TierschützerNürnberger Eisbärin Flocke leidet in französischem Zoo

Eisbärin Flocke 2008 in ihrem alten Gehege im Nürnberger Tiergarten.
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Paris/Antibes – Sie war ein Kinderstar fast von ihrer Geburt an, ein putziger Publikumsliebling, der die Besucher in Scharen in den Tiergarten Nürnberg strömen ließ und die Medien verzückte: Eisbärin Flocke, die dort im Dezember 2007 zur Welt kam. Wie ihr berühmter Artgenosse Knut, der ein Jahr vor ihr im Zoologischen Garten Berlin geboren wurde, inzwischen allerdings gestorben ist, wurde sie von Hand aufgezogen. Inzwischen ist Flocke längst ausgewachsen und lebt seit April 2010 im „Marineland“, einem Themenpark für Meerestiere im südfranzösischen Antibes. Doch geht es ihr dort gut?
Der französischen Tierschutzvereinigung „C‘est assez!“ („Es reicht!“) zufolge ist das Gegenteil der Fall. Gerade während der Hitzewelle in diesem Sommer mit Temperaturen bis zu 40 Grad sei das Leben für Flocke und ihren Gefährten Rasputin die Hölle, warnen die Tierschützer. Das in einem Zoo in Moskau geborene Eisbärmännchen kam 2008 zu Flocke nach Nürnberg und von dort mit ihr nach Antibes, wo Flocke im November 2016 ihr Eisbär-Junges Hope zur Welt brachte.
Ein im Internet veröffentlichtes Video vom Juni zeigt Rasputin in der prallen Sonne, hechelnd und mit Schaum vor dem Maul. Schatten gebe es nicht, der Zugang zum eisgekühlten Keller sei durch ein Gitter versperrt, so dass er der drückenden Hitze nicht entkommen könne, so die Tierschutz-Aktivisten. Dass die Verantwortlichen des „Marineland“ Rasputins schäumendes Maul als „Brunftverhalten“ deuten, tun sie als Unfug ab. „Ein Eisbär ist geboren, um über Packeis zu gehen, unter dem Eis zu schwimmen, zu jagen. Ein Eisbär hat nicht in Gefangenschaft zu sein“, erklären „C‘est assez!“.
Petition an Umweltminister
Mit acht anderen Tierschutz-Organisationen stellten sie im Juni eine Petition ins Netz, die innerhalb von zwei Monaten auf mehr als 170.000 Unterschriften anwuchs. Darin fordern sie den französischen Umweltminister auf, mittelfristig die Haltung von Eisbären in Frankreich zu verbieten sowie Flocke und Rasputin an einen Ort zu verlegen, der ihren Bedürfnissen mehr entspreche. Als Beispiel nennen sie das Zuhause von ihrem Nachwuchs Hope in einem Park in Schweden. Experten stützten ihre Meinung.
„Am Dienstag letzte Woche sollte der Brief an Umweltminister Nicolas Hulot geschickt werden – doch ausgerechnet am Dienstagmorgen kündigte er seinen Rücktritt an“, sagt Christine Grandjean von „C‘est assez!“. Nun warte man den Amtsantritt von Hulots Nachfolger ab und hoffe, bis dahin die Marke von 200.000 Unterschriften zu knacken. Ohnehin befürchte sie, dass die Politik wenig ausrichten könne: „Das sind Vereinbarungen zwischen den Tierparks. Es geht um Geld, weil Eisbären viele Besucher anziehen.“
Wiederholt war das „Marineland“ Antibes Ziel von Vorwürfen von Tierschützern. Allerdings erhielt der Park im Februar dieses Jahres das Zertifikat „Humane Certified“ des internationalen Programms American Humane Conservation für den Respekt des Tierwohls. Auf die Vorwürfe von „C‘est assez!“ antwortete der Generaldirektor von „Marineland“, Pascal Picot, es handele sich um den „Angriff einer extremistischen Vereinigung, deren Ziel es ist, den Park zu schließen“. Die Eisbären seien ihnen im „Rahmen eines Fortpflanzungsprogramms bedrohter Arten“ anvertraut worden.
Die Tierschützer kritisieren außerdem, dass deren Gehege mit rund 2200 Quadratmetern zu klein sei. Beide Tiere legten Verhaltensauffälligkeiten an den Tag. Auch die gemeinsame Haltung von Flocke und Rasputin sei wider die Natur, sagt Catherine Grandjean: „Eisbären sind Einzelgänger. Für das Weibchen kann die ständige Anwesenheit des Männchens Stress auslösen.“