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Großbitanniens ThronfolgerWie Prinz William Traditionen infrage stellt

Lesezeit 4 Minuten
Prinz William und Prinzessin Catherine zu Besuch auf einer Algenfarm im walisischen St Davids

Engagement zum Anbau von Seetang: Prinz William und Prinzessin Catherine waren im September zu Besuch auf einer Algenfarm im walisischen St Davids.

Der britische Thronfolger gilt nicht als Rebell, doch hinter den Kulissen gibt es dennoch Veränderungen. William scheint einiges zum Besseren wenden zu wollen.

Der Thronfolger Prinz William fällt insbesondere durch eine Eigenschaft auf: Er tanzt nicht aus der Reihe. Während sein Vater, König Charles III., als Prince of Wales Minister mit Briefen bombardierte, hält William sich zurück. Und im Gegensatz zu seinem Bruder, Prinz Harry, hat er nie über sein royales Schicksal geklagt. Er ist kein Rebell.

Doch hinter den Kulissen, da sind sich Experten einig, stellt William still und leise Traditionen infrage, die das Königshaus lange für selbstverständlich gehalten hat. Wie sein Vater, der 64 Jahre lang Prince of Wales war, scheint er die Rolle in seinem Sinne zum Besseren verändern zu wollen – von der Auswahl der Hoflieferanten bis zu seinem Engagement für den Anbau von Seetang zum Schutz der Umwelt.

Kampf gegen Obdachlosigkeit

Ein Herzensthema für den Thronfolger ist der Kampf gegen Obdachlosigkeit. „Diana nahm ihn als kleinen Jungen immer mit auf die Straßen Londons, wo er Wohnsitzlose sah“, sagt der Royal-Experte Robert Jobson. Sie habe ihm Menschen in Not gezeigt. „Und ich glaube, das hat sich in seinem Kopf festgesetzt.“

Haverfordwest: William (l), Prinz von Wales, und Kate (2.v.l), Prinzessin von Wales, treffen sich mit Wohlwollenden nach einem Gottesdienst in der Kathedrale von St. Davids.

Haverfordwest: William (l), Prinz von Wales, und Kate (2.v.l), Prinzessin von Wales, treffen sich mit Wohlwollenden nach einem Gottesdienst in der Kathedrale von St. Davids.

Den Startschuss für sein Engagement in diesem Bereich gab er im Juni mit der Initiative Homewards („Heimwärts“). Das auf fünf Jahre angelegte Projekt soll Wohnungslosigkeit „selten, kurz und einmalig“ machen, kündigte der Prinz an. Vorbild ist Finnland, das mit seinem „Housing First“-Ansatz das Problem innerhalb weniger Jahre drastisch reduziert hat. Dabei wird den Betroffenen zunächst eine Wohnung zur Verfügung gestellt, ohne dass sie zuvor weitere Bedingungen wie etwa einen Drogenentzug erfüllen müssen.

Hohe Sympathiewerte für Prinz William

Mit solchen Projekten vermittle William, dass ihm die Menschen im Land am Herzen liegen, sagt die britische Journalistin Lucie Cave. Das spiegelt sich auch in den Umfragen wider: Laut dem Meinungsforschungsinstitut YouGov mögen ihn 67 Prozent. Damit ist er der zweitbeliebteste Royal nach seiner verstorbenen Großmutter Elizabeth II., die nach wie vor die königlichen Charts anführt.

Während Queen Elizabeth II. Schirmherrin von mehr als 600 Wohltätigkeitsorganisationen war, hat William nur 38 in seinem Repertoire. Das sei für königliche Verhältnisse relativ wenig, heißt es aus Palastkreisen. Experten zufolge offenbart dies seinen Wunsch nach einer tieferen Beziehung zu den Organisationen. William erscheine den Menschen näher und einfacher zu greifen als frühere Royals, betont Pauline Maclaran, die an der Royal Holloway University London forscht und ein Buch zum Königshaus verfasst hat, gegenüber dieser Zeitung. Hilfreich für den 41-Jährigen ist auch, dass seine Frau, Prinzessin Catherine, ihn nicht in den Schatten stellt, sagt die Autorin Penny Junor. „Sie spielt nicht die zweite Geige“, aber sie unterstützt ihn, und lässt „ihn glänzen“.

Ein Thema, das dem Prinzen neben seinem Engagement gegen Obdachlosigkeit besonders am Herzen liegt, ist der Seetang. Seine Faszination wurde durch das Start-up Notpla geweckt, das im November 2022 den „Earthshot Prize“ gewann, einen Wettbewerb, den er ins Leben gerufen hatte. Wer gewinnt, erhält ein Preisgeld von einer Million Pfund und überdies mediale Aufmerksamkeit. Notpla stellt recycelbare Verpackungen her, um Plastikmüll einzudämmen.

Auch William möchte Insidern zufolge den Anbau der Meerespflanze im Königreich ausweiten. Dabei könnten die Ländereien des Herzogtums Cornwall hilfreich sein, welche er im vergangenen Jahr von seinem Vater geerbt hat. Während Charles dort seine Interessen im Bereich der ökologischen Landwirtschaft verfolgte, wird der Thronfolger dort seine eigenen Umweltziele voranzutreiben.

Bessere Image-Kontrolle

Erst kürzlich berichteten britische Medien über den Besuch von William und Catherine auf einer Farm an der walisischen Küste, in der die Wasserpflanze angebaut wird. Und im Juli servierte der Prinz in London überraschten Kunden eines Food-Trucks Burger in einer mit Seetang beschichteten Schachtel. Dieser sei rein pflanzlich, erklärte er. Die Zutaten stammten zudem aus einem Gewächshaus in Indien und der verwendete Ofen sei nach der Idee einer Kenianerin entwickelt worden, um die Luftverschmutzung zu minimieren.

Um sein Image besser kontrollieren zu können, will der Royal einen neuen Weg eingeschlagen. Statt sich auf die königlichen Berater zu verlassen, sucht er einen eigenen „Chief Executive Officer“ (CEO). Dieser könne sich „dem engagierten Team im Kensington Palace anschließen“ und solle „eine Erfolgsbilanz in strategischer und kultureller Führung“ mitbringen. Gefragt seien zudem „Diskretion und Bescheidenheit“, hieß es in der Stellenausschreibung. Außerdem wolle William, so Insider, die Liste der Hoflieferanten neu ausrichten und dabei auch jungen Künstlern eine Chance geben.

Auch wenn dieser Schritt eine gewisse Distanz zu König Charles III. und früheren Traditionen suggeriert, sollen die beiden seit einigen Jahren ein gutes Verhältnis haben. Der Zwist mit Prinz Harry hätte die beiden enger zusammengeschweißt, heißt es aus Palastkreisen.Und sie teilen eine Leidenschaft: Ihr Engagement für die Natur.