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„Jetzt werde ich nie mehr allein sein“Spanische TV-Diva wird mit fast 70 Mutter

Lesezeit 4 Minuten
Die spanische Schauspielerin Ana Obregón posiert auf einem roten Teppich.

Mittels Leihmutterschaft hat sich die spanische Schauspielerin Ana Obregón ihren Wunsch erfüllt.

Mittels Leihmutterschaft hat sich die spanische Schauspielerin Ana Obregón ihren Wunsch erfüllt.

Die Inszenierung war perfekt: Ana Obregón, eine 68 Jahre alte spanische TV-Diva, ließ sich von einer Krankenschwester in einem Rollstuhl aus dem Krankenhaus in Miami schieben. Auf dem Arm, in einer weißen Decke, trug sie ein kleines Bündel – ein Baby, ein Mädchen, das von einer Leihmutter für viel Geld ausgetragen und vor wenigen Tagen in dem Hospital im US-Bundesstaat Florida zur Welt gebracht wurde.

Möglicherweise war es kein Zufall, dass draußen vor der Tür ein Fotograf wartete, um die Szene festzuhalten. Viele spanische Klatschpresse-Celebrities leben gut davon, die Höhen und Tiefen ihres Lebens meistbietend zu verkaufen. Auch Ana Obregón versteht es meisterhaft, sich auf diese Weise zu vermarkten.

Ana Obregón inszeniert wohlmöglich Geburt ihrer Tochter

Die Fotos von der spanischen Schauspielerin und Entertainerin sind, so schätzen Insider, eine sechsstellige Summe wert. Vermutlich genug, um eine Leihmutterschaft in den USA zu bezahlen, die dort üblicherweise nicht unter 100000 Euro zu haben ist.

In Spanien wie in etlichen anderen europäischen Ländern – etwa Deutschland, Österreich oder der Schweiz – ist das Verfahren der Leihmutterschaft, bei dem ein Baby von einer anderen Frau ausgetragen wird, gesetzlich verboten. Zum Überbringer der Exklusivstory über Obregóns ungewöhnlichen Familienzuwachs wurde wenig später Spaniens viel gelesenes Tratschmagazin „Hola“.

Spanien: Debatte über Leihmutterschaft entfacht

Die Geschichte, die dort auf der Titelseite unter der Überschrift „Die bewegenden Bilder des Glücks von Ana“ publiziert wurde, schlug gigantische Wellen in Spanien. Und sie provozierte eine heftige Debatte darüber, ob es sich in diesem Fall der Leihmutterschaft im Ausland wirklich um eine freudige Nachricht oder um Missbrauch der Reproduktionsmedizin handelt. Obregón ließ keinen Zweifel daran, dass dieses Geburtsereignis für sie ein Grund zum Feiern ist: „Es kam ein Licht voller Liebe in meine Dunkelheit“, schrieb sie bei Instagram, auf der sie zugleich das exklusive Titelfoto aus „Hola“ mit ihren mehr als eine Million Followern teilte.

Mit Dunkelheit meinte sie ihre letzten drei Jahre, in denen zuerst ihr 27 Jahre alter Sohn, von dessen Vater sie schon jahrelange getrennt lebt, an Krebs starb. Wenig später verschieden Obregóns Eltern, die 95 und 96 Jahre alt wurden. Das Leihmutter-Baby sei nach diesen Schicksalsschlägen ein Hoffnungsstrahl: „Jetzt werde ich nie mehr allein sein“, fuhr Obregón auf Instagram fort. „Ich lebe wieder.“

Doch nicht überall wurde die Freude über den Leihmutter-Nachwuchs der 68-Jährigen, die derzeit alleinstehend ist, geteilt. „Das ist ein Akt des Egoismus“, urteilte zum Beispiel der prominente TV-Journalist Joaquin Prat. „Wenn dieses Kind zehn ist, wird ihre Mutter fast 80 sein“, wetterte die spanische Spitzenathletin Ana Peleteiro, die bei Adoptiveltern aufwuchs und adoptiert ist. „Ana Obregón hat sich ein Mädchen gekauft“, schrieben andere Nutzer empört in den sozialen Netzwerken.

Leihmutterschaft auch in Spanien kein Einzelfall mehr

Auch Spaniens Regierung mischte sich ein: Frauenministerin Irene Montero von der Linkspartei Podemos sagte, dass Leihmütter oftmals in Armut lebten und sich gezwungen sähen, ihren Körper zu verkaufen. Montero: „Das spanische Gesetz bezeichnet deswegen Leihmutterschaften als eine Form der Gewalt gegen Frauen.“ Die sozialdemokratische Erziehungsministerin Pilar Alegría erklärte: „Das Ganze kommt einer Ausbeutung der Frauen gleich.“

Die nationale Tageszeitung „El Mundo“ titelte: „Ana Obregón bricht die Grenzen der Mutterschaft.“ Das Blatt fragte seine Leser: „Ist es ethisch, mit fast 70 Mutter zu werden?“ Als Antwort zitiert die Zeitung den spanischen Bioethik-Professor Benjamín Herreros: „Es liegt auf der Hand, dass es nicht optimal ist, mit 68 Mutter zu werden. Aber es ist zugleich so, dass sich die gesellschaftliche Bewertung dessen, was Mutterschaft und Vaterschaft ist, geändert hat“, sagte er.

Ausländische Leihmütter kommen oft aus den USA und der Ukraine

So dürfen zum Beispiel heute auch gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren, sodass die Kinder zwei Väter oder zwei Mütter haben können. Die von Obregón gewählte Methode, an Nachwuchs zu kommen, ist übrigens in Spanien schon lange kein Einzelfall mehr. Schätzungen zufolge unterschreiben jedes Jahr mehrere Hundert Spanierinnen und Spanier einen Vertrag mit einer ausländischen Leihmutter. Darunter sind Paare und Alleinstehende, Heterosexuelle und Homosexuelle. Meistens leben die Leihmütter in den USA.

Bevor Russlands Angriffskrieg begann, wurden auch viele Leihmütter in der Ukraine unter Vertrag genommen. Obwohl dieses Verfahren in Spanien als illegal gilt, ermöglichen die spanischen Behörden anschließend die Einschreibung ins Familienregister. Der Fall Obregón hat nun dafür gesorgt, dass in Spanien Bewegung in die politische Debatte gekommen ist.

Die konservative Volkspartei, der Chancen eingeräumt werden, in der Wahl Ende des Jahres die Macht zu erobern, regte gerade an, nicht-kommerzielle Leihmutterschaften zu legalisieren. Das wäre ein Modell, wie es etwa in den Niederlanden existiert. Dort ist unter strengen Auflagen erlaubt, dass sich zum Beispiel homosexuelle Paare im Bekanntenkreis eine freiwillige Leihmutter suchen. Dies könnte, so Spaniens Konservative, ein Weg für Spanien sein. Doch die Bedingung sei: „Auf keinen Fall darf es eine finanzielle Gegenleistung geben.“