Bei der Gegenoffensive gibt es Erfolge für die Ukraine am Dnipro. In Awdijiwka schickt Russland derweil noch mehr Truppen in den Tod.
Putins Truppen täuschen den KremlDurchbruch am Dnipro – Russische Verluste „um 90 Prozent erhöht“
Die Ukraine macht bei ihrer bisher schleppend verlaufenden Gegenoffensive offenbar weiterhin kleinere Fortschritte. Erstmals seit dem Verlust der Gebiete an die russischen Streitkräfte soll den ukrainischen Streitkräften nun gelungen sein, gepanzerte Fahrzeuge über den Fluss Dnipro zu bringen. Es gebe Anzeichen für die Verlegung von gepanzerter Technik über den Fluss, teilte das US-Institut für Kriegsstudien ISW unter Berufung auf russische Militärblogger mit.
Zudem sollen inzwischen mehr als 300 ukrainische Soldaten auf das vorher russisch kontrollierte Ufer beim Dorf Krynky übergesetzt haben. Von der ukrainischen Armee lagen keine Bestätigungen dafür vor. Medienberichten zufolge hat die Militärführung in Kiew ihren Soldaten Stillschweigen zu den Operationen am Dnipro verordnet.
Gegenoffensive: Ukraine gelingt offenbar Durchbruch am Dnipro
Die russischen Blogger veröffentlichten allerdings ein Foto, das einen ukrainischen Truppentransporter des Modells BTR-4 am östlichen Flussufer zeigen soll. Die Aufnahme sei in der Nähe von Krynky entstanden, berichtete die „Kyiv Post“.
In anderen russischen Telegram-Kanälen war ebenfalls von einem ukrainischen Durchbruch die Rede. „Der Feind transportiert nun sogar Panzerwagen über den Dnipro“, hieß es dort. Die russischen Truppen in der Region seien „nicht nur beleidigt“, sondern auch „verbittert“ angesichts der aktuellen Entwicklungen.
Großteil des Gebiets Cherson weiter von russischen Truppen besetzt
Das ukrainisch kontrollierte Ufer am Unterlauf des Dnipro wird seit Wochen massiv von russischer Artillerie beschossen und von der russischen Luftwaffe bombardiert. Der Großteil des Gebiets Cherson ist weiter von russischen Truppen besetzt.
Seit dem russischen Rückzug aus dem nördlichen Teil des Gebiets Cherson vor knapp einem Jahr verläuft die Frontlinie in der Südukraine entlang des Dnipro. Brücken wurden von den russischen Truppen gesprengt. Dennoch gab es mehrfach ukrainische Versuche, sich auf Inseln des breiten Stroms und dem Südufer festzusetzen.
Rückschläge für Russland auch rund um Awdijiwka
Rückschläge muss Russland derweil offenbar weiterhin auch rund um Awdijiwka hinnehmen. Die russischen Angriffsversuche auf die Donezker Vorstadt in den letzten Wochen hätten zu einem „Anstieg der russischen Verluste um 90 Prozent geführt“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit.
Auch in den letzten Tagen musste die russische Armee Berichten zufolge erneut Verluste hinnehmen. Offenbar setzt der Kreml in Awdijiwka erneut auf die von der Wagner-Gruppe aus Bachmut bekannte „Fleischwolf“-Taktik, bei der große Infanterieverluste in Kauf genommen werden.
Awdijiwka: Zwei erfolglose Angriffswellen – und große Verluste für Russland
Nach zwei erfolglosen Angriffswellen sei eine dritte nun aufgrund schlechten Wetters verschoben worden, berichtete der „Guardian“ am Donnerstag. „Die dritte Angriffswelle hat noch nicht begonnen, aber die Vorbereitungen laufen“, zitierte die englische Zeitung einen lokalen ukrainischen Behördenvertreter.
In der Ukraine deutet man die weiteren russischen Bemühungen mittlerweile als „politisch“ motiviert, erklärte der Militäranalyst Denys Popovych im Gespräch mit dem Radiosender „New Voice“. Die Russen würden es „unglücklicherweise“ weiter probieren, erklärte er. „Angesichts der Verluste der russischen Armee, scheint das eine rein politische Entscheidung zu sein.“
Russische Kommandeure unter Druck: „Falsche Karten“ mit mehr Erfolgen
Kremlchef Wladimir Putin hatte kürzlich noch von Fortschritten rund um Awdijiwka berichtet, obwohl es keine Indizien dafür gab. Nun scheint die russische Armee Erfolgsmeldungen in der Region erzwingen zu wollen. Ob es die Erfolge auch wirklich gibt, scheint dabei zweitrangig.
Wie das ISW berichtet, werfen russische Militärblogger den Kommandeuren der Streitkräfte in der Region mittlerweile vor, falsche Karten zu verwenden, die von der „taktischen Realität auf dem Schlachtfeld“ abweichen. Statt mit „echten Karten“ zu arbeiten, würden die Kommandeure Varianten verwenden, die militärische Erfolg aufweisen, die es noch gar nicht gebe. Die russischen Truppen sollen demnach dann an der Front dafür sorgen, dass die „falschen Karten“ zu „richtigen“ werden, hieß es weiter.
Der Grund dafür sei, dass der Generalstab in Moskau „zunehmend positive Berichte“ von den Kommandeuren an der Front verlange, schreiben die US-Analysten in ihrem Lagebericht. Gerüchte über geschönte Berichte „in der gesamten Befehlskette“ der russischen Armee, hatte es bereits in der Vergangenheit immer wieder gegeben. (mit dpa)