aber er konnte seinen Sohn rufen hören. Da habe er dann jedoch beschlossen nicht zu antworten, aus Angst, dass dieser sein Leben riskieren würde, um ihn zu retten. Es sei eine „schwierige Situation“ gewesen, aber er habe sich gedacht: „Wenn das Schlimmste eintritt, bin nur ich es.“

Rettung im dritten Anlauf

Schließlich ließ er sich im Wasser treiben, bis er östlich der Insel Toketoke landete. Am Sonntagmorgen entdeckte er dann ein Patrouillenboot der Polizei und versuchte, dieses auf sich aufmerksam zu machen. Doch das Boot fuhr weiter, ohne ihn zu sehen. Schließlich versuchte er, zur Insel Polo’a zu gelangen. Er schwamm gegen 10 Uhr morgens los und kam schließlich am Sonntag gegen 18 Uhr an. Doch auch dort fand er keine Hilfe. Als letzter Ausweg beschloss er, bis zur Hauptinsel zu schwimmen. „Ich war jetzt fest entschlossen, es nach Mui’i Sopu zu schaffen.“ Sopu liegt am westlichen Rand der Hauptstadt Nuku’alofa auf der Hauptinsel Tongatapu. Gegen 21 Uhr sei er dann tatsächlich dort angekommen und von einem vorbeifahrenden Fahrzeug mitgenommen worden. Der Fahrer habe ihn mit nach Hause genommen und in seiner Ortschaft sei man schockiert gewesen, dass er überlebt habe. Was mit seiner Nichte passiert ist und wie es seiner Familie ergangen ist, erfährt man nicht.