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Goldgräberstimmung in ArnheimWarum sich immer mehr Menschen auf die Suche nach dem Nazi-Schatz machen

Lesezeit 3 Minuten
Die vermeintliche Schatzkarte aus dem niederländischen Nationalarchiv liegt auf einem Tisch.

Sie löste den Ansturm aus: Vermeintliche Schatzkarte aus dem niederländischen Nationalarchiv.

Birgt das niederländische Nationalarchiv eine „Schatzkarte“? Viele Niederländer glauben das und buddeln in der Nähe von Arnheim tiefe Löcher. Was ist mit einem angeblich dort vergrabenen „Nazi-Schatz“ auf sich hat.

In den Niederlanden ist eine regelrechte Goldgräberstimmung ausgebrochen: Viele Menschen suchen derzeit fieberhaft nach einem angeblichen Nazi-Schatz. Der soll irgendwo an einer Allee im Dorf Ommeren in der Nähe von Arnheim verborgen liegen, nur gut 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt.

Nazi-Schatzkarte wurde in der vergangenen Woche öffentlich

Ausgelöst wurde die Suche durch eine Karte, die das Nationalarchiv in Den Haag in der vergangenen Woche veröffentlichte – anlässlich des jährlichen „Open Access Day“, an dem Tausende Dokumente öffentlich gemacht werden, die sonst nur eingeschränkt einsehbar sind. Die Karte, die wohl 1944 von Hand gezeichnet wurde, zeigt ein rotes Kreuz über einer Stelle in der Nähe von Ommeren. Viele Niederländer halten sie für eine echte „Schatzkarte“. Seither rücken sie zu Dutzenden in dem kleinen Dorf an – und graben. Denn das Kreuz deutet an, dass dort ein von deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg erbeuteter Schatz liegen soll – an einer Böschung am Rande eines Feldes zwischen drei Bäumen. „Dort könnten Goldmünzen, Broschen, Diamanten, Goldketten, Uhren, goldene Armbänder vergraben sein“, sagt die Archivarin des Nationalarchivs, Annet Waalkens.

Die deutschen Truppen, die die Niederlande zwischen 1940 und 1945 besetzt hatten, sollen den Schatz demnach im August 1944 aus den Tresoren einer Bank in Arnheim erbeutet haben, als kurz vor Kriegsende die Schlacht um die Stadt tobte. „Die Beute ist heute mehrere Millionen Euro wert“, sagt Waalkens. Nach Erkenntnissen des Nationalarchivs sollen die Soldaten die Juwelen, Münzen und Edelsteine in vier Munitionskisten verpackt und im nahe gelegenen Ommeren vergraben haben.

Die dortige Polizei hat die Schatzsuche inzwischen untersagt. Auch der Einsatz von Metalldetektoren wurde verboten, nachdem viele Menschen mit den piepsenden Geräten angerückt waren. Andere kamen aber auch einfach mit einem Spaten an die Stelle, wo der Schatz laut der Karte liegen müsste.

„Fangen überall an zu graben“

„Die vielen Schatzsucher fangen überall zu graben an, wo sie vermuten, dass der Schatz liegen könnte. Auch auf Grundstücken, auf denen sie gar nichts zu suchen haben“, heißt es seitens der für Ommeren zuständigen Polizeibehörde Ost-Niederlande. „Das müssen wir unterbinden. Manche haben Löcher gebuddelt, die tiefer als einen Meter sind.“ Die Schatzsucher seien wie besessen. „Wir haben bereits erste Bußgelder verhängt“, so ein Polizeisprecher. „Wir raten dringend davon ab, nach Ommeren zu kommen“, lässt auch die Gemeinde Buren, zu der das Dorf gehört, in einer Pressemitteilung wissen. „Wir werden die Schatzsuche auf unserem Territorium nicht länger tolerieren.“

Aber diese Warnung scheint viele Glücksritter nicht abzuhalten. Im Gegenteil: Es werden immer mehr. In dem Gebiet um Ommeren verlief 1944 während der alliierten Offensive „Market Garden“ die Frontline. Kurz nach Ende des Krieges wurde hier schon einmal nach dem vermeintlichen Schatz gesucht. Sogar ein ehemaliger deutscher Soldat aus Baden-Baden, der die Schatzkarte gezeichnet haben soll, wurde dazu in die Niederlande geholt. Aber auch nach intensiver Suche fand man damals nichts.

Auch diesmal sollten sich die Schatzsucher also keine großen Hoffnungen machen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Nazi-Beute noch im Boden unter Ommeren befinde, sei angesichts des hohen Wertes extrem gering, erklären Experten. Der Historiker Joost Rosendaal sagte im Gespräch mit der Lokalzeitung „Omroep Gelderland“: „Es ist gut möglich, dass der Schatz zwar vergraben, aber wenige Tage später schon wieder ausgegraben wurde.“