Düsseldorf – Es ist eine Meldung, die zeigt, dass es Schutzgelderpressungen, Einschüchterungsversuche und Anschläge im Milieu gibt. Und es ist eine Meldung, die nicht in den Pressemitteilungen der Polizei zu finden ist, sondern innerhalb der Sicherheitsbehörden nur für den internen Dienstgebrauch freigegeben ist.
Es geht um einen versuchten Brandanschlag auf den Saunaclub "Oceans", ein Luxusbordell in Düsseldorf, vor dreieinhalb Wochen. Am 26. Januar entdeckte ein Mitarbeiter des Clubs zufällig einen Eimer mit brennbarer Flüssigkeit. Der Eimer war mit einer Zündschnur versehen. Sicherheitskräfte des Etablissements konnten den Brandkörper unschädlich machen. Die Polizei weiß nicht, wer hinter dem versuchten Anschlag steckt. Sie hat jedoch einen Verdacht: "Ein Rockerzusammenhang ist aufgrund des andauernden Konfliktes zwischen den Betreibern des Oceans und dem Hells Angels MC möglich."
Verbotsverfahren und hohem Ermittlungsdruck zum Trotz
Das aktuelle Lagebild zur Rockerkriminalität des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA), das unserer Redaktion vorliegt, umfasst neben sogenannten lagerelevanten Straftaten wie dem "Oceans"-Fall auch eine Gefährdungsbewertung und eine Auflistung über die in NRW aktiven Rockerclubs und deren Größe und Stärke.
Demnach hat sich die Zahl der Rocker, die in den sogenannten Outlaw-Motorcycle-Gangs (OMCG) organisiert sind, trotz einer Reihe von Verbotsverfahren und hohem Ermittlungsdruck erhöht. So stieg die Mitgliederzahl von 2059 (Januar 2017) auf 2147 (Januar 2018). Die mit Abstand größte Gruppierung in NRW sind die Bandidos, deren Mitgliederzahl von 775 auf 866 angewachsen ist. Sie verteilen sich auf 21 Chapter (Ortsgruppen). Dagegen scheinen die Hells Angels in NRW weiter an Boden zu verlieren. Ihre Mitgliederzahl sank von 330 auf 304 und sie verfügen nur noch über neun Charter (Ortsgruppen). Damit sind sie nach Gremium MC und den Freeway Riders nur noch die viertstärkste Rockergruppierung im Land.
Insgesamt gibt es landesweit mehr als 2300 organisierte Rocker, wovon rund 170 sogenannten rockerähnlichen Gruppierungen wie den Osmanen Germania angehören. Hinzu kommt noch eine unbekannte Zahl an "Supportern" (Unterstützer), die keine direkten Mitglieder eines Rockervereins sind.
Offenbar scheinen die Rockerclubs derzeit darauf bedacht, die Sicherheitsbehörden nicht zu provozieren. In dem Lagebericht heißt es, dass verstärkt zu beobachten gewesen sei, dass die Szene versuche, sich nach außen hin gesetzeskonform zu zeigen. Für die Fahnder ist das ein rein taktisches Verhalten. Die Rocker wollten keine Angriffsfläche für weitere rechtliche Schritte gegen sie liefern. Auch deshalb sei es derzeit im Milieu vergleichsweise ruhig, zumindest vordergründig, wie es im LKA-Bericht heißt. Dennoch sei jederzeit mit spontanen Gewaltausbrüchen zu rechnen.
Während die Bandidos das Ruhrgebiet kontrollieren, haben sich die Hells Angels vor allem im Rheinland ausgebreitet. Als Hochburg der Hells Angels gilt Köln. Doch nach wie vor überschneiden sich die Interessen der verfeindeten Rockerclubs im Ruhrgebiet, vor allem in Duisburg. Grund für die Revierkämpfe ist eines der größten Rotlichtviertel Deutschlands. Monatlich verdienen die Betreiber laut Polizei rund eine Million Euro.