AboAbonnieren

FC vor Derby gegen MönchengladbachWie Wehrle mit der Zuschauer-Absage hadert

Lesezeit 3 Minuten
Alexander Wehrle

FC-Finanzchef Alexander Wehrle

  1. So einfach abfinden mochte sich der Geschäftsführer mit der Tatsache des nächsten Geisterspiels nicht.
  2. Kein Wunder, denn dem FC steht finanziell das Wasser bis zum Hals.
  3. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand im Stadion unter freiem Himmel ansteckt, ist sehr, sehr gering“, kritisierte Wehrle.

Köln – Kalkulationen gehören zum Job von Alexander Wehrle. Als der Geschäftsführer des 1. FC Köln am Freitag die Gewissheit hatte, dass auch der zweite Heimauftritt des Fußball-Bundesligisten gegen Borussia Mönchengladbach (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) wie befürchtet ein Geisterspiel sein muss, sah er sich angesichts der wachsenden Umsatzverluste veranlasst, die Entscheidungsgrundlage für Spiele ohne Zuschauer grundsätzlich in Frage zu stellen.

„Die Corona-Schutzverordnung sieht vor, dass bei einem Inzidenz-Wert von mehr als 35 keine Zuschauer zugelassen werden könne. Das müssen wir akzeptieren und wenn wir unseren Teil dazu beitragen können, die pandemische Entwicklung in Köln in den Griff zu bekommen, machen wir das gerne“, erklärte Wehrle diplomatisch. Die Inzidenzzahl (Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner der vergangenen sieben Tage) lag in Köln am Freitag bei 36,9.So einfach abfinden mochte sich der Geschäftsführer mit der Tatsache des nächsten Geisterspiels aber nicht.

Kein Wunder, denn dem FC steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Jedes Heimspiel ohne Zuschauer kostet die Geißböcke etwa 1,8 Millionen Euro. Schon die erhofften 9200 Zuschauer würden diesen Verlust um rund 600.000 Euro reduzieren. „Wir haben unabhängig vom Inzidenzwart ein tragfähiges Konzept des Gesundheitsamtes für 9200, 15.000 und 23.000 Zuschauer. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand im Stadion unter freiem Himmel ansteckt, ist sehr, sehr gering“, kritisierte Wehrle.

Zudem stellte der 45-Jährige die Bemessungsgrundlage von 35 in Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Entscheidung für oder gegen Zuschauer in Frage. In Frankfurt etwa dürfen am Samstag beim Heimspiel der Eintracht 8000 Zuschauer in die Arena, obwohl die Inzidenzzahl von Donnerstag auf Freitag von 25,6 auf 42,6 gestiegen war, das Gesundheitsamt in Frankfurt aber grünes Licht gab, weil es sich um ein „lokal eingrenzbares und nachvollziehbares Infektionsgeschehen“ handle.

Einmal in Fahrt holte der FC-Geschäftsführer weiter aus: „50 Prozent unserer Dauerkartenbesitzer kommen nicht aus Köln. Außerhalb der Stadt liegt der Inzidenzwert zwischen 5, 15 und 20. Das heißt auch hier ist die Kommune ja offensichtlich in der Corona-Schutzverordnung maßgeblich, aber die Fans kommen aus anderen Gebieten.“ Schließlich tobte sich Wehrle noch am Thema „Verhältnismäßigkeit“ aus: „Bei einem Wert von über 35 wurde vor zwei Wochen in Köln eine Kapazität von 20 Prozent unter freiem Himmel nicht zugelassen. In der gleichen Stadt durften aber in der Philharmonie im geschlossenen Raum 100 Besucher bei einer Gesamtkapazität von 200 sein.“

Wehrle ist angesichts sowieso schon drohender Umsatzverluste in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro für die Saison 2020/21 in den Kampfmodus übergegangen. Auch weil seine Grundkalkulation hinfällig zu werden droht. „Wir haben damit gerechnet, dass wir in den ersten Spielen bis März mindestens 10.000 Zuschauer haben werden und dann in Volllast übergehen.“ Für die ersten beiden Spiele ist diese Rechnung nicht aufgegangen und Besserung ist kaum in Sicht.