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Experte im Interview„Der Mond könnte als Zwischenstation genutzt werden“

Lesezeit 3 Minuten
Am Himmel ist eine partielle Mondfinsternis zu sehen.

Der Mond als Ziel: Warum gelingt oft nicht, was vor 50 Jahren funktionierte?

Ulrich Köhler, Planetengeologe am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof,ist seit 30 Jahren für das DLR tätig. Mit Landungen auf dem Mars rechnet er zeitnah nicht.

Lange hörte man wenig von der Mondforschung, nun verfolgen gleich mehrere Nationen das Ziel der Mondlandung. Warum?

Auf dem Mond kann man vieles zunächst testen, das für die weitere Raumfahrt nutzbar ist. Insbesondere, wenn es um Robotik geht, kostet das nicht die Welt – ganz anders, als wenn Astronauten ins Weltall geschickt werden, die man ja auch lebend zurückholen möchte, das ist wesentlich teurer. Außerdem gibt es Überlegungen, den Mond als Zwischenstation zu nutzen, auf der man nachtanken und von dort zum Mars weiterfliegen kann. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Krater am Südpol des Mondes, da sie Wassereis enthalten, das sich aufspalten lässt in Sauerstoff und Wasserstoff. Sie kennen vielleicht noch aus dem Chemieunterricht den Knallgas-Effekt: So ist es auch hier, mit der Aufspaltung entsteht Treibstoff, den man nutzen kann. Das ist allerdings eine sehr langfristige Vision. Offiziell hat bislang niemand ein wirkliches Programm dafür, sonst müssten riesige Geldbeträge zur Verfügung gestellt werden, was bislang in keinem Land der Fall ist.

Aus der Apollozeit sind viele Fragen offen geblieben, teilweise sehr detailliert und für die Forschung wichtig. Der Mond sieht aus wie vor drei, vier Milliarden Jahren. Auf der Erde hat sich seither vieles verändert, zum Beispiel durch die Plattentektonik und die Ozeane. Insofern ist der Mond für uns ein Fenster in die Vergangenheit.

Ist das Interesse am Blick durch dieses Fenster rein wissenschaftlicher Natur oder kann man aus den Erkenntnissen auch Nutzen für das Leben auf der Erde ableiten?

Der direkte Nutzen ist relativ gering, es gibt aber einen indirekten. Raumfahrt zwingt zum Beispiel zu einer sehr sicheren Technik und zu Miniaturisierung, da alles klein sein muss, um transportiert werden zu können. Ohne die Raumfahrt wären vermutlich unsere Mobiltelefone heute nicht so winzig.

Ulrich Köhler, Planetengeologe am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof und seit über 30 Jahren für das DLR tätig.

Ulrich Köhler, Planetengeologe am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof und seit über 30 Jahren für das DLR tätig.

Unter US-amerikanischen Unternehmern gibt es eine Debatte um „Space Mining“, also den Abbau von Rohstoffen im All. Wie realistisch ist dieses Goldgräbertum?

Das ist sehr, sehr weit weg. Wenn man mal ein Bergwerk anschaut, stellt man fest: Das ist ein sehr grobes Gewerke, für das riesige Maschinen erforderlich sind, zumindest nach heutigem Stand. Ein solcher Abbau ist schwer vorstellbar, und der Transport von Rohstoffen zur Erde ist realitätsfern, dafür sind sie viel zu schwer. Es ist wesentlich sinnvoller, die Rohstoffe zu recyceln, die man auf der Erde hat. Bei Asteroiden ist es schon etwas anderes. Meist sind Asteroide zwar Gesteinskörper, aber einige von ihnen sind sehr metallreich. Der Asteroid Psyche beispielsweise besteht zu zwei Dritteln aus Metallen. Luxemburg beschäftigt sich mit einem solchen Abbau, aber es ist schwer vorstellbar, dass er in diesem Jahrhundert noch gelingt.

Spielen militärische Erwägungen bei den Mondmissionen eine Rolle?

Militärischen Nutzen gibt es direkt nicht, aber einen Imagegewinn. Wenn aufstrebende Nationen zum Mond fliegen und von dort Proben mitbringen können, dann zeigen sie, dass sie über die Technologie verfügen, mit führenden Nationen mitzuhalten. Von einem Wettrennen wie in den 60er Jahren sind wir aber weit entfernt.

Ist die kostspielige Investition in die Raumfahrt angesichts zahlreicher Probleme, die es auf der Welt zu lösen gilt, eigentlich noch sinnvoll und zu verantworten?

Die astronautische Raumfahrt und die Erforschung unseres Sonnensystems, die der Frage nach möglichem Leben woanders nachgeht, entspricht unserer Neugier: So sind Menschen eben, und sie machen, was sie machen können. Die technische Seite der Raumfahrt wird kommerziell zum Beispiel fürs Fernsehen und die Telekommunikation genutzt: Unsere Welt ist heute kaum noch ohne diese beiden vorstellbar. Wissenschaftlichen Nutzen bringt die Beobachtung der Erde, vieles über den Klimawandel wüssten wir heute ohne die Raumfahrt nicht. In den USA geht man davon aus, dass jeder Dollar, der in die Raumfahrt investiert wird, zwei Dollar zurückspielt. Ob diese Zahl genau stimmt, kann ich nicht bestätigen, aber man kann schon davon ausgehen, dass der gesellschaftliche Nutzen der Raumfahrt ihre Kosten rechtfertigt.