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Eltern und Schwester ermordetLebenslange Haft für 27-Jährigen aus Rostock

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte steht hinter der Anklagebank im Gerichtssaal vom Landgericht Rostock.

Der 27-Jährige soll seinen Vater, seine Schwester und seine Mutter getötet haben. 

Er habe den Vater aus dem Weg räumen wollen, weil er seinem Lebensstil im Wege stand. Die Schwester und die Mutter habe er getötet, um den Mord zu vertuschen.

Wegen dreifachen Mordes an seinen Eltern und seiner Schwester hat das Landgericht Rostock einen 27-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellte am Montagabend zudem die besondere Schwere der Schuld von Andreas S. fest, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren weitestgehend ausschließt. Beides hatte zuvor auch die Staatsanwaltschaft beantragt. „Sie haben sich im Grunde als Henker erwiesen“, sagte der Vorsitzende Richter Peter Goebels zu dem Angeklagten.

Dieser verfolgte die gut einstündige Urteilsbegründung emotions- und ausdruckslos mit in die Leere gehendem Blick. S. habe den Vater aus dem Weg räumen wollen, weil er einem Lebensstil, wie er ihn sich vorstellte, im Wege stand, führte Goebels aus. Die Schwester und die Mutter habe er getötet, um den ersten Mord zu vertuschen. Das Urteil wegen dreifachen Mordes erging deshalb aus niedrigen Beweggründen, Heimtücke und in Verdeckungsabsicht. Der gelernte Maurer hatte zwei Jahre allein in Baden-Württemberg gelebt.

Häufige Arbeitsplatzwechsel, Verschuldung und Lügen

Sein Leben dort sei geprägt gewesen von häufigen Arbeitsplatzwechseln, Betrügereien und Lügen, sagte der Vorsitzende Richter. „Es war ein von Verantwortungslosigkeit geprägter Lebensstil.“ Mit 37.000 Euro Schulden kehrte S. dann 2021 zürück in sein Elternhaus in Rövershagen bei Rostock. Dort durfte er laut Urteil wieder kostenlos wohnen, die Eltern übernahmen zudem einen Großteil seiner Schulden. Allerdings wollten sie, dass er sich eine Arbeit sucht. Der Vater wies ihm zudem verschiedene Aufgaben im Haushalt zu.

„Die Reglementierungen des Vater waren ihm zunehmend ein Dorn im Auge“, sagte Goebels. Am 7. Februar 2002 tötete der 27-Jährige deshalb in seinem Elternhaus zuerst den auf der Wohnzimmercouch schlafenden 52-jährigen Vater mit einer Armbrust und einer Gartenmachete. Einige Stunden später lockte er dann seine 25-jährige Schwester nach Rövershagen. Unter dem Vorwand, eine Überraschung für sie zu haben, setzte er ihr eine abgeklebte Skibrille und Ohrenschützer auf und ließ sie im Hausflur auf Teichfolie niederknien, die er dort ausgelegt hatte.

Mutter und Schwester mit Armbrust und Gartenmachete getötet

Nach einer kurzen Wartezeit schoss er ihr ebenfalls mit seiner Armbrust Pfeile in den Kopf und stach mit der Gartenmachete auf sie ein. Vier Tage später tötete er seine 48 Jahre alte Mutter auf die gleiche Weise wie die Schwester, als sie von einer auswärtigen Arbeitswoche nach Hause kam. S. habe mit „äußertster Brutalität und Kaltherzigkeit“ gehandelt, sagte Richter Goebels. „Die Opfer hat er quasi hingerichtet.“ Gut zwei Wochen nach den Taten brachte er die Leichen in selbst gezimmerten Särgen mit einem Transporter zu einem zwölf Kilometer entfernten Feld, wo er sie mit einem kleinen gemieteten Bagger knapp drei Meter tief vergrub.

Bis Ende März vergangenen Jahres schaffte es der Angeklagte, Nachfragen von Verwandten und Arbeitskollegen der Eltern abzublocken und sie mit falschen Angaben in die Irre zu führen. In der Zwischenzeit feierte der 27-Jährige laut dem Urteil Partys, traf sich mit Freunden, kaufte Elektrogeräte. Das Konto der Eltern leerte er dazu vollständig. Er habe aus „krasser Eigensucht“ getötet, sagte Goebels, um seinen in Baden-Württemberg praktizierten „hedonistischen Lebensstil“ fortzusetzen.

Nachdem die Polizei aufgrund einer Vermisstenanzeige nach den Verschwundenen zu ermitteln begann, verstrickte sich der Mann nach und nach in Widersprüche. Er ließ sich am 30. März 2022 widerstandslos an seinem Arbeitsplatz festnehmen. Am selben Tag zeigte er den Ermittlern, wo er die Toten vergraben hatte. Die Verteidigung hatte im Prozess „aus prozessualen Gründen“ einen Freispruch für den Angeklagten gefordert. Die ersten Vernehmungsprotokolle und zahlreiche Beweismittel seien vor Gericht nicht verwertbar, argumentierte die Anwältin. Dem folgte das Gericht aber nicht. (dpa)