Der Tod von Bob Murdoch, dem Meistertrainer der Kölner Haie im Jahr 1995, hat für große Trauer in der Eishockey-Welt gesorgt. Die Rundschau sprach mit früheren Weggefährten des Kanadiers. Ein Nachruf.
Nachruf auf Bob Murdoch„Mud“, der Meistertrainer der Kölner Haie
Seine Familie und seine Freunde, die ihn nur „Mud“ nannten, wussten seit Längerem Bescheid. Die breite Öffentlichkeit erfuhr im März 2022 durch Ken Dryden davon. „Mein Freund Bob Murdoch kämpft mit Lewy-Körper-Demenz. Wir müssen mehr tun, um Kopftreffer im Sport zu verhindern“ – so lautete die Überschrift eines Beitrags, den Eishockey-Legende Dryden in der „Toronto Sun“ veröffentlichte. Murdoch, der die Kölner Haie 1995 als Trainer zum siebten deutschen Meistertitel geführt hatte, litt zudem an Alzheimer und Parkinson. Mit seiner Frau Bev lebte der zuletzt schwer gezeichnete Kanadier in einem Zentrum für betreutes Wohnen in der Nähe von Calgary. Donnerstagnacht ist er im Alter von 76 Jahren an den Folgen seiner Erkrankungen gestorben.
Dryden gewann als Torhüter sechs Stanley Cups mit den Montreal Canadiens (zwei davon an der Seite Murdochs). Das Portal „The Athletic“ bezeichnete den fast 76-Jährigen als „Gewissen des Spiels“, weil er beharrlich für mehr Schutz vor Kopfverletzungen bei Kontaktsportlern kämpft. Die Liste der Ex-Profis mit Spätfolgen ist lang.
Dass auch mit Murdoch etwas nicht stimmte, bemerkte dessen Familie vor einigen Jahren. Der ehemalige Mathematik-Student sei zwar unheimlich intelligent und „schon immer schrullig und lustig“ gewesen, schrieb Dryden. Doch Murdochs zunehmende kognitive Aussetzer waren keine Schrullen, sondern wohl der Preis für zwölf Jahre als zuverlässiger Verteidiger in der besten Eishockey-Liga der Welt. Der ehrliche, humorvolle Mann aus der Provinz Ontario, der gerne las und die Ruhe beim Angeln liebte, war zwar ein robuster Abwehrmann, aber kein fäusteschwingendes Raubein gewesen. „Der wirkliche Schaden entsteht häufiger durch routinemäßige Checks gegen den Kopf, im Laufe eines Spiels, einer Saison, einer Karriere“, so Dryden.
Die Vereinigung der ehemaligen NHL-Profis (NHLAA) zollte Murdoch, der in der Top-Liga außerdem neun Jahre in verschiedenen Trainerjobs gewirkt hatte, letzte Worte des Respekts. „Bobs Mut und seine Tapferkeit im Kampf gegen diese Krankheiten waren geradezu außergewöhnlich, zusammen mit seiner Frau Bev und seinen Töchtern“, twitterte die Organisation. „Bob wurde und wird von so vielen geliebt, und sein Vermächtnis auf und neben dem Eis bleibt für immer in Erinnerung.“
Auch in Köln und bei den Mitgliedern der Meistermannschaft von 1995 ist die Bestürzung groß. „Bob Murdoch war ein Trainer, der immer Fairness und Respekt gegenüber anderen Mannschaften, Trainern und Schiedsrichtern gezeigt hat. Sein enormes Fachwissen bleibt bei den Kölner Haien in guter Erinnerung“, äußert sich Bernd Haake, damals Murdochs Co-Trainer bei den Haien.
„Eine traurige Nachricht“, sagt Torhüter Peppi Heiß, der durch Haake über Murdochs Erkrankungen im Bilde war. „Ich denke, es war eine Erlösung und ich hoffe, dass er nicht sehr leiden musste.“ Stürmer Tobias Abstreiter musste schlucken, als er vom Tod seines ehemaligen Coaches erfuhr. „Das trifft mich hart. Mit seiner positiven, menschlichen Art hat er Spaß ins Team gebracht, was die Basis für die Meisterschaft war“, berichtet der heutige Nachwuchs-Bundestrainer.
Als Nachfolger des Schleifers Wladimir Wassiljew war Murdoch im Januar 1995 an die Lentstraße gekommen – und der Schnauzbartträger mit den flaschenbodendicken Brillengläsern brachte die Lust auf Eishockey zurück. „Anfangs haben wir unter der Woche so viel Gas gegeben, dass er ein paarmal das Training abgebrochen hat, weil wir so übermotiviert waren. Zu den Spielen waren wir dann platt. Aber als er das in den Griff bekommen hatte, ging die Post ab“, erzählt Heiß mit einem Lachen. Murdoch sei ein fairer Trainer mit modernen Methoden gewesen, erinnert sich Abstreiter.
1997 trennten sich die Wege von Murdoch und den Haien wieder, nach Stationen bei der italienischen Nationalmannschaft und den Nürnberg Ice Tigers beendete er seine Karriere. „Sergej Berezin hat mir geschrieben, dass Bob der beste Trainer seiner Karriere war – das will etwas heißen“, sagt Haake. Seit Donnerstagnacht ist die Eishockey-Welt um eine Persönlichkeit ärmer.