Schauspieler Fahri Yardim spricht im dritten Teil der „Guardians of the Galaxy 3“ den Waschbär Rocket. Im Interview verrät er, warum er dem Waschbären seine zweite Jungfräulichkeit verdankt.
Interview mit Fahri Yardim„Ich hatte wahnsinnig dumme Katzen, aber auch sehr intelligente“
Im Kino fliegen die „Guardians of the Galaxy“ wieder über die Leinwand. Im kunterbunten Superhelden-Universum der Marvel-Filme sind sie die verrücktesten. Zur Besatzung ihres Raumschiffs zählt auch en eine wandelnde Pflanze und der sprechende Waschbär Rocket. Ihm leiht schon seit dem ersten Teil der Reihe Schauspieler Fahri Yardim seine Stimme. Im Interview mit Daniel Benedict verrät der Schauspieler, warum er dem Waschbären seine zweite Jungfräulichkeit verdankt, und trauert um die toten Tiere seiner Kindheit. Daniel Benedict hat vor dem Filmstart von „Guardians of the Galaxy, Volume 3“ mit dem 42-Jährigen über lebendige Waschbären und tote Haustiere gesprochen.
Herr Yardim, bei den „Guardians of the Galaxy“ sprechen Sie den Waschbären Rocket. In „Pets“ war es ein Kaninchen. Haben Sie selbst Tiere oder zumindest als Kind mal welche gehabt?
Ich habe eine lange Tradition mit Katzen, vier Generationen in Folge. Mindestens ein Weibchen haben wir immer behalten. Leider wurden sie alle totgefahren; insofern ist mein Verhältnis zu Haustieren ambivalent. Was auffiel: Wie viele Persönlichkeiten eine Spezies wie die Katze so hervorbringt. Ich hatte wahnsinnig dumme Katzen, aber auch sehr intelligente.
Jetzt möchte ich natürlich gern eine Dumme-Katzen-Anekdote hören.
Krischan war per se dumm. Er hat nichts dazu gelernt. Nur den Stillstand. Zumindest bei uns galt damals: Männliche Katzen sind nicht die hellsten Pfoten auf der Torte. Shushu dagegen hat uns Menschen beobachtet und präzise nachgeahmt: Türen aufmachen zum Beispiel. Jagen konnte sie vortrefflich. Trotz Glöckchen. Die armen Vögel. Krischans einziges und letztes Talent dagegen war es, im schlechtesten aller Momente stehen zu bleiben. Armer Krischan.
Waren das Ihre einzigen Tiere?
Einen Goldfisch hatte ich auch; aber ich denke nicht gern daran. Er war in einem runden Glas ohne Filter und Sauerstoffpumpe. Reine Tierquälerei. Auch wenn ich das erst begriffen habe, als der Fisch aus dem Becken gesprungen ist. Wie tragisch muss es für einen Fisch sein, der sich sagt: „Ich springe lieber raus und hoffe dort auf Sauerstoff“. Ich habe ihn dann noch mit dem Bobbycar überfahren. Danach habe ich geweint und ihn ins Regal gestellt. Als er gestunken hat, hat mein Vater ihn entsorgt. Zum Ausgleich habe ich mich später für Wale eingesetzt.
Der neue „Guardians“-Film macht Ihren Waschbären Rocket zur Hauptfigur und für den Regisseur war er das angeblich schon seit Teil 1. Wann haben Sie begriffen, dass sich alles um Sie dreht?
Ich habe mich natürlich schon immer mit dieser kleinen Kratzbürste identifiziert. Aber irgendwann habe ich gemerkt: Da draußen wabert eine besondere Liebe für diese Figur herum. Es gibt in uns allen eine Zuneigung zum Abgründigen. Und Rocket spricht das an.
Rocket bekommt diesmal eine Vorgeschichte. Hätten Sie den Waschbären früher anders gesprochen, wenn Sie über alles Bescheid gewusst hätten?
Absolut! Mein ganzes Leben wäre anders verlaufen! Obwohl, es stand immer im Raum, dass Rocket eine schlimme Vergangenheit hat. Jetzt ist es raus. Und in der Sprecherkabine durfte ich dann die Achterbahnfahrt der Emotionen fahren.
Wenn Sie in dieser Kabine die 250-Millionen-Dollar-Bilder sehen – sind Sie dann neidisch, dass ein Waschbär das alles erleben darf und Sie ihn nur synchronisieren?
Es klingt jetzt vielleicht aufgeräumter, als ich bin, aber so schaue ich nicht auf die Welt. Ich bin einfach froh über meine Rolle. Und darüber, überhaupt ein Teil der ganzen Marvel-Welt zu sein.
Was macht am meisten Spaß beim Sprechen?
Am schönsten ist, dass ich es nicht besonders gut kann. Ich bin kein professioneller Sprecher. In der Synchronkabine bin ich aufgeregter als am Set. Mit über 40 Jahren habe ich mich in den meisten Lebensbereichen routiniert eingerichtet. Aber beim Sprechen lerne ich alles neu, und im Anfänglichen liegt Euphorie. Endlich wieder Jungfrau!
Was mussten Sie in den Jahren mit Rocket lernen?
Timing. Eine animierte Figur zu sprechen, ist sehr rhythmisch. Da kommt der erste Teil des Satzes schnell, dann bremst du ab, dann gibt es einen Bruch, dann folgt ein Einatmer, dann die Explosion: All diese technischen Wechsel unterbringen und trotzdem lebendig bleiben – das ist eine eigene Kunst.
Kann man sich von der Perfektion einer animierten Figur als Schauspieler was abgucken?
Ich halte Rocket nicht für perfekt, sondern eigentlich für sehr menschlich. Ich habe geweint, als ich den Film gesehen habe. Weil die Bilder aus Rockets Vergangenheit berührend sind. Gleichzeitig war es verwunderlich, dass zwei Waschbäraugen mich so kriegen können. Mehr als einiges an menschlichem Schauspiel, das ich schon gesehen habe.
In Deutschland leben inzwischen echte Waschbären. Haben Sie schon einen gesehen? Oder sich im Zoo auf die Rolle vorbereitet?
Nein, ich habe einfach drauflos gespielt. Das einzige, was ich von Waschbären glaubte zu wissen: Es sind knuddelige Kerle, die artig ihre Äpfel waschen. Inzwischen habe ich erfahren, dass sogar das falsch ist. Sie waschen gar nicht ihre Äpfel, sondern sich selbst, und heißen deshalb so.
Interview: Daniel Benedict