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Vortragsreihe „Steinmüller-Saga“Als bei Steinmüller das Licht ausging

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Am 27. August fand hier die letzte Betriebsversammlung statt. Drei Jahre später gingen die Lichter aus.

Gummersbach – Auch 15 Jahre nach dem Aus für den Gummersbacher Kesselbauer Steinmüller ist das Interesse an der Geschichte des einst größten Arbeitgebers in der Region groß. Rund 250 Zuhörer – so viele wie noch nie bei einem stadthistorischen Vortrag von Gerhard Pomykaj – sind am Dienstagabend in die Halle 32 auf das Steinmüllergelände gekommen, um dort den zwölften und damit letzten Teil der Vortragsreihe „Steinmüller-Saga“ zu verfolgen.

Der Verkauf von Steinmüller an Babcock läutete 1999 in Gummersbach das Ende ein.

Unter den zahlreichen Zuhörern befanden sich auch viele ehemalige Mitarbeiter von L + C. Darunter Arno Spielhofen, einst Mitglied der Geschäftsleitung, der langjährige Betriebsratsvorsitzende Gerd Lange sowie der Ex-Steinmüller-Geschäftsführer Dr. Sigfrid Michelfelder.

Der bittere Niedergang des einstigen Familienunternehmens stand im Mittelpunkt des Final-Abends. Doch bevor es tief in die Geschichte ging, stand Stadthistoriker Pomykaj selbst im Rampenlicht, der, wie Bürgermeister Frank Helmenstein wusste, am Dienstag seinen 95. und vorerst letzten Vortrag in Gummersbach hatte. Und zwar wie schon elf Mal zuvor an der Seite von Monica Weispfennig. Pomykaj habe seit dem Jahr 1988 auf geniale Weise Geschichte erlebbar gemacht und seine Zuhörer in eine andere Welt mitgenommen. Dabei sei er selbst ein Teil der Gummersbacher Geschichte geworden. „Heute Abend geht eine Ära zu Ende“, so Helmenstein. Dieses Ende wurde bei Steinmüller durch den Verkauf des Unternehmens an den Holzmann-Konzern eingeläutet, wie der Vortrag deutlich machte. 74,9 Prozent veräußerten die zerstrittenen Familienstämme 1988 an den Baugiganten, 25,1 Prozent waren bereits 1986 an die Vereinigten Elektrizitätswerke verkauft worden. Doch Holzmann geriet in Schieflage und das Tafelsilber Steinmüller musste 1999 verkauft werden. Und zwar an den direkten Konkurrenten Babcock. Eine Entwicklung, die die Menschen in Gummersbach auf die Straße trieb, denn schon bald war klar, dass Steinmüller seine Produktion in der Kreisstadt verlieren würde.

Der 95. stadthistorische Vortrag von Gerhard  Pomykaj war vorerst sein letzter.

Zeitzeugen wie der damalige Personalchef Hans-Georg Hahn, Dr. Gert Riemenschneider, heute Chef von Steinmüller-Babcock, sowie Rolf Dresbach, seinerzeit Erster Bevollmächtigter der IG Metall und Mitglied des Aufsichtsrats, erinnerten sich an diese schwarzen Stunden. „Ich habe in die Augen weinender Erwachsenen geblickt. Das vergisst man nie“, sagte Dresbach. Als aufgeheizt, beschrieb Hahn zudem die Stimmung.

Die Gegner des Verkaufs bekamen schon bald ihre Bestätigung: Im Jahr 2002 war Babcock pleite, sodass auch in Gummersbach die Lichter ausgingen. Die Frage von Pomykaj, ob Steinmüller ohne den Babcock-Deal überlebt hätte, bejahten alle drei Zeitzeugen am Dienstag. Wobei man sich von den pulsierenden Industriehallen mit mehr als 1000 Mitarbeitern über Jahre vermutlich hätte verabschieden und das Unternehmen komplett neu aufstellen müssen, wie sie meinten.

Am 27. August fand hier die letzte Betriebsversammlung statt. Drei Jahre später gingen die Lichter aus.

Die Entwicklung des Steinmüllergeländes seit dem Jahr 2002 lobte Hans-Georg Hahn. „Diese wäre nicht möglich gewesen, wenn sich die Stadt nicht schon bei Zeiten ein Vorkaufsrecht gesichert hätte“, sagte der Ex-Personalchef. Hahn wollte sich nicht ausmalen, wie das Areal heute aussehen würde, „wenn Babcock die Fläche in kleinen Teilen verwertet hätte“. Dem pflichtete Riemenschneider bei: „Wenn wir Besuch von Kunden bekommen, können wir etwas vorzeigen.“