Alte Aufnahmen, neu interpretiert. So wirbt die Plattenfirma für das neue Album der 2022 verstorbenen Sängerin. Viele Fans sind entsetzt.
„Verunstaltet“, „Geschmacklos“Neues KI-Album von Olivia Newton-John löst Kritik aus
Das neue Weihnachtsalbum „Angels in the Snow“ von Olivia Newton-John, das posthum veröffentlicht wurde, hat nach der Veröffentlichung am Freitag (22. November) heftige Kritik hervorgerufen. Das Album, das als Stream, CD und Vinyl erschienen ist, enthält neu arrangierte Weihnachtslieder, die die vierfache Grammy-Gewinnerin in der Vergangenheit aufgenommen hat.
Produzent Sam Hollander beschreibt die Arbeit an dem Album als eine „tiefgehende persönliche Erfahrung und eine Ehre, Newton-Johns Vermächtnis weiterzutragen“. Newton-John war im August 2022 nach einer langjährigen Krebserkrankung gestorben.
Olivia Newton-John: Stimme von „Grease“-Star wurde im Studio „überarbeitet“
Kritiker des Albums äußern Bedenken über die Notwendigkeit einer Neuauflage der Songs und stellen die künstlerische Integrität solcher Projekte nach dem Tod einer Künstlerin infrage. „Es ist schrecklich! Es hört sich an, als hätte jemand die Originalsongs genommen und sie mit der heutigen computerisierten Techno-Slum-Musik gemischt“, schreibt ein Fan erbost auf der offiziellen Fanclub-Seite von Newton-John.
„Manche Dinge lässt man besser in Ruhe. Aber Geld spricht. Es ist so traurig, dass KI das Erbe einer toten Ikone ruinieren darf. Olivia hätte das gehasst“, schreibt ein anderer auf „discogs.com“, eine der größten Musikdatenbanken im Internet.
In Dutzenden Kommentaren in anderen sozialen Netzwerken und Foren wird das mit modernen Beats und schnellerem Tempo versehene und vom Produzenten unter dem Label „re-imagined“ („neu interpretiert“) veröffentlichte Album als „schrecklich“ bis „geschmacklos“ bezeichnet.
Olivia Newton-John: 2022 verstorbene Musiklegende tanzt mit Elfen in KI-generiertem Video
Vor allem die scheinbar nachträglich manipulierte Stimme der Sängerin, um dem veränderten Tempo der Songs gerecht zu werden, stößt immer wieder auf Kritik. „Warum ruinieren die Produzenten Olivias Erbe auf so verzweifelte Weise?“, fragt ein Fan auf YouTube unter einem bizarren, offenbar KI-generierten Video, in dem eine blonde Figur „Angels in the Snow“ singt, während im Hintergrund Elfen tanzen. Dass die Figur in dem Video nur eine marginale Ähnlichkeit mit Newton-John hat, ist erstaunlich, da der Clip auf dem offiziellen Kanal der Sängerin veröffentlicht wurde.
„Die Produzenten haben ein schönes Schlaflied genommen und das hier daraus gemacht? Normalerweise bin ich offen für subtile Veränderungen, aber das ist wirklich schrecklich“, fasst eine Kommentatorin zusammen.
Es gibt auch positive Kommentare von Fans in den bereits erwähnten Netzwerken und Foren, die sich freuen, dass es rund zwei Jahre nach Newton-Johns Tod noch Veröffentlichungen gibt. Einige sehen in dem neuen Album einen Versuch, von der Nostalgie und dem Erbe der Sängerin zu profitieren, während andere „die Frische und den Respekt“ hervorheben, mit dem die Songs neu interpretiert wurden.
Olivia Newton-John nahm mehrere Weihnachtsalben auf
Newton-John hat zu Lebzeiten mehrere Weihnachtsalben veröffentlicht. 2000 entstand zusammen mit dem Countrysänger Vince Gill exklusiv für Hallmark „'Tis the Season“. Aufnahmen daraus fanden sich später auch auf der Kompilation „The Christmas Collection“ von 2001. 2007 erschien „Christmas Wish“, ihr zweites Album mit festlicher Musik.
2012 folgte „This Christmas“ mit ihrem ehemaligen „Grease“-Partner John Travolta und Stargästen wie Barbra Streisand oder Tony Bennett. 2016 folgte schließlich „Friends for Christmas“, eine Zusammenarbeit mit dem australischen Sänger John Farnham – das letzte offizielle Studioalbum von Newton-John zu Lebzeiten.
Auch Elvis Presley und Bing Crosby sind zur Weihnachtszeit von den Toten auferstanden
Aufnahmen, die lange nach dem Tod eines Künstlers im Studio neu arrangiert werden, sind im Musikgeschäft seit langem üblich. Das gilt auch für Weihnachtsaufnahmen. Ein Beispiel ist das 2017 erschienene Album „Christmas With Elvis“ des 1977 verstorbenen Elvis Presley, das mit dem Royal Philharmonic Orchestra arrangiert wurde und ältere Gesangsaufnahmen des Künstlers mit opulenten Orchesterklängen kombiniert.
Auch die deutsche Schlagersängerin Helene Fischer hat schon vor Jahren klassische Weihnachtslieder neu interpretiert, darunter ein im Studio entstandenes Duett mit dem ebenfalls 1977 verstorbenen Bing Crosby für den Klassiker „White Christmas“, begleitet vom Royal Philharmonic Orchestra.