Fahrlehrer beobachten weniger Konzentrationsfähigkeit – werden Schummler zu wenig wirkungsvoll verfolgt? Ein Fahrlehrer spricht im Rundschau-Interview über die Herausforderungen.
Fahrlehrer aus seinem Alltag„Die Führerschein-Prüfung wird immer schwieriger“

„Nicht bestanden“ steht auf dem Monitor eines Prüfers, der theoretische Führerscheinprüungen abnimmt.
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Immer mehr Menschen bestehen die theoretische und die praktische Prüfung für den Führerschein nicht. Fahrlehrer Kurt Bartels erzählt im Interview mit Frank Überall, woran das liegt, was sich im Laufe der Jahre geändert hat und was verbessert werden sollte.
Spüren Sie in der Praxis auch, dass Fahrschüler immer häufiger durch die Prüfung fallen?
Absolut. Die Quote derer, die die theoretische und die praktische Prüfung nicht bestehen, ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen.
Woran liegt das?
Da muss man unterscheiden. Die größte Herausforderung sind diejenigen, die aus dem Ausland kommen. Da scheitert das Bestehen der theoretischen Prüfung oft schon an der Sprache, auch wenn sie in vielen Fällen in der Muttersprache abgelegt werden darf. Deutlich besser ist die Situation bei den 17-Jährigen, die ihre Prüfung ablegen und dann meist zunächst von den Eltern begleitet fahren wollen. Da stecken dann die Eltern dahinter und machen Druck. Das merken wir, weil diese Gruppe so hoch motiviert ist. Trotzdem fallen auch bei denen viele durch die Prüfung.
Und bei der praktischen Prüfung?
Die ist viel schwieriger geworden. Früher musste eine Prüfungsfahrt nur eine halbe Stunde dauern, heute fast doppelt so lang. Da kann man natürlich auch mehr Fehler machen. Gerade für junge Leute ist es eine echte Herausforderung, sich nicht nur ein paar Minuten lang, sondern eine ganze Stunde hoch zu konzentrieren.
Lernen die Fahrschüler einfach zu wenig?
Auch das kommt vor. Zahlend des Verbands der Technischen Überwachungsvereine zeigen, dass die meisten durchfallen, wenn sie zum ersten Mal zur Theorie-Prüfung antreten. Wenn sie dann durchgefallen sind und zum zweiten Mal antreten, bestehen 85 Prozent. Manche gehen da offenbar ziemlich sorglos in den ersten Versuch.
Könnte darauf bei der Ausbildung in den Fahrschulen nicht besser vorbereitet werden?
Das versuchen wir ja. Wir haben zu kontrollieren, ob jemand bereit ist für Prüfungen. In der Regel wird das mit einem Vortest gemacht. Manche nehmen das auf die leichte Schulter. Andere werden von ihren Eltern getrieben, die Prüfung möglichst schnell abzulegen. Da muss der eine oder andere erstmal auf die Nase fallen, um dann wirklich zu lernen…
Aber es liegt nicht alleine an den Fahrschülern?
Nein, der Katalog der Prüfungsfragen ist in den letzten Jahren enorm angewachsen. Früher waren es mal 500 Fragen, inzwischen sind es gut 1.200. Die neuen Themengebiete reichen vom Verhalten in Fahrradstraßen bis zu Besonderheiten von Elektroautos. Wir brauchen dringend eine Diskussion über die Ausgestaltung der theoretischen Prüfung – so ist das kaum zu bewältigen!
Früher musste man noch auf Papierbögen lernen, heute geht das mit Onlineprogrammen oder Apps. Das ist doch eine enorme Erleichterung?
Digital zu lernen ist auch mit einer hohen Selbstverantwortung verbunden. Die meisten Programme konzentrieren sich darauf, immer wieder das abzufragen, was man zuvor falsch beantwortet hatte. Darüber werden dann oft die Prüfungsfragen vergessen, die man im ersten Anlauf richtig hatte. Deshalb kann ich nur empfehlen, vor der offiziellen Prüfung eine Simulation an der Fahrschule zu machen. Und das ernst zu nehmen.
Haben Sie da andere Erfahrungen gemacht?
Das ist schon eine leidige Erfahrung, die wir da machen: Wenn das nicht vor Ort in der Fahrschule, sondern online stattfindet, erleben wir immer wieder, dass Teilnehmer die Prüfungen vorab glänzend bestehen, später aber doch durchfallen. Ich nehme an, dass sie die Vorprüfung einfach nicht selbst gemacht haben.
Das kann bei der amtlichen Prüfung theoretisch doch auch passieren?
Es wird durchaus versucht, Fremde mit dem eigenen Personalausweis in die Prüfung zu schicken. Das passiert aber nur in weniger als einem Prozent der Fälle – wenngleich diese Zahl nur Auskunft über diejenigen gibt, die erwischt werden. Ein weiteres Problem ist es, wenn zur Prüfung eine Kamera mit Kopfhörer mitgebracht wird und man sich digital von außen die Lösungen vorsagen lässt. Wir sind darüber unglücklich, denn es geht um die Verkehrssicherheit.
Sind die Strafen, die bei solchen Fällen zu erwarten sind, nicht abschreckend genug?
Gerade beim Einsatz von Kameras eben nicht. Da werden wir Fahrlehrer ziemlich im Regen stehen gelassen. Die Staatsanwaltschaften leiten in solchen Fällen zwar Ermittlungen ein, die Gerichte beschäftigen sich aber viel zu wenig damit. Wir appellieren an die Justiz, das Problem endlich ernst zu nehmen.
Wie teuer ist denn heute ein Führerschein?
Wenn man alle Kosten einberechnet, um die 3.000 Euro. Für Fahrstunden zahlt man nur zwischen 55 und 70 Euro – inklusive Auto. Wenn ich das wiederum in die Werkstatt bringe, zahle ich dafür mehr als den doppelten Stundenlohn für die Handwerker.
Macht der Job als Fahrlehrer trotzdem noch Spaß?
Auf jeden Fall. Zwar kommen gerade die jungen Leute mit immer weniger Vorkenntnissen in die Fahrschule. Sie auf ihrem Weg zum sicheren Autofahren zu begleiten, ist zwar eine Herausforderung, aber gerade das macht unseren Beruf so spannend. Es ist schon ein tolles Erlebnis, jemanden erfolgreich bis zum Führerschein zu begleiten.