Interview mit Jörg Schmadtke„Ein Fußballverein sollte nicht demokratisch sein“
- Erstmals seit seinem Abgang beim 1. FC Köln spricht Jörg Schmadtke über die Kölner.
- Der frühere FC-Manager ist heute als Sportchef beim VfL Wolfsburg aktiv – dem nächsten FC-Gegner.
- Im Interview spricht er über den 1. FC Köln, die Rolle in Wolfsburg und den Wirbel um seinen Abgang in Köln.
Köln – Vor dem Hinspiel hatte Jörg Schmadtke noch Interview-Anfragen zum Thema 1. FC Köln zurückgewiesen. Nun, vor dem Gastspiel am Samstag, brach der Sportchef des VfL Wolfsburg sein Schweigen. Mit Joachim Schmidt sprach er über Vergangenes und Gegenwärtiges.
Herr Schmadtke, mit welchen Gefühlen kehren Sie am Samstag nach Köln zurück?
Schmadtke: Ich mache mir über andere Dinge mehr Gedanken als darüber, wie es sein könnte, wenn ich am Samstag in Köln ins Stadion komme.
Was überwiegt in Ihrer Erinnerung an die FC-Zeit – mehr die letzten Wochen vor der Trennung, oder die Jahre davor?
Bei mir ist hängengeblieben, dass während meiner Zeit in Köln Ziele größtenteils erfüllt oder sogar übererfüllt wurden. In der Wahrnehmung des Umfelds in der Stadt aber ging es letztlich nur um die letzten vier Monate. Das kann ich nicht ändern.
Was hätte geschehen müssen, dass Sie beim FC geblieben wären?
Das ist spekulativ. Die Konstellation war wie sie war und Entscheidungen sind so getroffen worden. Es macht keinen Sinn, darüber zu spekulieren. Ich habe mich nie zu den damaligen Vorkommnissen geäußert und möchte dabei bleiben. Ich halte es für falsch, ein Schwarzer-Peter-Spiel zu spielen oder Dinge, die sehr subjektiv sind, als objektiv darzustellen. Das haben andere zur Genüge getan.
Wie sehen Sie den FC heute?
Als einen Club, der um den Verbleib in der Ersten Liga kämpft.
Warum ist es so problematisch, Ruhe in den 1. FC Köln zu bringen?
Die Hauptproblematik ist für mich, dass dem Club eine Struktur übergestülpt wurde, durch die keine Ruhe einkehren kann. Ein Fußballverein sollte kein demokratisch geführtes Unternehmen sein. Es muss klar umrissene Aufgabengebiete geben, für die Leute zuständig sind, andere aber nicht. Wenn man sich daran hält, kann es funktionieren.
Wenn die Gruppierungen möglichst klein sind, ist es umso besser. In Köln sind es relativ große Gruppen, die informiert werden müssen und mitsprechen wollen. Da jeder dieser Teilnehmer für sich noch einmal eine Vernetzung in der Stadt hat, sitzt man mit einer relativ großen Öffentlichkeit am Tisch. Das erschwert die Führung des Clubs.
Kann es dennoch funktionieren?
Nur, wenn sich alle an die Spielregeln halten. Das ist leider meist nicht von langer Dauer. Dann fangen die Probleme an, vor allem, wenn es Krisensituationen gibt. So lange es einigermaßen läuft, herrscht etwas mehr Gelassenheit. Da kann man auch manche Dinge weglächeln. In der Krise wird es schwierig mit dem Weglächeln.
Wie sind die Strukturen beim VfL Wolfsburg?
Da gibt es einen Aufsichtsrat, der seiner Funktion beratend und kontrollierend nachkommt. Da funktioniert alles einwandfrei.Nach zwei sieglosen Testspielen gab es von Ihnen Kritik an den Spielern.Das Trainingslager als solches war in Ordnung. Was ich angemerkt habe war, dass die jüngsten Leistungen nicht damit übereinstimmten, dass die Mannschaft in der nächsten Saison auf europäischer Ebene spielen möchte.
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Da brauche ich mehr Zielstrebigkeit, mehr Härte, mehr Konsequenz. Das haben wir nicht an den Tag gelegt. Wenn wir unsere Zielsetzung umsetzen wollen, müssen wir vom ersten Rückrundenspiel an voll bei der Sache sein.
Welche Bedeutung hat eine Europapokal-Qualifikation für den VfL Wolfsburg und den VW-Konzern als Gesellschafter?
Es ist für das Renommee gut. Es gehört aber auch zu unserem Anspruch, weil wir glauben, international spielen zu wollen und zu müssen. Ich möchte aber daran erinnern, dass es darum ging, den Club zu stabilisieren, als ich 2018 nach Wolfsburg kam. Das bedeutet, sich um Platz neun herum in der Tabelle wiederzufinden, wie es derzeit der Fall ist. Wir sind also im Bereich der Zielsetzung. Nach der Europa-League-Qualifikation im Vorjahr möchten wir die aber natürlich wiederholen.
Was macht den Unterschied aus in Ihrer Arbeit für einen Werksverein gegenüber der zuvor bei den Traditionsvereinen 1. FC Köln, Hannover 96 und Alemannia Aachen?
Da gibt es keinen großen Unterschied. Vielleicht haben wir hier in Wolfsburg etwas mehr Ruhe, weil die Medienlandschaft eine etwas andere ist.
Mit Elvis Rexhbecaj haben Sie einen jungen Spieler für die Dauer von eineinhalb Jahren an den 1. FC Köln ausgeliehen. Warum so lange?
Weil es für uns wichtig ist, dass der Junge möglichst viele Spiele macht, um sich weiterzuentwickeln. Ein Leihgeschäft von einem halben Jahr reicht aus meiner Sicht oftmals nicht aus, um sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden und das Leistungspotenzial vollkommen abzurufen.
Zum Abschluss: Was muss der FC tun, um den Klassenerhalt zu schaffen?
Es ist nicht meine Aufgabe, anderen Clubs Ratschläge zu geben oder Spekulationen abzurufen. Das mache ich nicht.