Im Prozess um Gil Ofarim kam es überraschend zur Wende: Der Musiker räumte die Vorwürfe ein, der Prozess wird gegen Auflagen eingestellt.
Brisantes Gutachten zu Davidstern-KetteWende im Gil-Ofarim-Prozess – Musiker legt überraschend Geständnis ab
Das Verfahren gegen den jüdischen Musiker Gil Ofarim wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung ist nach dessen überraschendem Geständnis eingestellt worden. Der 41-Jährige muss einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro zahlen, sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht Leipzig am Dienstag.
Zuvor hatte der Musiker am 6. Verhandlungstag eingeräumt, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. „Die Vorwürfe treffen zu“, sagte er sichtlich bewegt im Gerichtssaal. Zu dem Hotelmanager, der als Nebenkläger auftritt, sagte er: „Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir leid.“
„Die Kammer ist davon überzeugt, dass das heutige Geständnis des Angeklagten der Wahrheit entspricht“, sagte der Vorsitzende Richter, Andreas Stadler. Der Angeklagte und der Nebenkläger hätten sich geeinigt, der Weg der Schadenswiedergutmachung wurde eingeschlagen und die Verbindlichkeit des Rechts gewährleistet. Der gute Ruf des Hotelmanagers sei wieder hergestellt.
Gil Ofarim: 150-seitiges Dokument aus Video-Bildern soll Aufschluss geben
Zuvor hatte ein neues Gerichtsdokument Wirbel in die Gerichtsverhandlung bringen können. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ hatte am Dienstagmorgen Auszüge aus einem 150-seitigen Gerichtsgutachten veröffentlicht, das möglicherweise die Antisemitismus-Vorwürfe des jüdischen Musikers entkräftet.
Darum ging es: In dem Prozess sollte geklärt werden, ob es bei einem Hotel-Besuch des Musikers zu einer Ungleichbehandlung mutmaßlich aus antisemitischen Beweggründen kam oder ob dieser gelogen hat. Ofarim hatte im Oktober 2021 in einem viralen Video Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Leipziger Hotel erhoben. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hatte sich der Vorfall aber nicht so zugetragen, es folgte eine Anklage wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung. Nun gibt es Klarheit: Der Prozess wird gegen Auflagen eingestellt.
Für das neue große Gerichtsgutachten, das „Focus“ vorliegt, wertete ein Digital-Forensiker offenbar Aufnahmen einer Videokamera aus der Hotellobby aus. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass der Vorfall anders abgelaufen ist, als Ofarim zunächst in seinem anklagenden Video geschildert hatte.
Ein wichtiges Puzzlestück war dabei eine Kette mit einem Davidstern-Anhänger. Ofarim hatte ursprünglich geschildert, dass von ihm verlangt wurde, dass er die Davidstern-Kette ablegen soll. Der jüdische Musiker erkannte darin Antisemitismus. Laut Gerichtsgutachten sei auf den Bildern der Überwachungskamera aber überhaupt keine Kette mit Davidstern-Anhänger erkennbar. Sollte sich dies im Prozess am Landgericht Leipzig bewahrheiten, wäre eine massive Stütze für Ofarim Argumentation weggebrochen.
Prozess gegen Gil Ofarim: Zeugin Jeanette Biedermann wird nicht mehr aussagen
Geladen im Prozess war auch die Sängerin und Schauspielerin Jeanette Biedermann. Anders als zunächst erwartet, sagte sie im Prozess um Gil Ofarim aber nicht am Dienstag (28. November) aus. Das Gericht hatte die Zeugin auf den 7. Dezember umgeladen, bestätigte ein Gerichtssprecher am Dienstagmorgen. Auch die Aussage des Musikers Gregor Meyle ist auf diesen Termin verlegt worden.
Biedermann und Meyle waren nach Angaben eines Gerichtssprechers zwar nicht in dem Hotel, sollen aber wenig später Kontakt mit Ofarim gehabt haben. Beide hatten die TV-Show moderiert, zu deren Aufzeichnung Ofarim am 4. Oktober 2021 in Leipzig war. Im Anschluss hatte sich der angebliche antisemitische Vorfall im Hotel ereignet. Beiden werden nach der Einstellung des Prozesses nicht mehr angehört. (mab mit dpa/afp)