Der SC Magdeburg ist als Titelverteidiger im Halbfinale der Handball-Champions League überraschend am dänischen Außenseiter Aalborg Handbold gescheitert.
Handball Champions LeagueLandin steht Magdeburgs Titelverteidigung im Weg
Es bleibt dabei. Es gibt im Club-Handball keinen Titel, der schwerer zu verteidigen ist, als der in der Champions League. Eine Erfahrung, die am Samstag auch der SC Magdeburg machen musste. Der deutsche Double-Gewinner verlor vor 19.403 begeisterten Zuschauern in der ausverkauften LanxessArena im Halbfinale als Favorit mit 26:28 (11:11) gegen den dänischen Meister Aalborg Handbold. Der FC Barcelona bleibt damit das einzige Team, dss einen Titel in 15 Jahren Final Four in Köln verteidigen konnte.
„Mich ärgert, dass meine Mannschaft im wichtigsten Spiel der Saison nicht ihren besten Handball gespielt hat“, sagte Bennet Wiegert. Der Magdeburger Trainer, der nur auf den verletzten Michael Damgaard verzichten musste, ließ zu Beginn gleich seine Stars von der Leine und besetzte den Rückraum mit den Isländern Gisli Kristjansson, Omar Ingi Magnusson und dem Schweden Felix Claar. Das Trio machte zwar von Beginn an Druck, hatte aber Probleme, sich gegen die sehr aufmerksame Aalborger Defensive durchzusetzen.
Standpauke für Gisli Kristjansson
Vor allem der MVP des Vorjahres, Kristjansson, fand nur selten in seine Aktionen und blieb schon in der ersten Halbzeit mit nur einem Treffer unter seinen Möglichkeiten. Der Mittelmann leistete sich zudem eine Reihe von Ballverlusten, die seinen Trainer kurz vor dem Pausenpfiff mächtig auf die Palme brachten. Wiegert hielt Kristjansson eine ordentliche Standpauke und zählte ihm seine Ballverluste vor.
Weil aber zumindest Magnusson fünf seiner Eins-gegen-Eins-Situationen ins Ziel brachte und auch Claar zwei Tore beitrug, verlief die erste Hälfte auf Augenhöhe. Bei den Dänen ragte der junge Mads Hoxer mit vier Treffern in den ersten 30 Minuten heraus. Der 23-jährige Linkshänder bestach durch seine Schnelligkeit und Wurfgewalt.
In einem von den Defensivreihen dominierten Spiel konnte sich keines der beiden Teams absetzen. Magdeburg hatte jeweils nach einem Hoxer-Fehlwurf beim 7:6 (15.) und beim 10:9 (22.) die Chance, verlor den Ball aber beide Male durch Kristjansson. Auf der anderen Seite scheiterte Weltstar Mikkel Hansen bei seiner ersten Aktion mit einem Siebenmeter an SCM-Keeper Sergey Hernandez (11.). Der spanische Torwart zeichnete mit sechs Paraden auch dafür verantwortlich, dass der deutsche Meister zur Halbzeit beim 11:11 noch gleichauf lag.
Rote Karte für SCM-Kapitän O'Sullivan
Kristjansson eröffnete die zweite Hälfte mit seinem zweiten und schon letzten Treffer der Partie. Claar ließ bei einem der ganz raren Tempo-Gegenstöße aber die Chance zum 13:11 liegen (32.). Stattdessen konterte der dänische Meister zum 13:12 (34.). Das Kopf-an-Kopf-Rennen setzte sich fort. Auch weil Hernandez (am Ende neun Paraden) und sein Gegenüber Fabian Norsten (8), der nach 19 Minuten für den Ex-Kieler Niklas Landin ins Aalborger Tor gekommen war, stark performten.
Selbst als die Zwillingsschwestern Charlotte und Julie Bonaventura die ersten beiden Zeitstrafen der Partie gegen Simon Hald (38.) und Hoxer (39.) verteilten, konnte sich Magdeburg nicht absetzen. Die SCM-Abwehr hatte den dänischen Linkshänder zwar nun besser im Griff, dafür sprangen aber Sebastian Barthold und Thomas Arnoldsen in die Bresche.
Aalborg ließ nicht nach, lag beim 19:18 (43.) wieder vorne und verteidigte weiter extrem hart und konsequent gegen den Magdeburger Rückraum. Aufseiten der Deutschen sah dann Kapitän Christian O'Sullivan nach einer Videobeweis-Entscheidung der französischen Schiedsrichterinnen die Rote Karte (43.) und stand seinem Team in der Schlussviertelstunde nicht mehr zur Verfügung.
Niklas Landin hält, Mads Hoxer entscheidet
Der Titelverteidiger tat sich weiter schwer und musste sich bis zum 20:20 (48.) auf die Treffsicherheit von Magnusson verlassen. Dann nahm Coach Wiegert Kristjansson vom Feld und brachte mit Janus Smarason einen der fünf Ex-Aalborger im Magdeburger Team. Der Isländer traf direkt zum 21:20 (49.).
Es blieb aber bei maximal einem Treffer Vorsprung, weil sich beide Teams auf Äußerste beharkten und nichts schenkten. Während bei Aalborg nun wieder Mads Hoxer und auch Mikkel Hansen vom Siebenmeterpunkt trafen, trugen bei Magdeburg die Außenspieler Matthias Musche und Daniel Pettersson die Verantwortung.
Der Krimi endete schließlich in einem Herzschlagfinale. Als Aalborg 26:25 vorne lag, fischte ausgerechnet der gerade ins Tor zurückgekehrte Niklas Landin einen Wurf von Magnusson aus dem Eck. Der Torwart wird wie Mikkel Hansen seine lange und erfolgreiche Karriere im Sommer nach den Olympischen Spielen in Paris beenden.
Im Gegenzug nach Landins vierter und entscheidender Parade erhöhte Hoxer mit einem achten Treffer auf 27:25. Es war die erste Zwei-Tore-Führung des Spiels. Das 26:27 durch Magnussons zehntes Tor per Siebenmeter konterte Barthold dann kurz vor Schluss zum alles entscheidenden 28:26 (60.). Der Titelverteidiger war raus und die Überraschung perfekt.
Während Aalborg bei seiner zweiten Endspiel-Teilnahme nach 2021 am Sonntag (18 Uhr/DAZN und Dyn) vom ersten Champions League-Titel der Vereinsgeschichte träumen darf, ist der Magdeburger Traum vom vierten Titel in dieser Saison nach Meisterschaft, Pokal und Club-Weltmeisterschaft jäh geplatzt.
Statistik zum Spiel
SC Magdeburg - Aalborg Handbold 26:28 (11:11).
Tore Magdeburg: Magnusson (10/5 Siebenmeter), Musche (4), Claar (4), Kristjansson (2), Samarason (3), Pettersson (2), Saugstrup (1). - Tore Aalborg: Hoxer (8), Barthold (6), Arnoldsen (5), Hansen (5/4 Siebenmeter), Nillson (1), Vlah (1), Björnsen (1), Mollgard Jensen (1). - SR: C. Bonaventura/J. Bonaventura (Frankreich). - Zeitstrafen: Magdeburg 2/Aalborg 4. - Zuschauer: 19.403.