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Feuerwehrchef ist fassungslosGriechenland: „Schlimmster Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen“

Lesezeit 4 Minuten
Griechenland, Kirkis: Ein Feuerwehrmann zieht einen Wasserschlauch bei Löscharbeiten während der Waldbrände.

Mehrere europäische Länder, unter anderem auch Deutschland, unterstützten an diesem Mittwoch Hunderte von Feuerwehrleuten bei der Bekämpfung der seit Tagen wütenden Waldbrände.

Es ist, als ob das ganze Land im Feuerqualm erstickt: Die Brände und die Evakuierungen von Dörfern und Siedlungen in Griechenland dauern an.

Feuerwehrchef Giorgos Pournaras ist vor laufenden Kameras sichtlich fassungslos. „In 32 Jahren meiner beruflichen Karriere habe ich so etwas noch nie erlebt“, sagte er am Mittwoch angesichts der zahlreichen großen Brandherde, die in vielen Regionen Griechenlands Verwüstung anrichten und längst noch nicht unter Kontrolle sind. Auch Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias pflichtete auf einer Pressekonferenz bei: „Es ist der schlimmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen.“

Feuerfront im Nordosten Griechenlands breitet sich weiter aus

Erneut sind am Mittwoch Millionen Griechen und Touristen in einer Art Vorhölle aufgewacht: Diesige, verqualmte Luft noch Hunderte Kilometer von den Bränden entfernt, ein von Rauchschwaden verdeckter Himmel und die Sonne lediglich als kleiner leuchtender Punkt am Horizont erwarteten sie.

Den fünften Tag in Folge kämpft das Land gegen gewaltige Vegetationsbrände. Vor allem die Feuerfronten im Nordosten breiteten sich noch weiter aus, aber auch nahe Athen kämpften Feuerwehr und Freiwillige verzweifelt gegen die Flammen an.

Wo Menschen Urlaub machen und die Sommerzeit genießen wollen, hat sich die Luftqualität in den vergangenen Tagen massiv verschlechtert. Auf vielen Urlaubsinseln trotzten die Touristen dem Qualm, gingen an den Strand, in die Taverne oder mit einem Ausflugsboot auf Fahrt. Ein ungutes Gefühl angesichts der diesigen Atmosphäre und des Gestanks nach Rauch und Feuer jedoch blieb bei fast jedem haften - so wie der Rauchgeruch an den Kleidern.

Laut Zeitung waren bis zu 80 Prozent Griechenlands mit Rauch bedeckt

Der Zeitung „Kathimerini“ zufolge sollen zwischenzeitlich bis zu 80 Prozent der Fläche Griechenlands von Rauchwolken bedeckt gewesen sein. Das Problem betreffe fast das ganze Land, sagte Nikos Michalopoulos vom Nationalen Observatorium Athen der Zeitung.

Laut Wetterdienst zog der Rauch vom Nationalpark Dadia im Nordosten des Landes mehr als 950 Kilometer weit bis zum Ionischen Meer. Er bedeckte demnach eine Fläche von rund 110 000 Quadratkilometern, was rund 80 Prozent des griechischen Territoriums entspricht.

Partikel in Stadt Alexandroupolis werden als schädlich eingestuft

„Es ist einer der beeindruckendsten Rauchtransporte, die wir in den letzten Jahren gesehen haben“, sagte der Direktor des Nationalen Observatoriums von Athen, Kostas Lagouvardos. Der griechische Verband der Pneumologen empfahl den Menschen, sich so weit wie möglich in Innenräumen aufzuhalten und Fenster und Türen geschlossen zu lassen.

Konkret wurden am Dienstag etwa in der von Bränden fast umzingelten Stadt Alexandroupolis zwischenzeitlich Werte von 106 Mikrogramm Feinstaub der Größenkategorie PM2.5 (Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer) pro Kubikmeter Luft gemessen.

Gerade solche kleinen Partikel gelten als schädlich und als Verursacher von Schlaganfällen, Krebs und Atemwegserkrankungen. Sie können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen.

Über Athen gibt es massive Lufteinsätze

In der Hauptstadt Athen blieb die Lage angespannt; unter anderem brannte es nordwestlich am Gebirge Parnitha. Dort kämpfte die Feuerwehr die ganze Nacht, um das Übergreifen der Flammen auf die Berge zu verhindern. Parnitha gilt als grüne Lunge Athens und ist außerdem Nationalparkgebiet.

Es gab massive Einsätze aus der Luft: Sieben Löschflieger und acht Hubschrauber flogen am Mittwoch, darunter zwei deutschen Fliegern, die im Rahmen des Katastrophenschutz-Mechanismus der EU in Griechenland sind.

Insgesamt brannte es am Mittwoch an mindestens 15 großen oder größeren Fronten, wie Satellitenbilder zeigten. Zahllose Dörfer und Siedlungen, aber auch Altenheime, ein Flüchtlingslager und ein Kinderheim wurden vorsorglich evakuiert.

Bevölkerung diskutiert über mögliche Brandstiftung

In der Bevölkerung wird derweil die Diskussion über Brandstifter immer lauter. Es könne nicht sein, dass ausgerechnet bei perfekten Bedingungen für schlimme Waldbrände so viele Feuer ausbrächen, ist die einhellige Meinung. Die Suche nach Tätern jedoch gestaltet sich schwierig, zumal es zunächst meist in unwegsamem Gelände brennt, wo sich Brandstifter schnell unerkannt aus dem Staub machen können.

Immerhin: Erst Anfang August hatte Bürgerschutzminister Kikilias angekündigt, die Strafen drastisch zu verschärfen. Sah das Gesetz bislang geringe Strafen von 300 bis maximal 5000 Euro vor, sollen nun in schweren Fällen 30.000 Euro fällig werden, bei Wiederholungstätern soll sich der Betrag verdoppeln. Außerdem könnten dem Betreffenden die Kosten für den Feuerwehreinsatz in Rechnung gestellt werden.

Fachleute schließen Brandstiftung nicht aus

Dass vielfach Brandstiftung im Spiel ist, steht für Fachleute außer Frage - so wie in den Wäldern von Dadia, wo am Montag binnen zwei Stunden zwölf Brände ausbrachen. Häufig werden Feuer aber auch fahrlässig verursacht, etwa wenn Menschen trotz starkem Wind und großer Trockenheit Gartenabfälle verbrennen, grillen oder schweißen und schleifen, so dass Funken entstehen, die Feuer entfachen.

Vor solchen Aktionen warnt der Zivilschutz, der täglich die Prognose der Waldbrandgefahr veröffentlicht. Für Donnerstag sieht die Landkarte der Behörde weitaus besser aus als noch zu Wochenbeginn, weil der starke Sommerwind namens Meltemi leicht nachlassen soll.

Er hatte die Flammen bislang vielerorts enorm angefacht. Nichtsdestotrotz bleibt die Gefahr örtlich weiterhin „hoch“ bis „sehr hoch“. Die Meteorologen sagen bis zum Ende der Woche immer noch Windgeschwindigkeiten um die 50 Kilometer pro Stunde voraus. (dpa)