Eine sehenswerte neue Doku scheint einige Zuschauerinnen und Zuschauer zu verwirren, die auf YouTube Fragen zur Einordnung von Arte stellen.
„Weltstar?“Neue Arte-Doku über Iris Berben wirft Fragen auf
Der deutsche Film hat nicht gerade viele Namen hervorgebracht, die international Karriere gemacht haben. Marlene Dietrich oder Romy Schneider sicherlich, mit Abstrichen Diane Kruger, Nastassja Kinski, Senta Berger oder in der Frühzeit des Kinos vielleicht Luise Rainer, die bis heute einzige deutsche Oscar-Preisträgerin, und das in den 1930er Jahren gleich zweimal hintereinander. Längst vergessen, aber zu ihrer Zeit ein großer Name und das vor allen Dingen in Hollywood.
Iris Berben: Neue Doku von Arte wirbt mit „Weltstar“
Arte bewirbt nun die neue Dokumentation „Iris Berben - ein persönliches Porträt“ der Schauspielerin Iris Berben mit dem Satz „Sie ist die Grande Dame des deutschen und internationalen Kinos, immer auch ein bisschen Rockerbraut, freiheitsliebend, abenteuerlustig, risikofreudig“. Über Letzteres lässt sich trefflich streiten, bei Ersterem stößt man schnell an seine Grenzen. Das finden zumindest dutzende Zuschauerinnen und Zuschauer auf dem offiziellen Arte-Kanal auf YouTube, die den mittlerweile über 20.000 Mal angeklickten Videostream kommentiert haben.
Ihre Begabung und Entwicklung, bis hin zum Wunsch nach einer internationalen Karriere, wird dabei nur von wenigen infrage gestellt. Auch ihr soziales und politisches Engagement wird betont. „Ein bisschen übertrieben das ganze, nur gut vermarktet“, schreibt einer, während der nächste konkreter wird: „Iris Berben ist wohl eher ein Fernsehstar als ein (noch dazu internationaler) Filmstar. Als ‚Grande Dame‘ betitelt könnte ich mir eher Christiane Hörbiger vorstellen, aber niemals die Berben. Auch Hannelore Elsner, die meiner Meinung nach eine bessere Schauspielerin war [...]“.
„Iris Berben - ein persönliches Porträt“ wirft Fragen auf
Ein weiterer Kommentar sieht es ähnlich: „Permanent Superlative. Haltet doch mal den Ball etwas flacher. Ich mag die Berben sehr, als sicherlich gute Schauspielerin und Basta! Immer diese Übertreibungen, die am Ende nur den gegenteiligen Schluss zulassen.“
Auch weitere Kommentare wundern sich, dass Berbens Filmkarriere in der Dokumentation überproportional präsent ist, während ihre beachtlichen Fernseherfolge fast unter den Teppich gekehrt werden. Dass sie vielen vor allem aus den ARD-Comedys „Zwei himmlische Töchter“ und „SketchUp“ oder der Seifenoper „Das Erbe der Guldenburgs“ und der langjährigen ZDF-Krimiserie „Rosa Roth“ bekannt ist, wird nicht weiter thematisiert oder illustriert.
Iris Berben: Große Fernsehschauspielerin, aber keine internationale Kinokarriere
Inzwischen berichtet auch die „Bild“-Zeitung in einem Artikel über „Iris Berben: Mit 14 ‚Miss Internat‘, heute ein Weltstar“ und verweist damit, ähnlich wie die Dokumentation, auf die wenigen internationalen Produktionen, die Berben in ihrer Karriere seit den 60er Jahren hin und wieder gedreht hat. Meist in Nebenrollen, wie zu Beginn ihrer Filmkarriere in dem Italo-Western „Lasst uns töten, Companeros“. Danach gab es wenn überhaupt nur kleinere Rollen im Kino für sie – dafür große im Fernsehen.
In den letzten Jahren war es – auch das würdigt die Arte-Dokumentation zurecht – Sherry Hormann, die Iris Berben in der deutschen Produktion „Anleitung zum Unglücklichsein“ als Geist ihrer eigenen Mutter besetzte und später in dem ZDF-Zweiteiler „Altes Land“ erneut in einer eindrucksvollen, aber vor allem national wahrgenommenen Rolle inszenierte. Oder der dystopische Netflix-Thriller „Paradise“, der allerdings, wenn überhaupt, nur deutsche Sci-Fi-Fans vor die Fernseher lockte.
Viel Lob für den Kinofilm „Triangle of Sadness“
Schließlich eine Art Wende: In der hochgelobten und oscarnominierten Tragikomödie „Triangle of Sadness“ von 2022, der in der Doku ausführlich besprochen wird, weil er unter anderem die Goldene Palme und unzählige andere renommierte Preise gewonnen hat, ist Berben in einer bemerkenswerten Nebenrolle zu sehen. Für ihre einfühlsame Darstellung einer vom Schlaganfall gezeichneten Frau, die nicht mehr sprechen kann, wurde sie von der Kritik gelobt.
Blickt man noch einmal auf die wenigen Namen deutscher Schauspielerinnen, die international Karriere gemacht haben, so fällt schnell auf, dass Berben auch bei den internationalen Auszeichnungen keine vorzuweisen hat. Die bereits genannten Schauspielerinnen von Marlene Dietrich (u. a. eine Oscar-Nominierung) bis Romy Schneider (zweifacher französischer César, Golden-Globe-Nominierung für „Der Kardinal“) wurden dagegen vielfach ausgezeichnet. Auch die heute in Vergessenheit geratenen internationalen Karrieren von Elke Sommer oder Christine Kaufmann – beide mit dem Golden Globe ausgezeichnet – dürften größere Wellen geschlagen haben.
Auf nationaler Ebene hat Berben immerhin die meisten wichtigen Preise gewonnen – von der Goldenen Kamera über das Bundesverdienstkreuz bis zum Bambi. Allerdings, und das wird schnell klar, kaum für ihre Arbeit im Kino, sondern für ihr vielseitiges Schaffen im Fernsehen und ihr soziales Engagement.