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Frostbeulen, bissig und immer in unserer Nähe?Fünf Mythen über unsere Hausspinnen

Lesezeit 3 Minuten
Kleine Wassertröpfchen vom Morgentau glitzern an den Fäden eines Spinnennetzes.

Kleine Wassertröpfchen vom Morgentau glitzern an den Fäden eines Spinnennetzes.

Sind Spinnen gefährlich und stammt die Nosferatu wirklich von außerhalb Europas? Experten räumen mit Vorurteilen und Mythen über die Achtbeiner auf

Im Spätsommer sieht man sie wirklich überall: Spinnennetze, die im Sonnenlicht glitzern. Der Arachnologe Hubert Höfer vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe weiß, warum uns die Tiere erst jetzt auffallen: „Weil die meisten als Ei oder kleine Spinnen überwintern und erst im Laufe des Jahres so groß werden, dass sie auch Nicht-Spinnenfreunden auffallen. Ein gutes Beispiel ist die Wespenspinne Argiope bruennichi, aber auch die Gartenkreuzspinne Araneus diadematus.“

Mythos 1: Aufwärmen

Viele glauben, dass die Spinnen im Spätsommer und Herbst ins Haus kommen, weil es ihnen draußen zu kalt wird. Das hört sich zwar logisch an, stimmt so aber nicht, sagt Rod Crawford, Spinnen-Experte und Kurator beim Burke-Museum für Naturgeschichte und Völkerkunde in Seattle. Doch warum sieht man die Spinnen denn dann vor allem ab August vermehrt in den Häusern umherlaufen? „Die Menschen können sich nicht vorstellen, dass diese Spinnen 365 Tage im Jahr in ihrem Haus leben. Aber genau das ist der Fall. Aus diesem Grund nennen wir sie ja auch Hausspinnen. Sie sind bestens an ein Leben im Haus angepasst.Die Spinnen, die draußen vorkommen, sind in der Regel andere Arten.“

Dass wir die Spinnen vor allem im Herbst im Haus zu Gesicht bekommen, hat dann auch einen ganz anderen Grund, weiß Crawford. „Die Spinnen, die wir im Spätsommer im Haus sehen, sind männliche Tiere, die ihr Versteck verlassen, um sich auf die Suche nach weiblichen Tieren für eine Paarung zu machen.“ Also Achtbeiner auf Freiersfüßen sozusagen.

Mythos 2: Einwanderer

In den Sozialen Netzwerken ist immer wieder die Rede davon, dass Ammendornfinger, Nosferatu-Spinne und Falsche Schwarze Witwe jetzt angeblich nach Europa einwandern würden. Diese Arten sind in Europa allerdings längst alte Bekannte, erläutert der Karlsruher Spinnen-Experte Hubert Höfer: „Der Ammendornfinger Cheiracanthium punctorium ist kein Neobiot, eigentlich auch die Nosferatu-Spinne Zoropsis spinimana nicht. Und auch die Falsche Schwarze Witwe Steatoda paykulliana ist eine europäische Art. Ein Neobiot ist dagegen der Hausdornfinger Cheiracanthium mildei.“ Allerdings ist es in der Tat so, dass einige Arten im Zuge des Klimawandels immer weiter nach Norden vordringen.

Mythos 3: Gefährlich

Spinnen sind gefährlich, denn sie können beißen. „Im Grunde können alle großen einheimischen Spinnen die menschliche Haut durchdringen, wie etwa die Große Hauswinkelspinne oder manche Plattbauchspinnen“, sagt Dr. Jason Dunlop, Spinnen-Experte und Kurator der Sammlung Arachnida und Myriapoda beim Museum für Naturkunde in Berlin. „Die meisten Spinnen im deutschsprachigen Raum sind aber völlig harmlos und beißen nur aus Notwehr, wenn sie nicht weglaufen können, beispielsweise wenn sie sich in der Kleidung verfangen haben.“

Mythos 4: Nur einen Meter

Der Volksmund meint: Die nächste Spinne ist nur einen Meter entfernt. Doch auch das ist nur ein Mythos, sagt der amerikanische Spinnen-Experte Rod Crawford. „Wie weit entfernt die nächste Spinne sitzt, hängt davon ab, wo man sich gerade befindet. Wer auf einer üppigen grünen Wiese steht, kann davon ausgehen, dass kleine Spinnen schon unter seinem Schuh sitzen und andere gerade einmal drei Zentimeter vom Fuß entfernt.“

Andererseits finden sich Spinnen auf asphaltierten Flächen oder Straßen natürlich deutlich seltener als auf Grünflächen.

Mit einem Augenzwinkern ergänzt dann auch der Spinnen-Experte des Burke-Museums: „Wenn Sie als Passagier in einem Flugzeug mitfliegen ... kann es sein, dass Sie kilometerweit von der nächsten Spinne entfernt sind.“