Vor fast 16 Jahren verschwand das Mädchen Maddie McCann aus einem Ferienappartement. Inzwischen gibt es einen Hauptverdächtigen in dem Fall.
Seit 16 Jahren vermisstNeue Indizien im Fall Maddie McCann
Vor nahezu 16 Jahren ereignete sich in dem Feriendorf Praia da Luz an der portugiesischen Algarve-Küste einer der bekanntesten Vermisstenfälle der Kriminalgeschichte – das Verschwinden der kleinen Madeleine McCann. Das Letzte, was man über „Maddie“ weiß, ist: Die Eltern hatten die damals Dreijährige am 3. Mai 2007 in ihrem Ferienappartement ins Bett gebracht, ehe sie zum Essen gingen. Als sie zurückkamen, war Madeleine nicht mehr da. Polizisten drehten in Praia da Luz jeden Stein um, gingen unzähligen Hinweisen nach. Aber fanden nichts. Sogar die Eltern, die parallel eine internationale Suchkampagne starteten, wurden unter die Lupe genommen und vorübergehend verdächtigt.
Fall Maddie McCann: Neue Hoffnung im Jahr 2017
Erst 2017 kam Hoffnung auf: Die Polizei bekam einen Tipp aus Deutschland. Dort meldete sich ein Mann, der sein Gewissen erleichtern wollte. Er berichtete der Polizei, dass ein Bekannter in der niedersächsischen Stadt Braunschweig damit geprahlt habe, „alles über Madeleine zu wissen“. Zudem habe ihm dieser Bekannte Videos vom sexuellen Missbrauch mehrerer Frauen gezeigt.
Dieser Hinweis brachte die Ermittler auf die Spur eines vorbestraften deutschen Sexualstraftäters namens Christian B., der lange Zeit in Portugal gelebt hatte. Die weiteren Untersuchungen bestärkten den Verdacht, dass B. etwas mit Madeleine zu tun haben könnte: Eine portugiesische Handynummer, die ihm zugeordnet wird, war zum Tatzeitpunkt in Praia da Luz geortet worden. Zudem wohnte B. viele Jahre nahe dem Feriendorf. Inzwischen gilt er als Hauptverdächtiger. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt in dieser Sache wegen Mordverdachts gegen den heute 46-Jährigen. B. wird aber nicht nur mit einem möglichen Gewaltverbrechen an Madeleine in Verbindung gebracht, sondern mit einer ganzen Reihe von Sexualstraftaten, die er – zum Teil mit brutaler Gewaltanwendung – in Portugal begangen haben soll.
Wegen einer dieser Taten, der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin im Jahr 2005, wurde B. inzwischen schuldig gesprochen. Das Landgericht Braunschweig verurteilte ihn deswegen 2019 zu sieben Jahren Haft. Die Tat fand ebenfalls in Praia da Luz statt, nicht weit von jener Ferienanlage, aus der Madeleine zwei Jahre später verschwand. B. war abends in das Haus der Frau eingedrungen, hatte sein Opfer gefesselt und dann vergewaltigt. Per Videokamera filmte er den Gewaltakt.
Weiterer Prozess gegen Hauptverdächtigen geplant
Bald soll es zudem einen weiteren Prozess gegen B. geben. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat erneut Anklage gegen ihn erhoben. Nicht aber wegen Madeleine, sondern wegen fünf anderer Sexualstraftaten, die B. zwischen den Jahren 2000 und 2017 in Portugal zugeschrieben werden. Der Beginn des Prozesses ist noch offen.
Die Staatsanwaltschaft wirft B. konkret drei Taten der jeweils schweren Vergewaltigung und zwei Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern vor. Alle Taten sollen sich an der portugiesischen Algarve ereignet haben, wenigstens zwei davon in Praia la Luz. Bei den Opfern der Vergewaltigungen handelt es sich um eine ältere Touristin unbekannter Nationalität, um ein deutschsprachiges Mädchen und um eine 20-jährige Urlauberin aus Irland. In allen drei Fällen filmte der Täter die Vergewaltigungen. In den beiden Fällen des sexuellen Missbrauchs soll sich B. 2007 und 2017 am Strand und auf einem Spielplatz vor Kindern masturbiert haben.
Noch wird nach weiteren Beweisen gesucht
Während die Staatsanwaltschaft bei dieser fünffachen Anklage glaubt, genügend in der Hand zu haben, sucht sie im Fall Madeleine noch nach Beweisen, um B. auch dafür verantwortlich machen zu können. Die Ermittler gehen davon aus, dass Madeleine, die am 12. Mai 2023 20 Jahre alt werden würde, nicht mehr lebt.
Und sie glauben, dass Christian B. das Mädchen entführt, missbraucht und umgebracht habe. Indizien, dass sich die Tat so abgespielt haben könnte, gibt es angeblich: Der Hauptverdächtige soll davon fantasiert haben, ein Kind zu missbrauchen und dann verschwinden zu lassen. B. bestreitet hingegen alle Vorwürfe.
Die Staatsanwaltschaft verweist darauf, dass wegen der laufenden Untersuchungen keine Informationen gegeben werden. Die Ermittler schließen aber nicht aus, dass im kommenden Prozess gegen B. neue Erkenntnisse zu Madeleine auftauchen. Vor einer formellen Anklage wegen Mordes wollen die Ermittler sicher sein, den Richtigen auf die Anklagebank zu setzen.