„Die Flucht ist zu Ende“Impfgegner aus Paraguay übergeben entführte Mädchen

Anne Maja Reiniger-Egler
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Bogotá/Asunción – „Deutsche Mädchen nach Tagen der Suche aufgetaucht. Das Wiedersehen hat in der Provinz Itapua stattgefunden“, schreibt die paraguayische Tageszeitung „ABC“. Damit ist ein Fall zu Ende gegangen, der nicht nur in Deutschland hohe Wellen geschlagen hat, sondern auch in Paraguay wie in ganz Lateinamerika. Denn er steht stellvertretend für die Auswanderungswelle Dutzender, vielleicht sogar Hunderter deutscher Impfgegner nach Paraguay, die mit großem lokalen wie internationalen Interesse verfolgt wurde – begleitet mit der Frage: Warum gehen Deutsche ein solches Risiko ein?
Der öffentliche Druck war am Ende zu hoch
Kaum ein Tag, an dem in Paraguay nicht neue Nachrichten die Runde machen. Wahrscheinlich war es dieser öffentliche Druck, der das in dem südamerikanischen Land untergetauchte Paar am Ende dazu bewegte, Kontakt zu den Anwälten der Ex-Partner aufzunehmen. „In den vergangenen Tagen gab es mehrere Telefongespräche“, teilten die Anwälte Ingo Bott und Stephan Schultheiss in dieser Woche mit. „Wir suchen nach einer Lösung, um die Kindesentziehung zu beenden.“ Am Donnerstag war es soweit: Die zehn- und elfjährigen Kinder wurden ihren wartenden Elternteilen übergeben, das Drama hat ein glückliches Ende genommen.
Ziel Paraguay
In der Corona-Pandemie hat sich Paraguay zu einem Dorado für Impfgegner, Querdenker und rechte Verschwörungsideologen entwickelt. Allein im vergangenen Jahr ließen sich nach Angaben der Migrationsbehörde 3440 Deutsche dort nieder. Die deutsche Botschaft schätzt, dass etwa 26000 Deutsche in Paraguay leben.
Als Einwanderungsland ist Paraguay attraktiv, weil Ausländer recht einfach eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten und auch Land oder Immobilien kaufen können. Für Impfgegner wurde Paraguay interessant, weil man zunächst auch ohne Impfnachweis einreisen konnte. (dpa)
Die jüngste Entwicklung hing wohl auch damit zusammen, dass das ausgewanderte Paar in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Wie für einige der Impfgegner, die relativ kurzfristig nach Paraguay geflohen sind, stellt sich die Situation nicht so einfach da wie erwartet – und wie vielleicht von einem guten bezahlten Auswanderungsberater in Aussicht gestellt.
Der Vater des einen Mädchens und die Mutter des anderen Mädchens sind in zweiter Ehe miteinander verheiratet. Sie waren im November vergangenen Jahres mit den beiden Kindern ohne die Zustimmung ihrer jeweiligen Ex-Partner nach Paraguay ausgereist. Laut lokalen Medienberichten wollten sie verhindern, dass die Kinder gegen das Coronavirus geimpft werden. Gegen das Paar lag nach Angaben der paraguayischen Staatsanwaltschaft ein über die Polizeibehörde Interpol verbreiteter Haftbefehl vor. Am Ende wurde dieser Druck zu groß, die Eltern stellten sich, übergaben die Mädchen, die nun auf dem Weg nach Hause sind. In eine deutlich sicherere Zukunft.
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Rechtsanwalt Ingo Bott rechnet mit einer zeitnahen Rückkehr der beiden Mädchen von Südamerika nach Deutschland. „Es ist zu erwarten, dass alle Beteiligten, die Kinder, die bisherigen Kindesentzieher und unsere Mandanten, zeitnah zurückkehren. Wir befinden uns in durchgehendem Austausch mit den deutschen Behörden. Alles geht seinen guten und richtigen Weg“, teilte Botts Düsseldorfer Kanzlei gestern mit. „Die Suche ist zu Ende. Die Flucht ist zu Ende“, hatte sein Kollege Stephan Schultheiss bereits am Donnerstagabend erklärt. Das Paar sei freiwillig vor Polizei und Staatsanwaltschaft erschienen und habe die Kinder den Behörden in Paraguay übergeben.
Die dortige Polizei veröffentlichte Bilder der Geflüchteten mit Beamten und Anwalt. Die Zeitung „ABC Color“ zitierte Polizeikommissar Mario Vallejos mit den Worten: „Das gewünschte Ziel wurde erreicht.“ Offensichtlich gehe es den Mädchen gut. „Wir werden sie dennoch einer medizinischen Untersuchung unterziehen.“ (mit dpa)