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Dealer soll Beamte versorgt habenMünchner Polizei wird von Drogenskandal erschüttert

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Polizei München Symbol

Ein Blaulicht einer Polizeistreife ist vor den Türmen der Frauenkirche in München zu sehen. (Symbolbild)

München – Die Münchner Polizei wird von einem Drogenskandal erschüttert. Insgesamt 21 Polizisten werden verschiedene Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Antidopinggesetz sowie andere Straftaten wie die Verfolgung Unschuldiger und Strafvereitelung im Amt vorgeworfen, wie das bayerische Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft München I am Mittwoch mitteilten.

In einer groß angelegten Razzia durchsuchten 19 Staatsanwälte und mehr als 170 Polizisten 30 Wohnungen und sieben Polizeidienststellen. Drogenermittlungen innerhalb der Münchner Polizei sind seit Februar bekannt, das Ausmaß ist aber weit größer als angenommen.

Ausgangspunkt waren Ermittlungen gegen einen in einer Münchner Nobeldiskothek aktiven Drogendealer, der zwei Polizisten beschuldigt hatte. Der Dealer soll im großen Stil Kokain in München verbreitet und dabei auch Polizisten versorgt haben. Eine seit Juli eingesetzte eigene Ermittlungsgruppe bekam den Namen „Nightlife“.

München: Untersuchungen gegen 21 Beamte

Im Vorfeld der Razzia vom Mittwoch gab es laut Staatsanwaltschaft bereits über Monate zahlreiche Durchsuchungen, außerdem seien toxikologische Gutachten erstellt worden. Die Ermittlungen richten sich gegen 21 Polizisten in neun verschiedenen Dienststellen sowie weitere 17 Verdächtige, darunter Drogenhändler und Verkäufer von Dopingmitteln. Insgesamt gibt es also 38 Verdächtige, ein Teil der Polizisten ist bereits suspendiert. An der Razzia waren neben den Staatsanwälten mehr als 70 Polizisten des bayerischen LKA sowie hundert Polizisten aus München und Augsburg beteiligt. Dazu kamen Hundeführer des Zolls und Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen.

Die Staatsanwälte informierten die Polizisten zum großen Teil erst kurz vor dem Einsatz, dass sie zu einem Schlag gegen Kollegen ansetzen mussten. Oberstaatsanwältin Anne Leiding nannte neben den Drogendelikten den Vorwurf der Verfolgung Unschuldiger besonders gravierend. In dem Fall sollen die Beschuldigten Widerstandshandlungen gegen Polizisten behauptet haben, die es gar nicht gab. Die beiden falsch von den Beamten Beschuldigten kamen vor Gericht, das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt. Außerdem soll ein Polizist für sich beschlagnahmtes Kokain abgezweigt haben, was andere Polizisten mitbekamen, ohne es zu verhindern oder anzuzeigen.

Münchner Polizeipräsident: „Absolut inakzeptabel“

Der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä nannte das Verhalten „absolut inakzeptabel“. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, müssten die Polizisten mit aller gesetzlicher Härte bestraft werden. „Wir als Polizeibeamte haben durch unsere Aufgabe eine besondere Stellung in der Öffentlichkeit, die es auch stets zu achten gilt“, erklärte Andrä. „Es kann definitiv nicht geduldet werden, dass, wie es die bisherige Ermittlungslage vermuten lässt, wissentlich von Mitarbeitern unseres Polizeipräsidiums Straftaten verübt wurden.“

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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der „Bild“-Zeitung, neben den Strafverfahren drohten den Polizisten harte Disziplinarverfahren bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. Es sollten mindestens sechs Suspendierungen ausgesprochen werden, abhängig vom Ergebnis der Razzia könnten weitere Suspendierungen „sehr zeitnah“ erfolgen. „Kriminelle haben bei der bayerischen Polizei nichts verloren – so etwas ist absolut inakzeptabel und eines Polizisten nicht würdig“, sagte Herrmann. (afp)