Elisabeth Ottilie Luise zu Wied kam auch als rumänische Regentin immer wieder zu Besuchen nach Köln. Sie übersetzte rumänische Volkssagen und dichtete selbst.
SpurensucheDie dichtende Königin und ihre Beziehung zu Köln
„Einmol Prinz zo sin en Kölle am Rhing“. Das ist Elisabeth zu Wied nicht vergönnt gewesen. Als erstes Kind von Fürst Hermann zu Wied war sie aber ohnehin von Geburt im Dezember 1843 an Prinzessin und zählte drei Kölner Erzbischöfe zu ihren Vorfahren. Ein Köln-Besuch machte sie dann sogar zur Königin, die als Carmen Sylva auch als Schriftstellerin Berühmtheit erlangen sollte.
Die 25 Jahre alte Elisabeth Ottilie Luise zu Wied kam am 12. Oktober 1869 nur von Neuwied nach Köln, um gemeinsam mit ihrer Mutter Marie, geborene Prinzessin von Nassau-Weilburg, einem Konzert im Gürzenich beizuwohnen, bei dem ihre zeitweilige Klavierlehrerin Clara Schumann auftrat. Ihre Mutter hatte aber heimlich noch ganz andere Pläne. Sie lotste ihre Tochter vorher zum Frühstück in die Flora, wo sie von einer Gruppe junger Herren wenig verhüllt beobachtet wurde. Sie stellten sich schließlich vor als Karl Eitel Friedrich Zephyrinus Ludwig von Hohenzollern-Sigmaringen samt Gefolge.
Karl hatte gewichtige Teile seiner Jugend im Schloss Jägerhof in Düsseldorf residiert. 1866 stieg er als Fürst Carol I. zum Herrscher des kurz zuvor erst gegründeten Fürstentums Rumänien auf. Elisabeth kannte er bislang nur flüchtig von einem Treffen ein paar Jahre zuvor in Berlin. Der Legende zufolge rettete der junge Leutnant Elisabeth, als diese einmal auf einer Treppe ins Stolpern geriet, vor Schlimmerem.
Karl lud zu einem gemeinsamen Spaziergang ein. Hierbei widmete sich der junge Regent Rumäniens, gemäß seiner Absprache mit Elisabeths Mutter, besonders der jungen Prinzessin. „Meine Mutter blieb mit den andern zurück, und wir gingen immer voraus, zwei Stunden lang, und sprachen von vielen Dingen“, schreibt Elisabeth in ihren Erinnerungen. „Von der Flora gingen wir in den zoologischen Garten, wo wir die Affen suchten, die aber schon ihr Winterquartier bezogen hatten.“
Als Mutter und Tochter nach dem Abschied in die Kutsche stiegen, meinte Elisabeth: „Das ist aber ein reizender Mensch, der Fürst von Rumänien! Mit dem lässt sich's sprechen!“ Elisabeth warf sich gerade für das Gürzenich-Konzert in Schale, als plötzlich Fürst von Rumänien im Hotel du Nord, Frankenplatz 6, auftauchte und sich zu einem langen Gespräch mit der Mutter zurückzog.
Nachdem er wieder gegangen war, kam sie mit erstem Gesicht ins Zimmer ihrer Tochter: „Der Fürst von Rumänien hat um Deine Hand angehalten!“ Der Konzertbesuch wurde abgesagt, Fürst Carol wieder hergerufen. Obwohl sie ihn kaum kannte, willigte Elisabeth sofort in die Heirat ein. Die folgende schlaflose Nacht fragte sie sich warum. „Ich, die nie etwas von heiraten hatte hören wollen, die jeden schlecht behandelte, wenn ich nur von fern einen Freier in ihm witterte, nun hatte ich ja gesagt, ohne zu kennen, ohne zu wissen, wen ich nahm, bloß weil ich in den Zeitungen gelesen, was für ein tüchtiger junger Fürst das wäre!“
Am kommenden Tag wurde die Verlobung verkündet, vier Wochen später auf dem Familiensitz Schloss Monrepos Hochzeit gefeiert. Dann ging es ab Richtung Bukarest. „Du Rebenland, du grüner Wald,/ Du Rhein mit Deinem Schimmer,/ Dein Glanz ist fern, Dein Sang verhallt,/ Ich bin entfloh'n für immer“, reimt sie und fing an, Rumänisch zu lernen.
Ende 1869 betrat Elisabeth erstmals den Boden des Fürstentums, das 1881 zum Königreich wurde. Die Bevölkerung stand dem ihnen quasi zugeteilten deutschen Herrscherpaar nicht immer freundlich entgegen. Carol versuchte, Verwaltungsstrukturen nach preußischem Vorbild zu installieren. Elisabeth sollte helfen, der jungen Nation eine kulturelle Identität nach innen und außen zu entwickeln. Sie kleidete sich in rumänische Tracht und übersetzte unter dem Pseudonym Carmen Sylva rumänische Dichtungen ins Deutsche. Sie sammelte Volkssagen zu einem selbst illustrierten Buch: Aus Carmen Sylvas Königreich. Die Einnahmen dieser Werke und all ihrer anderen Gedichte, Theaterstücke, Romane und Novellen, die sich zuweilen mit ihrer rheinischen Heimat beschäftigten, flossen in die karitativen und kulturellen Stiftungen von „Mama Regina“, etwa die Blindenkolonie in Bukarest oder die von ihr gegründete Nationale Rote-Kreuz-Gesellschaft Rumänien.
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Die zeitgenössische Presse nahm sich der „gekrönten Dichterin“ natürlich dankbar an. Zumal der Stoff nicht ausging. Die Tragik, als Maria, das einzige Kind des Herrscherpaares, Anfang 1874 am Scharlachfieber starb, das es nach einem Waisenhausbesuch bekommen hatte. Der Skandal, als Elisabeth ins Exil ging, weil Karl 1891 die von ihr eingefädelte Verlobung seines Neffen, des Kronprinzen Ferdinand, mit ihrer Lieblingshofdame gelöst hatte. Gerüchte machten die Runde, die Königin sei geistig unzurechnungsfähig. König Karl ließ die Korrespondenz seiner Gattin überwachen und untersagte ihr die Schriftstellerei. Schließlich die Kehrtwende, als Elisabeth 1894 unter großem Jubel nach Rumänien zurückkehrt und sich rechtzeitig zur silbernen Hochzeit mit ihrem Gatten versöhnte. Nach Köln kam Elisabeth immer wieder, etwa zum Musikfest im Gürzenich im Mai 1898. Groß das Rauschen im Blätterwald, als sie am 30. September 1901 mit dem D-Zug im Hauptbahnhof eintraf und dort von Emma zu Waldeck und Pyrmont, Königinmutter der Niederlande, empfangen wurde. Beide kehrten im Hotel du Nord ein – unterbrochen von einer Domführung –, bevor sie sich am folgenden Morgen am Bahnhof noch mehrmals herzlich umarmten und dann in verschiedenen D-Zügen ihrer Wege sausten.
Die dichtende Königin starb 1916 und wurde neben ihrem Ehemann im rumänischen Curtea de Argeș begraben.