„Ein Spagat zwischen scheiße und geil“Böhmermann's letzte Folge Neo Magazin Royal
Köln – Jan Böhmermann hat mit einem Revue-Abend Abschied von seiner Show „Neo Magazin Royale“ genommen und seinen anstehenden Wechsel ins ZDF-Hauptprogramm gefeiert. „Wer heute nicht weint, ist in meinen Augen kein Mensch - der ist 'ne Schlampe“, sagte der Satiriker am Donnerstag zu Beginn der letzten Ausgabe der „kleinen, trotteligen Krawall-Show“ im „Mini-ZDF“, wie der Entertainer seinen bisherigen Haussender ZDFneo nannte.
Sein Wunsch: „Sechs Jahre und 42 Tage machen wir jetzt diese Sendung. Können wir ein einziges Mal eine Sendung machen, in der es nur um mich geht? Nur einmal in sechs Jahren möchte ich bitte mal im Mittelpunkt stehen. Nur einmal.“ Das „Neo Magazin“ sei immer „ein Spagat zwischen scheiße und geil“ gewesen - zwischen ernsten nachdenklichen Tönen und plumpem Entertainment, betonte der Satiriker. Passend dazu trat eine Stepptänzerin im Kostüm eines riesigen Grundgesetzbandes auf.
Ab kommendem Jahr im Hauptprogramm des ZDF
Ab kommendem Jahr wird Böhmermann beim Hauptsender ZDF zu sehen sein. Dort war seine Sendung bislang nur als Wiederholung gelaufen. Böhmermann, Sidekicks und Crew sangen und tanzten sich durch Schlager-, Chanson- und Swingnummern. Der 38-Jährige, der seit der ersten Ausgabe im Oktober 2013 manches graue Haar bekommen hat, sinnierte zwischen den Nummern unter anderem über die Frage, warum er so oft verklagt wurde.
„Ich hab soviel mit Rechtsanwälten zu tun. Immer noch. Weil ich ständig missverstanden werde. Ich mein's ja nicht böse. Ich werde einfach missverstanden. Dabei war und ist mein Motto nach all den Jahren immer noch: Brücken bauen, zur Not auch da, wo gar keine Gräben sind. Das Saarland, Sachsen, Lena, RTL, Günther Jauch, „Aspekte“! Wer hätte ahnen können, dass es immer so viel Ärger gibt?“
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Der juristische Ärger sei ihm immer egal gewesen, so Böhmermann. „Wissen Sie was, meine Damen und Herren? Ich hab Anwälte. Ohne Ende. Und meine Anwälte haben wieder Anwälte, die sich um die Probleme kümmern, die die wiederum wegen mir haben. Ich wurde so oft verklagt. Das kann man gar nicht zählen.“ Einer der bekanntesten Skandale, die mit „Neo Magazin Royale“ verbunden sind, war das 2016 dort verlesene Gedicht „Schmähkritik“ gewesen. Der Text hatte zu diplomatischen Verstimmungen mit der Türkei geführt. Zeitweise hatte Böhmermann damals sogar unter Polizeischutz gestanden.
Johannes B. Kerner mit Drohung
Er mache auf ZDFneo nun Platz für die britische Krimireihe „Inspector Barnaby“, scherzte Böhmermann. Zum Ausklang trug er Leonard Cohens pathetische Ballade „Hallelujah“ vor - schmachtend gewidmet dem ZDF. Im Vordergrund: Kerzen sowie ein großer Altar mit den Bildern des ZDF-Intendanten Thomas Bellut, des ZDF-Programmdirektors Norbert Himmler und der Vorsitzenden des ZDF-Fernsehrates, Marlen Thieme. Im Hintergrund: ein Organigramm des Mainzer Senders. Am Ende der Sendung nahm ihn Showmaster Johannes B. Kerner in einer schwarzen Luxuslimousine mit. Kerners Drohung: „Bald bist Du einer von uns.“
300 000 Zuschauer verfolgten den Abschied im klassischen Fernsehen. Die Sendung erreichte im Gesamtpublikum eine eher schwache Quote von 1,4 Prozent. In der jüngeren Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen lag der Marktanteil laut dem Branchendienst dwdl.de deutlich höher, nämlich bei 3,4 Prozent. Klickzahlen der Mediathek sind darin nicht eingerechnet. In den Vorjahren hatten andere Ausgaben von „Neo Magazin Royale“ deutlich höhere Zuschauerzahlen erreicht.
Böhmermann hat ZDFneo maßgeblich geprägt
So hatte der Auftritt des Youtubers Rezo im Juni 480 000 Menschen angelockt. Und als im Mai 2016 Böhmermanns Gedicht „Schmähkritik“ gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan die Republik bewegt hatte, hatte der Wert auf ZDFneo schon mal bei 620 000 gelegen.ZDFneo-Chefin Nadine Bilke sagte im dwdl.de-Interview, Böhmermann sei sechs Jahre lang sehr prägend für ihren Sender gewesen.
„Wir wollen neue Formate entwickeln – und wenn manche davon innerhalb der Senderfamilie weiterziehen, dann freut mich das. Natürlich tut das ein Stück weh und wir spüren einen Abschiedsschmerz, schließlich funktioniert die Show auch crossmedial hervorragend.“ (dpa)