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Interview mit Klaus Allofs„Der Fußball kann nicht so weitermachen“

Lesezeit 5 Minuten
KLaus Allofs

Rückkehr in die Heimatstadt: Klaus Allofs ist seit September im Vorstand von Fortuna Düsseldorf tätig.

Ende September kehrte Klaus Allofs überraschend in den Profi-Fußball zurück und gehört seitdem dem Vorstand von Fortuna Düsseldorf an. Bei einem Spaziergang am Rhein redet der ehemalige Europameister und langjährige Manager von Werder Bremen über seinen Führungsstil, die Folgen der Corona-Pandemie und die Bedeutung von Familie. Mit dem 63-Jährigen sprachen Gianni Costa und Patrick Scherer.

Herr Allofs, wie würden Sie den Wert von Familie beschreiben?

Klaus Allofs: (überlegt) Wichtig, extrem wichtig und immer wieder auch ein Rückzugsort. Das Entscheidende ist, dass man sich da total fallen lassen kann und eben die Vertrautheit hat. Insbesondere, wenn man viel unterwegs ist und eben auch mit ganz vielen Menschen zusammenkommt.

Zur Person

Klaus Allofs wurde 1956 in Düsseldorf-Gerresheim geboren. Seine Profikarriere begann er bei Fortuna Düsseldorf, mit der er 1979 und 1980 den DFB-Pokal gewann. Danach spielte er für den 1. FC Köln, Olympique Marseille, Girondins Bordeaux und Werder Bremen. Mit der Nationalmannschaft holte er 1980 den EM-Titel. Nach einem kurzen Versuch als Trainer in Düsseldorf arbeitete er von 1999 bis 2012 als Geschäftsführer bei Werder Bremen sowie beim VfL Wolfsburg (2012 bis 2016). Seit Ende September ist er bei der Fortuna Vorstand für Fußball und Entwicklung, Kommunikation und Nachhaltigkeit. Allofs lebt mit seiner Frau Ute in Düsseldorf. bsb

In der Familie zählen nicht meine Leistungen als Sportler und Manager, sondern nur als Mensch. Da werde ich korrigiert und schnell wieder auf den Boden geholt. Man muss schon sagen, wenn man in dem Job drin ist, dann bleibt eigentlich zu wenig Zeit. In den vergangenen Jahren habe ich genossen, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.

Ihre Tochter Lotta ist 16 und stammt aus einer anderen Beziehung. Hatte das auch Einfluss darauf, dass Sie aus dem Norden zurückgekehrt sind?

Allofs: Natürlich. Uns war es als Familie wichtig, kürzere Wege zu haben. Und das haben wir so wirklich gut hinbekommen. Insbesondere auch die Nähe zu meinem Bruder Thomas ist sehr schön. Weil wenn man Hunderte Kilometer getrennt voneinander lebt, dann sieht man sich doch nicht so häufig. Es freut mich sehr, dass wir jetzt wieder ganz, ganz eng aneinandergerückt sind.

Was verdienen Sie heute eigentlich als Vorstand von Fortuna?

Allofs: (lacht) Netter Versuch, dass sage ich ihnen, wenn wir in 40 Jahren darüber sprechen.

Sie sind jetzt 63 und können auf eine durchaus stattliche Karriere zurückblicken. Was hätten Sie gemacht, wenn nicht mehr ein Engagement im Fußball zustande gekommen wäre? Wäre Privatier auch reizvoll gewesen?

Allofs: Darüber hatte ich durchaus ernsthaft nachgedacht. Und ich finde das auch gar nicht verwerflich. Für jeden gibt es einen Lebensentwurf, in dem er glücklich werden muss. Ich habe mehr als 40 Jahre gearbeitet, und dann überlegt man, ob man wirklich noch einmal Verantwortung in dieser Größenordnung übernehmen möchte. Ich habe kein langweiliges Leben geführt. Und dann kam diese Anfrage von Fortuna, und das hat mich gereizt.

Sie schaffen es mit einem unfassbaren Charme, selbst unangenehme Themen wegzumoderieren. Bei Ihrer Antritts-PK haben Sie relativ deutlich ihr Revier markiert. In netten Worten haben Sie formuliert, dass Sie das letzte Wort im sportlichen Bereich haben.

Allofs: Wenn es so rübergekommen ist, dann ist es nicht richtig. Weil das letzte Wort zu haben, sagt auch aus, ich kann die Entscheidung auch alleine treffen. Das stimmt nicht. Was ich gesagt habe: Dann muss mich Uwe Klein überzeugen. Ich bin ich nicht zur Fortuna gekommen, um zu Jubiläen den Blumenstrauß zu überreichen oder irgendwelche Grußworte zu sprechen. Das reicht mir nicht aus, und das habe ich dem Aufsichtsrat auch gesagt. Wenn ich das mache, dann möchte ich Dinge positiv mitentwickeln. Dazu gehören Kompetenzen.

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Wenn ich bei der Fortuna etwas mache, dann muss das natürlich auch den Bereich Fußball beinhalten, alles andere wäre unglaubwürdig und würde auch an meinen Fähigkeiten vorbeigehen. Es bedeutet aber auch ganz klar, dass wir diese Entscheidungen nur gemeinsam fällen. Ich möchte auf der einen Seite, dass keine Entscheidung ohne mich getroffen wird, aber ich strebe nicht an, dass Entscheidungen nur von mir getroffen werden.

Wird heutzutage viel zu sehr auf den unmittelbaren Erfolg geblickt?

Allofs: Das ist sicher keine falsche Beobachtung. Man muss sich aber ein Stück davon frei machen. Das war sicher auch ein Erfolgsfaktor bei meiner Zeit in Bremen. Mit Thomas Schaaf war es keineswegs immer harmonisch, intern wurde hart diskutiert, aber nach außen wurde immer mit einer Stimme gesprochen.

Vorstandschef Thomas Röttgermann erhebt häufiger den Zeigefinger, was Entwicklungen im deutschen Profi-Fußball angeht. Haben Sie dafür Verständnis?

Allofs: Als ich für Wolfsburg gearbeitet habe, habe ich das Beste für Wolfsburg gewollt. Nun will ich das Beste für Fortuna. So ist es bei Thomas Röttgermann auch. Und: Die besten Rahmenbedingungen für Fortuna sind auch die besten Rahmenbedingungen für die meisten anderen Profivereine. Deswegen finde ich den Ansatz von Thomas richtig. Die Details besprechen wir gerade, aber es ist klar: Der Fußball muss sich verändern. Wir können nicht so weitermachen wie vor der Corona-Krise, sonst wird irgendwann das Interesse nachlassen. Die DFL und die Clubs müssen dafür die Verantwortung übernehmen, wie wir Veränderungen herbeiführen können.

Wie nah wollen Sie am Team dran sein?

Allofs: Ich werde nicht diese Nähe haben wie früher, als ich auch bei Spielen auf der Bank saß und mit der Mannschaft immer einen Tag vor Auswärtsspielen angereist bin. Das fällt in den Aufgabenbereich von Uwe Klein. Das heißt aber nicht, dass ich keinen Kontakt haben werde. Ich werde häufig beim Training zusehen, will die Spieler kennenlernen und wissen, was ich von ihnen erwarten kann. Ich will auch mit dem Trainer sprechen, damit ich weiß, wie er sich fühlt. Dann werden wir diskutieren. Ich werde nie sagen: So oder so musst du aufstellen – das habe ich nie gemacht, aber muss diskutieren können.