Hart, aber unfairARD-Talker Frank Plasberg unter Lobbyismus-Verdacht

In der Kritik: TV-Moderator Frank Plasberg und Ehefrau Anne Gesthuysen.
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Köln – Der Faktencheck ist sein gefürchteter Lügendetektor, das verschärfte Kreuzverhör die Technik, die zur Wahrheit führt, sein Leitspruch: "Jeder wird so lange Auskunft geben müssen, bis die Frage wirklich beantwortet ist." Frank Plasberg, die Nummer eins der Investigativ-Talker im deutschen Fernsehen, müsste sich bei seiner nächsten Sendung am 31. August selbst auf die rote ARD-Strafbank von "Hart aber fair" einladen, sich peinlicher Befragung und dem Faktencheck aussetzen. Denn seine Produktionsfirma Ansager & Schnipselmann (A&S) hat getan, was Plasberg gewöhnlich geißelt: die Grenzen zwischen öffentlich-rechtlichem Handeln, in diesem Fall journalistischer Arbeit, und privatwirtschaftlichem Interesse hat sie verwischt. Lobbyismus nennt man das.
Im Moment macht die Montagsabends-Inquisition "Hart aber fair" Urlaub, wünscht ihren Zuschauern bis zum 31. August "einen schönen Sommer". Zeit für die Daheimgebliebenen, die Fakten zu sammeln und zu sichten. Plasbergs Firma A&S hat Gäste für eine Podiumsdiskussion im November anlässlich des Versicherungstags des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft in Berlin eingeladen. Unterschrieben wurde der Brief vom Chef vom Dienst der Sendung "Hart aber fair" - mit Nennung ebendieses Sendungstitels ("Hart aber fair - wenn Politik auf Wirklichkeit trifft"). Teil zwei des Auftrags: die Produktion eines Themenfilms.
Die Produktionsfirma einer Sendung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bringt sich in verdächtige Nähe zu einem PR-Termin der Versicherungslobby. Nicht so schlimm, möchte man meinen. Aber doch schlimm genug für einen unerbittlich harten Fairness-Kämpfer wie Plasberg.
Ein Geschmäckle bekommt die ganze Geschichte mit der nächsten Wendung: Der Versicherungs-Talk soll von Plasbergs Gattin Anne Gesthuysen moderiert werden. Ist das nicht vielleicht doch zu viel des Guten?
Schlechtes Timing
Unterdessen bemüht sich der WDR, die von der Bild am Sonntag auf Seite eins gesetzte Plasberg-Affäre im Rahmen zu halten. "Der WDR hat A&S darauf hingewiesen, dass dies nicht zulässig ist und künftig zu unterbleiben hat", erklärt der Kölner Sender. Und Plasbergs Mit-Geschäftsführer Jürgen Schulte streut Asche auf sein Haupt: "Dass ein Kollege der 'Hart aber fair'-Redaktion, die zur Zeit im Sommerurlaub ist, mit 'Hart aber fair' statt mit Ansager & Schnipselmann gezeichnet hat, war ein Fehler."
Die Lobby-Affäre kommt für Plasberg zur Unzeit. Gerade hat er sich nach Ankündigung von Günther Jauchs Rückzug von der Sonntagabends-Talkrunde der Nation durch die Blume selbst als Nachfolger empfohlen. Dabei im "Spiegel" unfreundliche Dinge über Jauch gesagt - "du kannst nicht der gefühlte Bundespräsident sein und ein kantiger ernster Journalist" -, die ihm jetzt auf die Füße fallen. Auf Jauch gemünzte Sprüche wie "diese Reflexe, dieser Dackelblick, dem kann keiner böse sein" zeugen von einer gewissen Überheblichkeit.
Plasbergs Gattin, die ehemalige Moderatorin des ARD-"Morgenmagazins", sieht ihren Einsatz für die Versicherungslobby völlig unproblematisch: Da sie seit Anfang 2015 nicht mehr für ARD arbeite, gebe es hier auch "keinerlei Interessenkonflikte", sagte Anne Gesthuysen.
Die Affäre Plasberg hat einen interessanten Hintergrund. Viele Moderatoren im öffentlich-rechtlichen Fernsehen produzieren ihre Shows im Auftrag der Sender selbst. Die Produktionsfirmen werden von den Sendern bezahlt. Sie sind aber eben nicht exklusiv für ARD, ZDF & Co. tätig, sondern auch noch auf dem freien Markt unterwegs. Ein weites Feld möglicher Interessenkonflikte. Und ein tolles Thema für "Hart aber fair".