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Trotz Protesten gegen MassentourismusNoch nie war Mallorca so voll wie jetzt

Lesezeit 4 Minuten
Badende am Meer vor der Stadt Capdepera im Osten von Mallorca 

Urlauber in Mallorca: Die Insel erlebt ein neues Rekordhoch

Trotz Bürgerprotesten und Forderungen zur Begrenzung der Touristenzahlen, verzeichnet Mallorca in diesem Sommer erneut einen Besucherrekord.

Immer mehr Touristen: Mallorca meldet in diesem Sommer schon wieder einen historischen Rekord. Die Zahl der Feriengäste ist seit Jahresbeginn erneut um zehn Prozent gestiegen. Bis Ende Juni kamen nach Angaben des spanischen Statistikinstituts nahezu sechs Millionen Menschen. Allein jetzt im August werden mehr als zwei Millionen Urlauber erwartet. So voll wie in diesem Jahr war es noch nie auf der Mittelmeerinsel, die zunehmend unter Überfüllung, Verkehrschaos, Trinkwassermangel und Umweltzerstörung leidet.

Mallorca: Protestwelle der Bewohner gegen Massentourismus

Die Welle der Proteste, die seit Monaten über Mallorca rollt, scheint niemanden abzuschrecken. Bereits zwei Mal demonstrierten in den vergangenen Wochen Zehntausende in der Inselhauptstadt Palma gegen die negativen Folgen des Massentourismus und dafür, die Urlauberzahlen zu begrenzen. Hinzu kamen Kundgebungen an Stränden, Straßenblockaden oder Fake-Strafzettel für Feriengäste. Auch unschöne Schmierereien mit Parolen wie „Tourists go home“ tauchten auf. Mietwagen wurden mit Aufklebern verunziert, auf denen touristenfeindliche Sprüche prangten.

An diesem Wochenende ist der nächste öffentliche Protest geplant. Dieses Mal mitten in der wichtigsten deutschen Urlauberhochburg an der Playa de Palma. Dort soll am Sonntagvormittag von 11 bis 13 Uhr eine symbolische Strandbesetzung stattfinden, und zwar an der Partymeile auf der Höhe des „Balneario Beach Club Six“, der auch als „Ballermann 6“ bekannt ist. Vor allem an diesem Teil der Strandpromenade und im dahinter liegenden Partyviertel kommt es immer wieder zu Problemen durch betrunkene Touristen.

Die Organisatoren der Kundgebung haben zu einer „friedlichen und festlichen“ Aktion aufgerufen, um gegen den „Overtourism“ zu demonstrieren. Die Playa de Palma stehe wie kaum ein anderer Ort auf Mallorca dafür, dass die Insel überfüllt sei und die Einheimischen zunehmend von ihren Stränden verdrängt würden, erklären die Veranstalter in einer Mitteilung. Hinter dem Protest steht die Bürgerinitiative „Mallorca Platja Tour“, die bereits mehrfach unter dem Motto „Besetzt unsere Strände“ mit Aktionen auf sich aufmerksam machte.

„Protest nicht gegen die Touristen, sondern gegen das Tourismusmodell“

Die Bürgerinitiative betont, „dass wir nicht gegen die Touristen protestieren, sondern gegen das Tourismusmodell“. Und dagegen, dass die Inselregierung bisher nichts unternommen habe, um den Wildwuchs des Massentourismus auf Mallorca in nachhaltige und verträgliche Bahnen zu lenken. Zu den Forderungen der Bürgerbewegungen und Umweltschützer auf der Insel gehören untere anderem eine Reduzierung von Hotelbetten und Airbnb-Apartments, die Beschränkung von Immobilienkäufen für Nichtresidenten sowie Schritte zu mehr Küsten- und Klimaschutz.

Andere spanische Touristenhochburgen wie etwa Barcelona oder Teneriffa, wo die Einheimischen in den vergangenen Wochen ebenfalls gegen den Massentourismus auf die Straße gingen, haben inzwischen erste Konsequenzen gezogen. Barcelona kündigte an, dass bis Ende 2028 die Vermietung von Touristenwohnungen völlig verboten wird, um der damit einhergehenden Immobilienspekulation Einhalt zu gebieten. Teneriffa beschloss unterdessen, für überlaufene Naturparadiese Besucherlimits zu verhängen und zudem Eintritt zu verlangen.

Die seit einem Jahr regierende konservative Regionalregierung Mallorcas erklärte hingegen, dass sie dieses Jahr noch keine konkreten Maßnahmen beschließen werde. Man wolle sich erst einmal mit den Repräsentanten der Tourismusindustrie und der Bürgerinitiativen an einen Tisch setzen und mögliche Lösungen diskutieren, hieß es. Insel-Ministerpräsidentin Marga Prohens äußerte zwar Verständnis für die Proteste gegen den Massentourismus und sagte: „Zweifellos sind wir an eine Grenze gekommen.“ Sie stellte aber auch klar: „Wir leben vom Tourismus.“ Und: „Die Urlauber sind willkommen.“

Mallorca ist ein Beispiel dafür, wie schwierig es ist, den seit Jahrzehnten mit vielen Werbekampagnen angekurbelten Fremdenverkehr wieder unter Kontrolle zu bekommen. Seit 2022 gilt zum Beispiel ein Moratorium für touristische Betten in Hotels und Ferienwohnungen, das von der rot-grünen Vorgängerregierung beschlossen worden war. Die Zahl der offiziellen Übernachtungsplätze wurde damals auf 430000 eingefroren. Theoretisch wenigstens. Doch trotzdem kommen immer mehr Touristen auf die Insel. Wie ist dies möglich?

Zum einen, weil sich Mallorca zunehmend vom Sommer- zum Ganzjahresziel entwickelt und diese Saisonausweitung entsprechend die Besucherzahlen hochtreibt. Zum anderen, weil die Zahl der illegalen Touristenwohnungen in den letzten Jahren explodierte und inzwischen in die Tausende geht. Allein in Palma soll es bis zu 5000 Airbnb-Wohnungen ohne die erforderliche Vermietungslizenz geben.

Das schwarze Vermietungsgeschäft treibt zuweilen wilde Blüten. So wurde vor Kurzem ein hoher Beamter der Inselverwaltung entlassen, weil er in seiner Landfinca 14 Touristenbetten ohne Genehmigung vermietete. Auch die Ordensbrüder eines Klosters im Tramontana-Gebirge wurden als Sünder entlarvt: Sie hatten 268 Urlauberschlafplätze in ihrer Abtei unerlaubt über Airbnb und andere Plattformen vermarktet.