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Empörung über Urteil in BelgienGynäkologie-Student bekommt keine Strafe für Vergewaltigung, weil er „talentiert“ ist

Lesezeit 3 Minuten
Eine Aufschrift auf dem Boden fordert „Stop Rape Culture“ („Stoppt Vergewaltigungskultur“). (Symbolbild)

Eine Aufschrift auf dem Boden fordert „Stop Rape Culture“ („Stoppt Vergewaltigungskultur“). (Symbolbild)

In Löwen und Gent protestierten hunderte Menschen gegen die Entscheidung des Gerichts. 

In Belgien sorgt eine Gerichtsentscheidung in einem Vergewaltigungsfall für Proteste und Empörung. In den Studierendenvierteln von Gent und Löwen sei es deshalb in den vergangenen Tagen zu Protesten gekommen, berichtete die flämische öffentliche Rundfunkanstalt VRT. Zuvor war ein Medizinstudent nach einer Vergewaltigung an einer Kommilitonin in Löwen von einem belgischen Gericht zwar schuldig gesprochen worden, von einer harten Strafe hatte das Gericht jedoch abgesehen.

Der Gynäkologie-Student soll die Frau demnach bereits im November 2023 vergewaltigt haben. Belgischen Medienberichten zufolge habe sich die Frau in einer Studierendenbar aufgehalten und sich plötzlich benommen gefühlt, das habe ihr Anwalt vor Gericht erklärt. Dann habe sie den nun verurteilten Studierenden getroffen und ihn nach dem Weg gefragt. Statt an der gewünschten Adresse sei die Frau jedoch schließlich in der Wohnung des Kommilitonen gelandet, wo die Tat begangen worden sei.

Belgien: Student bekommt nach Vergewaltigung keine Strafe

Vor Gericht behauptete der Mann schließlich, der Sex sei einvernehmlich passiert. Das Gericht folgte dieser Version nicht und verurteilte den Mann wegen Vergewaltigung. Zur Begründung erklärten die Richter: „Er behauptete, er habe die Studentin beschützt, indem er sie mitnahm, hat dann aber sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen.“ Die Frau sei zudem Zeitpunkt gar nicht mehr in der Lage gewesen, ihre Zustimmung zu geben, hieß es weiter.

Auf eine Strafe verzichtete der vorsitzende Richter dann jedoch – und sorgte damit für Empörung. Der Mann habe zwar unbestreitbar die „Grenzen des Erlaubten“ überschritten und die „Grenzen des Opfers nicht respektiert“, sei aber „noch jung und nicht vorbestraft“, hieß es in der Begründung.

Richter: Angehender Gynäkologe ist „jung“ und „talentiert“

„Außerdem ist er sowohl in seinem beruflichen als auch in seinem privaten Leben ein talentierter und engagierter Mensch“, lautete die Begründung laut „Bild“ weiter. „Indem wir ihn für schuldig befinden, aber nicht bestrafen, wird er sich schuldig fühlen, und es wird verhindert, dass er wieder straffällig wird, ohne dass der Mann sozial beeinträchtigt wird.“

Auch im Strafregister soll die Verurteilung deshalb nicht vermerkt werden, entschied der Richter. Erst, wenn der 24-Jährige wieder eine Straftat begeht, soll er demnach für beide Taten bestraft werden.

„Ihm sollte verboten werden, im Gesundheitswesen zu arbeiten“

In den sozialen Netzwerken entbrannte daraufhin schnell ein Sturm der Entrüstung. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer protestierten dort gegen die Entscheidung des Gerichts. „Ihm sollte verboten werden, jemals im Gesundheitswesen zu arbeiten, insbesondere mit Frauen“, lauteten unter anderem die Forderungen.

In Löwen und Gent gingen zudem hunderte Menschen auf die Straße und protestierten gegen den Verzicht auf eine Strafe für den Studenten. „Was ist mit ihrer Begabung?“ und „End Rape Culture now“ („Beendet die Vergewaltigungskultur jetzt“) stand dort laut VRT auf Plakaten und Schildern geschrieben.

Proteste in Belgien: Youtuber veröffentlicht Namen von Täter

Angeheizt wurden die Proteste laut der Rundfunkanstalt auch, weil ein flämischer Youtuber zuvor den vollen Namen des verurteilten Studenten im Internet veröffentlicht hatte. Die belgische Staatsanwaltschaft leitete demnach mittlerweile Ermittlungen gegen den Youtuber ein.

Während das Gericht keine Einwände gegen eine Gynäkologie-Karriere des Studierenden hatte, zog die Universitätsklinik in Löwen, wo der Mann eine Facharztausbildung absolviert hatte, Konsequenzen aus dem Urteil. Der angehende Gynäkologe sei nach dem Urteil umgehend „vorläufig vom Dienst suspendiert worden“, teilte die Klinik in einer Stellungnahme mit.

Studierende in Löwen starteten unterdessen eine Petition, in der „mehr Sicherheit im Nachtleben“ in der Stadt gefordert wird. Innerhalb kürzester Zeit kamen dafür laut der deutschsprachigen belgischen Tageszeitung „Grenz-Echo“ tausende Unterschriften zusammen. (das)