Diehl Defence will seine Produktion in Troisdorf ausbauen. Der Bürgermeister hält das an diesem Standort für „nicht mehr zeitgemäß“.
DebatteRüstungskonzern kritisiert Troisdorfs Bürgermeister – „Kann mit Grundstück nichts anfangen“
Man führe, so sagte DynITEC-Geschäftsführer Dr. Erich Muskat, „ein seriöses und diskretes Geschäft.“ Jetzt aber sehe man sich genötigt, sich öffentlich zu erklären, sagten Muskat und Thomas Bodenmüller, Bereichsvorstand bei Diehl Defence.
Der geplante Grundstückskauf des Rüstungsunternehmens aus Überlingen in Troisdorf hatte in den vergangenen Wochen Wellen geschlagen. Bürgermeister Alexander Biber und die CDU-Fraktion hatten sich dagegen gewandt.
„Es geht tatsächlich nur darum, den Standort zu sichern und die Produktion auszuweiten“, sagte Bodenmüller bei einem Gespräch am Standort Troisdorf. Und das im Rahmen des bestehenden Produktportfolios. Die Stadt hingegen, die inzwischen auch ein Kaufinteresse geäußert hat, könne „mit dem Grundstück gar nichts anfangen“.
Die sogenannten Schutzradien machten eine Nutzung der Flächen rund um den Besitz von Diehl abseits der genehmigten Produktion unmöglich. Lediglich 66.000 Quadratmeter im Süden des Plangebiets sind davon nicht betroffen. Allerdings haben DynaEnergetics und DynITEC nach eigenen Angaben dort zumindest Wegerechte für den Transport explosiver Stoffe.
Am Standort Troisdorf wurden 40 neue Beschäftigte eingestellt
„Die Radien sind genehmigt,“ stellte Dr. Muskat klar. Eine Erweiterung über das Bestehende hinaus werde es nicht geben, „die kriegen Sie gar nicht durch.“ Wachsen soll die Produktion dennoch in den bereits bestehenden Gebäuden, unter anderem durch die Einführung eines Zwei-Schichten- Betriebs.
DynITEC habe in den vergangenen ein bis zwei Jahren die Belegschaft von 80 auf 120 Personen gesteigert, sagte Dr. Muskat. Viele junge Beschäftigte seien darunter, so Arbeitnehmervertreter Bozkurt. Die hätten jetzt Angst um ihre Arbeitsplätze.
DynITEC, an der Diehl die Mehrheit hält, stellt Wehrtechnik her. Aber, so betont Bodenmüller: „Wir bauen keine Munitionsfabrik“. Das sei schon aus genehmigungsrechtlichen Gründen nicht möglich, sagte Bodenmüller. Mit Diehl komme auch „kein neues Rüstungsunternehmen " nach Troisdorf, sagte der Betriebsratsvorsitzende Metin Bozkurt. DynaEnergetics – im amerikanischen Besitz stehend –liefert an zivile Kunden, die zum Beispiel in der Erdgas- und Erdölexploration tätig sind.
Große Teile der Produktionsanlage stehen bis heute auf DN-Gelände; dort sind DynITEC und DynaEnergetics Mieter. Mit Verträgen allerdings, die zum Februar 2026 gekündigt wurden. „Wir wollen raus aus der Abhängigkeit als Mieter,“ nennt Diehl-Vorstand Bodenmüller einen Grund für den Kaufwunsch.
Rüstungskonzern ging nach Gespräch mit Troisdorfs Bürgermeister von Rückhalt der Stadt aus
Im September 2022 habe man Bürgermeister Alexander Biber und dem Beigeordneten Walter Schaaf die Pläne vorgestellt. „Dass wir hier wachsen wollen, war gesagt,“ erklärt Bodenmüller am Dienstag. Mit dem Gefühl, den Rückhalt der Stadt zu haben, seien die Kaufverhandlungen mit allen drei Verkäufern der insgesamt 62 Hektar großen Fläche aufgenommen worden.
Mit Orica Europe und der Dynamit Nobel Explosionsstoff- & Systemtechnik (DNES) wurden die Kaufinteressenten schnell handelseinig. Die Dynamit Nobel GmbH indes als Verkäufer der mehrfach so großen Restfläche habe mehrere Kaufangebote zurückgewiesen – und schließlich eingeräumt, dass es einen zweiten Bieter gebe: Die Stadt nämlich, mit der schon länger verhandelt werde. In der Tat habe auf Nachfrage auch die Stadt Troisdorf dieses Interesse bestätigt.
Am Dienstag stellte sich nach dem Betriebsrat auch die SPD-Fraktion im Troisdorfer Stadtrat „unmissverständlich“ an die Seite der Beschäftigten auf dem DN-Gelände. Man bekenne sich zum Produktionsstandort Troisdorf; von der Stadt fordern die Sozialdemokraten „klare Maßnahmen zur langfristigen Standortsicherung“.
SPD Troisdorf verlangt Auskunft von Bürgermeister Alexander Biber
Dem Bürgermeister wirft die SPD ein „Taktieren“ vor, ohne dass er bislang Politik oder Bevölkerung über mögliche Konsequenzen informiert habe, wenn die Stadt das Gelände tatsächlich kaufe. Das betreffe die finanziellen Auswirkungen ebenso wie Zeiträume oder das Thema der Altlasten.
Dass er gegenüber Diehl ein Kaufinteresse seitens der Stadt verschwiegen habe, weist Bürgermeister Alexander Biber zurück. Er habe vielmehr deutlich gemacht, dass sich die Stadt eine andere Entwicklung vorstelle. „Wir wollen Herr des Verfahrens werden und langfristig bestimmen, was da geschieht.“
Im Falle eines Erwerbs, so habe er„ durchblicken lassen“, könne man sich vorstellen, für einen begrenzten Zeitraum dort auch Produktion zuzulassen. In einem „so dicht besiedelten Gebiet“ eine derartige Produktion zu haben, nannte Biber „nicht mehr zeitgemäß.“
Dafür gebe es in Deutschland „bessere Standorte.“ Angesichts der gefährlichen Stoffe, die auf dem Gelände gelagert werden, sei es ein „großes Glück, dass in den vergangenen Jahrzehnten nichts mehr passiert ist.“
Zur Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am Mittwoch legt daher die Verwaltung den Mitgliedern den Entwurf einer Vorkaufssatzung zur Beratung vor: „um bereits in einer frühen Planungsphase die geordnete städtebauliche Entwicklung sicherzustellen ... und eine Beeinträchtigung oder Gefährdung der hierfür notwendigen Maßnahmen zu vermeiden.“