#ByeByeElonBündnis „eXit“ – 47 Organisationen stellen Aktivitäten auf X ein

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Elon Musk, Konzernchef des US-Elektroautohersteller Tesla, nimmt an einer Konferenz in Washington teil. (Archivbild)

Elon Musk begründete damals die Übernahme von X (ehemals Twitter) damit, die Meinungsfreiheit schützen zu wollen. Laut dem Bündnis „eXit“ schütze er Betroffene von Hate Speech aber kaum. (Archivbild)

Sie kritisieren Hass, Hetze, Aufrufe zu Gewalt und Desinformation. Dutzende Organisationen wollen X, vormals Twitter, den Rücken kehren.

Rote Karte gegen Hass und Hetze: 47 Organisationen aus den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Landwirtschaft, Menschenrechte und Soziales verkünden am Dienstag gemeinschaftlich das Einstellen ihrer Aktivitäten auf X. Damit setzt das Bündnis „eXit“ am von den Vereinten Nationen ausgerufenen Internationalen Tag für die Bekämpfung von Hetze ein Zeichen für eine demokratische und respektvolle Debattenkultur.

Ihre mehr als 180.000 X-Followerinnen und Followern werden die Organisationen unter dem Hashtag #ByeByeElon im Rahmen einer „eXit-Woche“, die ebenfalls am Dienstag startet, in mehreren abschließenden Postings über das Thema Hate Speech informieren. Auch auf anderen Social-Media-Plattformen werden sie Postings zum Thema veröffentlichen. Gebündelte Informationen zum „eXit“ sind ab sofort auch auf www.byebyeelon.de zu finden.

Debatten auf X werden zunehmend von Hass und Hetze bestimmt

Die Organisationen reagieren mit ihrem Abschied von X auf die Zunahme von gewaltvollen, diskriminierenden und desinformierenden Inhalten seit der Übernahme der Plattform durch Elon Musk im Oktober 2022. Elon Musk selbst setzt Moderation mit Zensur gleich und hat diese daher deutlich zurückgefahren. Unter dem Deckmantel vermeintlicher Meinungsfreiheit werden Konten, die wegen der Verbreitung extremistischer Inhalte bereits gesperrt waren, wieder freigeschaltet.

In einem gemeinsamen Statement kommentieren die 47 eXit-Organisationen: „Hass, Hetze, Aufrufe zu Gewalt, Desinformation: Das alles gehört seit der Übernahme durch Elon Musk in immer größerem Umfang zu den alltäglichen Umgangsformen auf X. Zunehmend bestimmen Extremismus und Demokratiefeindlichkeit die dortigen Debatten. Viele dieser Inhalte werden vom Betreiber ignoriert. Dieser Verrohung der Debattenkultur wollen wir uns entgegenstellen. Wir stehen für einen respektvollen, demokratischen Austausch und wertschätzende Kommunikation. Daher sagen wir #ByeByeElon und stellen unsere Aktivitäten auf der Plattform ein.“

Twitter, jetzt X, ist zu einer Desinformations- und Hassschleuder geworden.
Katja Diehl, Bestseller-Autorin

Laut einer im Februar veröffentlichten repräsentativen Umfrage gab rund die Hälfte der Befragten an, Hass im Netz bereits wahrgenommen zu haben. Etwa jede bzw. jeder Achte war demnach bereits selbst davon betroffen. „Fast jede zweite Person wurde schon einmal online beleidigt, einem Viertel der Befragten wurde körperliche Gewalt angedroht“, so die Studien-Autorinnen und Autoren.

Katja Diehl, Bestseller-Autorin, Mobilitätsexpertin und Podcasterin, machte Anfang 2023 selbst Erfahrungen mit Hate Speech auf Twitter. Infolgedessen hat sie ihren Account gelöscht. Diehl kommentiert: „Ich weiß, dass viele gern die ‚Vergiftung‘ von Twitter mit der Figur Elon Musk verbinden. Aber seien wir doch ehrlich: Schon zuvor hat diese Plattform es nicht geschafft, Betroffene von Hate Speech adäquat zu schützen, geschweige denn Täter in ihre Schranken zu verweisen. Diese Tendenz wurde durch Musk dennoch in einer Weise verschärft, die deutlich macht, wie falsch es ist, solche Plattformen in Privatbesitz zu geben. Leider bleibt nur der Exit, denn Twitter, jetzt X, ist zu einer Desinformations- und Hassschleuder geworden. Ich freue mich daher, dass diese Organisationen an diesem symbolischen Tag ein Zeichen setzen.“

Laut EU gibt es bei X weniger Content-Moderatoren als bei anderen Plattformen

Die Bündnispartner haben den Abschied von der Plattform in zahlreichen Austauschrunden diskutiert und dabei auch ihre Arbeit in anderen sozialen Netzwerken beleuchtet. Die Entscheidung zum eXit fiel vor dem Hintergrund, dass sich auf X eine besondere Verrohung des Umgangstons erkennen lässt, wie es sie in dieser Form auf keiner anderen Social-Media-Plattform gibt. Dass der Weg dorthin gewollt oder zumindest geduldet ist, zeigt sich an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens: So gibt es nach EU-Angaben inzwischen deutlich weniger Content-Moderatorinnen und Moderatoren als bei anderen Plattformen.

Die eXit-Organisationen werden ihre Konten nicht löschen, sondern stilllegen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass ihre Profile gekapert werden. Einige der eXit-Organisationen haben ihre X-Accounts bereits in den vergangenen Monaten stillgelegt oder ihre Aktivität dort bewusst heruntergefahren. Ein Wiedereinstieg wäre für die eXit-Partner nur dann denkbar, sollten sich Moderationspraxis und Debattenkultur auf X wieder an demokratischen Regeln ausrichten.

Begleitet wird der Ausstieg von einer eXit-Woche, in der die Bündnispartner auf ihren Social-Media-Kanälen über die Gefahren von Hassrede informieren. Dem Bündnis „eXit“ gehören unter anderen an: Bioland e.V., Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), Fairtrade Deutschland e.V., Help - Hilfe zur Selbsthilfe, Kindernothilfe e.V., Weltfriedensdienst e.V., terre des hommes Deutschland. (dpa/kna)

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