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DIY-EnergiewendeDiese Familie hat ein eigenes Windrad im Garten stehen

Lesezeit 6 Minuten
„Die Windmühle ist das Geilste, was es gibt“: Landwirt Hauke Kühn und die 12-kW-Anlage – ein „Familienprojekt“, wie er betont.

„Die Windmühle ist das Geilste, was es gibt“: Landwirt Hauke Kühn und die 12-kW-Anlage – ein „Familienprojekt“, wie er betont.

Das eigene Mini-Windrad in seinem Garten macht Hauke Kühn zwar nicht komplett autark, aber sehr glücklich. Wir haben ihn in Nordfriesland besucht.

Schwer zu sagen, was schöner anzuschauen ist: Das eifrig rotierende Windrad im Garten von Hauke Kühn (58). Oder Herr Kühn selbst, der höchst zufrieden das vorm blauen Himmel surrende Windrad anstrahlt.

Eine Braun-Turbine Antaris 12 kW, 3,60 Meter Rotor-Durchmesser auf einem zwölf Meter hohen Stahlrohrtum. Alles in einem Betonfundament fest verankert. Rund 15 Meter sind es von der Wiese bis zur Flügelspitze.

Seit vier Jahren steht die Windmühle bei Kühns hinterm Haus in Stedesand (Nordfriesland), erzeugt Strom für die Waschmaschine, für warmes Wasser und die Heizung. Sie hilft den Kühns beim Sparen von Heizöl und Steckdosenstrom, unermüdlich und emsig. Längst ist sie zu einer Art Familienmitglied geworden.

„Wenn meine Mutter morgens aufsteht, schaut sie erstmal, ob sich die Mühle dreht“, sagt Hauke Kühn. Und wenn die Eltern am Frühstückstisch sitzen, erfreuen sie sich am kreiselnden Schatten, den die Antaris auf die Wiese vor dem Esszimmer malt. Das Säuseln der Turbine ist allen Musik in den Ohren. Keinesfalls dürfe man von „seiner“ Mühle schreiben, sagt Hauke. „Das ist ein Familienprojekt.“ Die Eltern haben sich auch finanziell beteiligt.

Die Windkraft soll ganz Deutschland in die postfossile Zeit bringen. Vier neue Gewerbe-Windräder gingen jeden Tag ans Netz, hat Kanzler Olaf Scholz versprochen. In der Realität sind es momentan nicht mal zwei. Der Ausbau stockt. Oft bremst vehementer Widerstand von Anwohnern.

Zugleich geben Energiekrise und Klimawandel der Kleinwind-Branche einen Schub. Solche Anlagen dürfen maximal 50 Meter hoch sein. Bis zu zehn Metern Höhe braucht es in den meisten Bundesländern keine Genehmigung. Den Traum, mit dem Windrad im Garten verlässlich und umweltschonend Energie zu erzeugen, träumen daher immer mehr. Bei den Kühns hat es geklappt. Die Vier-Jahres-Bilanz fast Hauke Kühn zusammen: „Ich sach ma so: Die Windmühle ist das Geilste, was es gibt.“

Beim Youtube-Video seines Windrads bekommt der Vater Gänsehaut

Man muss allerdings weit rausfahren, um sich das anzuschauen, bis nach Stedesand im Nordwesten Nordfrieslands. Zehn Kilometer von der Nordseeküste landeinwärts, mitten im Marschland, wohnen Eltern, Großeltern und eine Katze in zwei Backsteinhäusern. Der Sohn ist vor dem Auszug zum Windrad-Fan geworden. Er hat die Turbine mit einer Drohne gefilmt und sein Video mit dramatischer Musik untermalt. Als der Vater den Spot auf Youtube zeigt, bekommt er Gänsehaut.

Die Kühns leben im Windkraft-Paradies. Jeder, der auch von so einer Anlage träumt, muss wissen: Nur, wenn in relativ niedriger Höhe konstant richtig viel Wind zu ernten ist, macht es wirklich Sinn. Windgeschwindigkeiten von vier Metern pro Sekunde gelten als unterer Richtwert. Aufschluss über das örtliche Potenzial geben die kostenlosen Windkarten des Deutschen Wetterdienstes. Klar ist: Flache Wohngebiete fallen als Standort aus. Küstennähe und Höhenlagen sind von Vorteil.

Und selbst hier oben nahe der Nordsee reicht die Antaris längst nicht für alles. 15000 Kilowatt Strom im Jahr bringe sie ein, hat Hauke Kühn ermittelt. Was nicht gleich verbraucht wird, heizt den Warmwasserspeicher auf, der wiederum die Heizung ergänzt. Neben der Windmühle erzeugen die Kühns auch mit einer PV-Anlage auf dem Hausdach Strom.

