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Liebeserklärung an den KarnevalGoethe schrieb Gedicht über Kölner Karneval

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Vor dem Deutschen Nationaltheater in Weimar blickt der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe als Denkmal auf den Theaterplatz hinab.

Der deutsche Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe war offenbar ein großer Fan des Kölner Karnevals.

Karneval wird mindestens schon seit dem 14. Jahrhundert in Köln gefeiert. Aber erst seit rund 200 Jahren findet es in seiner heutigen Form statt. Und dafür begeisterte sich kein Geringerer als Goethe.

Zu viel trinken, herumpöbeln und Schlägereien - wegen solcher Auswüchse wollte die preußische Obrigkeit einst den Karneval verbieten. Bei einer Sitzung schunkeln und verkleidet im Zug mitgehen - mit der Einführung eines Maskenballes und eines Maskenzuges rettete 1823 das „Festordnende Comite“ das jecke Brauchtum. Zwei Jahre nach dieser Wiederbelebung - also vor 200 Jahren - zeigt kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832) aus dem fernen Weimar seine besondere Sympathie für das Narrenfest am Rhein.

Schon nach dem zweiten Umzug neuer Art hat der Dichter in einer Zeitschrift die schöngeistige Reform des Festes und die „freisinnige Würde“ der Zivil- und Militärbehörden gelobt, wie der Karnevalsexperte Wolfgang Oelsner in einem Gastbeitrag für die „Kölnische Rundschau“ hervorhebt. Daraufhin lädt ihn das Festkomitee zum dritten Maskenball im Jahr 1825 ein.

„Der Cölner Mummenschanz“: Goethe schreibt Gedicht über Karneval

Doch Goethe, schon 75 Jahre alt und gerade mit der Schlussfassung seines „Faust“ beschäftigt, scheut die weite Postkutschenfahrt. Er sagt aber nicht nur freundlich dankend ab, sondern fügt seinem Schreiben ein zweites Blatt bei. „Und darauf steht das Kostbarste, was ein Goethe mitgeben kann, ein Gedicht“, so Oelsner. Und zwar ein Gedicht auf das Karnevalsfest.

Am Folgetag gibt Goethe noch ein paar Korrekturen zu dem „eiligst“ niedergeschriebenen Gedicht durch - und die Überschrift: „Der Cölner Mummenschanz“. Diese überarbeitete Fassung vom 3. Februar 1825 wird laut Oelsner nicht nur zum Kulturgut, sondern strahlt in die Region entlang der Rheinschiene aus, wo sich „mit Expertise des Dichterfürsten“ vermehrt närrische Komitees bildeten.

Erster Kontakt zum Karneval in Rom

Goethes Interesse an Narrenbrauch sei seit seiner Romreise bekannt, wo er das närrische Treiben intensiv erlebt und beschrieben habe, so der Karnevalsexperte. Zwei Zeilen aus der vierten Strophe im Mummenschanz finden Eingang in den deutschen Zitatenschatz. „Löblich wird ein tolles Streben, wenn es kurz ist und mit Sinn.“ Zwei Dinge sind laut Oelsner damit über Karneval ausgesagt: Dass es ein Fest von begrenzter Zeit sei, wozu Sommerkarneval gar nicht passe. „Und es braucht Wertvorstellungen und Spielregeln, eben jenen ‚Sinn‘“.

Wegweisendes auch für heute sieht Oelsner auch in der Folgestrophe ausgesagt: „Dass noch Heiterkeit im Leben / gibt besonnenem Rausch Gewinn.“ Abschaffen lasse sich der mit Alkohol befeuerte Rausch offenbar nicht, wolle der Mensch der Alltagsschwere enthoben werden. Um so wichtiger seien die Spielregeln „besonnen“ und mit „Gewinn“ - oder in den Worten von Oelsner: „Trinken mit eingebauter Bremse.“ (KNA)