AboAbonnieren

1:5 im vierten SpielReaktion bleibt aus – Haie gehen in Wolfsburg unter

Lesezeit 5 Minuten
Cory Clousten

Haie-Trainer Cory Clousten dürfte das Spiel nicht gefallen haben.

Wolfsburg – Die Signale sind eindeutig. Der selbst ernannte Titelkandidat Kölner Haie ist nicht nur weit von der neunten Meisterschaft entfernt, er ist in der Saison 2016/17 noch nicht einmal mehr ein Anwärter für das Playoff-Halbfinale. Wer nach dem 0:4 am Sonntag auf eigenem Eis gedacht hatte, es geht nicht schlimmer, wurde am Mittwochabend in Wolfsburg eines Besseren belehrt.

Anstatt eine Reaktion zu zeigen, ging das maßlos enttäuschende Team von Trainer Cory Clouston vor 4154 begeisterten Fans im vierten Spiel der Viertelfinalserie bei den Wolfsburg Grizzlys mit 1:5 (0:1, 0:1, 1:3) unter. Nach diesem sportlichen Offenbarungseid liegen die Haie im „best of seven“-Modus mit 1:3 in Rückstand. Und weil keine Hoffnung auf Besserung in Sicht ist, droht dem hochbezahlten Kader in Spiel fünf am Freitag in der Lanxess Arena (19.30 Uhr) das vorzeitige Saisonaus.

Nach dem 1:3 am Freitag in Wolfsburg und der schmerzhaften Heimpleite am Sonntag in der heimischen Lanxess Arena hatten sich die Haie in ihrem Matchplan einige Punkte dick mit Rot unterstrichen. Zum Beispiel der Strafbank fernbleiben, um dem bislang so effektiven Wolfsburger Powerplay auf die einfachste Art und Weise zu entgehen – es gar nicht erst zuzulassen. Vorsatz und Umsetzung stehen aber bekanntlich nicht in direktem Zusammenhang. Nach 3:05 Minuten handelte sich Rückkehrer Nick Latta mit seiner ersten Aktion eine allerdings fragwürdige Strafe ein. Und ob es nun Zufall oder Schicksal ist, schlugen die Grizzlys wie im ersten Heimspiel schon zweimal erst drei Sekunden vor Ablauf der zwei Minuten zu. Jeff Likens Verlegenheitsschlenzer von der Blauen Linie war überhaupt der erste Schuss in dieser Überzahl auf das Tor von Gustaf Wesslau. Er fand aber seinen Weg am unglücklichen schwedischen KEC-Goalie vorbei zum 1:0 ins Netz (6.). Wieder lagen die Wolfsburger mit dem nötigen Scheibenglück vorne, was ihr ihr ohnehin properes Selbstbewusstsein zusätzlich stärkte. Der so nicht vorgesehene Rückstand beeindruckte die Kölner dagegen nachhaltig. Sie überstanden nur mit Glück die zweite Unterzahl nach einer Strafe gegen Alex Bolduc (11.) und verloren zu viele Zweikämpfe und damit Scheiben. Ein probates Mittel gegen das laufintensive Spiel der Grizzlys war nicht zu erkennen.

Noch mehr Einfluss auf das Kölner Spiel hatte aber die eigenartige Abwesenheit der Schlüsselspieler von Cory Clouston. Wie Christian Ehrhoff, der in dieser Serie bislang nur ein Schatten des großen NHL-Stars Christian Ehrhoff ist. Der Weltklasse-Verteidiger reihte technische Fehler, Passunsicherheiten und Sorglosigkeit aneinander, dass sich die fassungslosen Haie-Fans in der Wolfsburger Eis Arena nur die Augen rieben. Oder Patrick Hager, der kaum einen offensiven Zweikampf gewann und sich in Diskussionen mit den Schiedsrichtern aufrieb, anstatt sich auf sein Spiel zu konzentrieren. Der Center der KEC-Paradereihe war es auch, der das vorentscheidende 0:2 mit einem Scheibenverlust in der neutralen Zone einleitete. In der daraufhin entblößten Kölner Abwehr fand Grizzly-Topscorer Brent Aubin Zeit und Raum, um den machtlosen Wesslau mit einem platzierten Schuss ins lange rechte Eck zu überwinden (24.). Hagers wiederholt formschwacher Auftritt nährte das im Umfeld des KEC kursierende Gerücht, dass er seinen bis 2018 laufenden Vertrag in Köln nicht erfüllen möchte, weil er nach München wechseln will. Wenn die besten Spieler eines Teams in den Playoffs nicht die besten sind, dann kann es mit dem Titel nichts werden.

Die Haie ließen sich dagegen weiter nicht blicken. Je ein Powerplay im ersten und zweiten Drittel verpufften als Spiegelbild der kranken KEC-Seele ohne klare Torchance: Und wenn der Puck einmal zufällig frei lag, versagten den Kölnern die Nerven. Nico Krämmer (34.) und Philip Gogulla (39.) scheiterten jedenfalls freistehend am erneut vorzüglichen Felix Brückmann im Wolfsburger Tor. Als auch die dritte Überzahl zu Beginn des Schlussdrittels ohne Ertrag blieb und Sebsatian Uvira das 1:2 verpasste (43.), brauchten die Haie schon ein Wunder. Das blieb aber aus, weil diese KEC-Mannschaft einfach keine ist und auch keine mehr werden wird. Symbolisch für die unterschiedlichen Kräfteverhältnisse war das 0:3. Mark Voakes lief allein auf Wesslau zu, stoppte und trickste den KEC-Torwart im Stand aus (47.) – wie ein Torero, der dem Stier den tödlichen Stoß versetzt. Die am Boden liegenden Haie bezogen aber weiter Prügel. Die Ex-Kölner Fabio Pfohl und Gerrit Fauser erhöhten innerhalb von 14 Sekunden auf 5:0 (51.). Genug für Gustaf Wesslau. Der beste Torwart der Hauptrunde verließ als letztes Zeichen der KEC-Kapitulation entnervt das Eis für Daniar Dschunussow. Weil das Spiel längst entschieden war, blieb der Back-up trotz der schlechten Stil ausdrückenden Spieldauer-Disziplinarstrafen gegen Nick Latta (52.) und Shawn Lalonde (60.) ohne Gegentor. Das 1:5 von Ehrhoff in Überzahl (59.) rettete die Kölner Ehre auch nicht mehr, sondern verhinderte nur den zweiten Shut-out von Brückmann in Folge.

Köln: Wesslau (51. Dschunussow); Lalonde, Eriksson; Müller, Ehrhoff; Sulzer, Potter; Zerressen; Byers, Bolduc, Krämmer; Gogulla, Hager, Jones; Uvira, Hospelt Turnbull; Salmonsson, Latta, T.J. Mulock. – SR.: Brüggemann/Schrader. – Zuschauer: 4154. – Tore: 1:0 Likens (5:03/Bina, Johnson, PP1), 2:0 Aubin (23:31/Voakes, Riefers), 3:0 Voakes (46:16), 4:0 Pfohl (50:09/Voakes), 5:0 Fauser (50:23/Haskins, Likens), 5:1 Ehrhoff (58:01/Hager, Gogulla, PP1). – Strafminuten: Wolfsburg 12; Köln 18 + 10 Disziplinar Byers + Spieldauer Latta und Lalonde.