Rund 25.000 Euro für die Turbine ausgegeben

Was bringt das nun unterm Strich? „Vorher haben wir 6500 Liter Heizöl verbraucht, mit der Mühle sind es noch 5500, wir sparen also 1000 Liter Öl“, sagt Hauke Kühn. Und die monatliche Stromrechnung sank von 200 auf 100 Euro – trotz gestiegener Preise. Allein das spart weitere 5000 Euro jedes Jahr. „Ich musste ja erst überzeugt werden, ob das lohnt“, sagt Ute Kühn. „Aber mein Mann hat richtig gerechnet.“

Allerdings muss man auch ordentlich investieren. Wenn ein guter Standort das A der Kleinwindkraft ist, dann ist die Qualität der Anlagen das O. Billiganbieter aus China fluten den Markt mit „Schrott“, warnt Patrick Jüttmann, der Deutschlands bestes Ratgeber-Portal betreibt. Da werde mit völlig überzogenen Erzeugungskapazitäten gelockt, aber beim ersten Sturm flögen die Rotoren auseinander. Verbraucherschützer bescheinigen manchen Online-Angeboten die Qualität von „Kleinkind-Experimentierkästen“.

Die Kühns schwören auf die Firma Braun. Rund 25.000 Euro hat die Familie für ihre 12-kW-Turbine „made in Germany“ ausgegeben. Ein Schmuckstück sei das, sagt Hauke: Wenn ein echter Sturm aufzieht, geht die Antaris von selbst in „Helikopter-Stellung“, kippt sich also aus dem Wind. „Sieht spektakulär aus“, sagt er. Wegen des Sturm-Schutzes könnten auch mal alle zusammen sorglos in den Urlaub fahren.

60.00 Euro hat der Wechselrichter gekostet, der für jede Anlage benötigt wird, um den Windstrom zu nutzen. Monatlich kommen gut 40 Euro Vollkasko-Versicherung hinzu. Den Turm hat der Tiefbau-Fachmann selbst aufgestellt, auch die Wartung erledigt er selbst.

Es muss also vieles passen für die eigene Windmühle. Und doch finden sich in Deutschland andere Glückselige wie die Kühns. Vor allem in Küstennähe, in Niedersachen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Brandenburg und selbst in Höhenlagen von NRW. Aber so richtig viele sind es nicht. Noch sind Privat-Windmühlen eher was für Liebhaber, die sich mit Technik auskennen und nicht jeden Euro umdrehen müssen.

Und noch ist fraglich, ob Kleinwindanlagen je einen nennenswerten Beitrag zur Stromversorgung in der Breite leisten können. Energieexperte Stefan Hoffmann von der Verbraucherzentrale NRW findet die Kleinwind-Idee zwar „grandios“. „In der Theorie“, sagt er, sei ein „Riesensprung für die Energiewende“ möglich: Wertschöpfung vor der Haustür statt Großindustrie, Mini-Anlagen statt Mega-Leitungen durchs ganze Land.

Trotzdem zieht Hoffmann die Euphorie-Bremse. Denn viele, die sich nicht richtig informieren, drohen in der Kleinwind-Kostenfalle zu landen. Und Billig-Anlagen, die nicht lange halten, bringen für den Natur- und Klimaschutz nichts.

Sechs Meter mehr sind mit dem Naturschutz nicht vereinbar

Neben den Kosten und dem Standort gibt es da auch noch eine dritte Sache, die vielen Kleinwind-Freunden die Haare zu Berge stehen lässt. Zwar sind Anlagen bis zu zehn Metern in der Regel genehmigungsfrei. Aber ab zehn Metern fängt der Spaß eigentlich erst an – und damit der Ärger mit den Behörden.

Bei den Kühns geht die Geschichte so: In Sichtweite ihrer Häuser stehen Dutzende 150 Meter hohe Industrie-Windräder und Starkstromleitungen. Das Feld vor ihrem Grundstück hat die Nachbargemeinde mit PV-Anlagen zugepflastert. Aber den Wunsch, den Turm für das eigene Windrad um sechs Meter aufzustocken, um mehr Wind zu ernten und mehr Heizöl zu sparen, den machten die Behörden zunichte: Mit den Naturschutzauflagen nicht vereinbar! „Irre“, sagt Hauke Kühn.

Von Robert Habeck wünscht er sich, dass der den Bürokraten Beine macht, damit die aufhören, die Energiewende im Kleinen wie im Großen aus der Beamtenstube heraus zu lähmen. Sonst ist er ganz einverstanden mit dem grünen Minister, obwohl er selbst kein „Öko“ ist und seine Ölheizung laufen lassen will, bis sie den Geist aufgibt. Auch von Elektro-Autos ist er noch nicht überzeugt. Sein Ding ist es, selbst anzupacken, statt abzuwarten und sich was vorschreiben zu lassen. Was für ihn den Spaß am eigenen Windrad auch ausmacht, ist, „dass das nicht alle haben“.

Die Kühns gehen ihren Weg, und sie lassen sich auch von den Bürokraten die Macher-Lust nicht vermiesen. Wenn sie ihren Windturm nicht aufstocken dürfen, „dann stecken wir das Geld vielleicht in einen Batteriespeicher“, sagt Hauke Kühn. Der fehlt nämlich noch auf dem Weg zur vollständigen Energie-Autarkie.