Was Verschwörungsanhänger für Tierchen halten, sind völlig normale und ungefährliche Fasern.
Köln – Corona-Impfstoff und Virustests waren noch nicht einmal entwickelt, da waren die passenden Verschwörungserzählungen schon längst auf dem Markt. Genverändernde Stoffe, Chips, schädliche Nanopartikel: Glaubt man Verschwörungsanhängern, will wahlweise der Staat, Bill Gates oder die Pharmaindustrie mittels Impfstoffen oder Teststäbchen die Bevölkerung mit allerlei vermeintlich schädlichen Stoffen und Teilchen versehen. Diese Behauptungen wurden bislang tausendfach wiederlegt.
Seit einigen Wochen ist eine neue Erzählung in Umlauf. Sie wird vor allem in eingschlägigen Telegram-Gruppen geteilt, wie zum Beispiel auf dem Kanal des polizeiflüchtigen Imbissbetreibers und Hetzers Attila Hildmann. Ihrzufolge befinden sich auf Mundschutzmasken und Teststäbchen sogenannte „Morgellons“ oder „Morgellonen“. Dabei soll es sich um Parasiten handeln, die dann über Wattestäbchen oder Masken dem menschlichen Körper zugeführt werden. Angebliche Belege sind meist Bilder von länglichen schwarzen Gebilden, die unter dem Mikroskop erkennbar werden. Was genau diese „Morgellons“ angeblich anrichten sollen, wird dabei selten benannt. „Sie sollen uns krank machen“, heißt es dann gerne möglichst alarmierend.
Alles nur Quatsch? Oder ist an den Erzählungen tatsächlich etwas dran?
Der Glaube an Morgellons – Tierchen oder Fasern, die sich unter der Haut bilden und Krankheiten verursachen –, existiert nicht erst seit Corona. Er wird wissenschaftlich meist als Wahn, also als psychiatrische Störung eingestuft. Vermeintlich Betroffene würden sich das alles nur einbilden, heißt es häufig.
Der Kriminalbiologe Mark Benecke macht jedoch klar: So einfach ist es nicht. Tatsächlich kann es sein, dass Menschen wirklich etwas sehen. Es ist schlicht nur nicht das, was sie denken.
Fasern am Körper: Völlig normal und nicht schädlich
In einem ausführlichen Video erklärt Benecke, dass es sich bei den vermeintlichen Morgellons in der Regel um Rückstände von Insekten oder Fasern handelt. Diese können zum Beispiel von Textilien oder Pflanzen stammen und durch Abrieb oder die Luft auf die Haut – oder eben die Maske – gelangen. Durch zum Beispiel elektrostatische Anziehungskräfte können sich diese Partikel auch bewegen und den Eindruck erwecken, sie seien am Leben, so Benecke. Das Wichtigste: Sie sind völlig normal, nicht schädlich, und stammen nicht aus dem Körper sondern aus der Umwelt. Und für den Fall, dass mal ein Tierchen in den Körper gelangt, wie zum Beispiel ein Staubfloh: Im Körper kann es nicht überleben.
„Lasst euch nicht verrückt machen“, mahnt Benecke. Die ganze Welt sei voller kleiner Fasern und Krümel. Und falls jemand doch einmal wirklich verunsichert sei, solle er eine Probe zur Untersuchung an ein Labor schicken. (ken)