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FC-KolumneWie man sich das Derby gegen Gladbach schön träumen kann

Lesezeit 2 Minuten
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Rundschau-Autor Jens Meifert

  1. Das Leben ist kein Fohlenhof und eine Glosse kein Wunschkonzert.
  2. Dennoch wird man doch mal träumen dürfen. Zum Beispiel von Guido Ostrowski.
  3. Warum und was noch alles ins Wunschkonzert gehört, verrät unser Autor Jens Meifert.

Köln – Heute Nacht habe ich geträumt, ich wäre Guido Ostrowski. Was für ein Gefühl! Dabei ist es nicht so, dass es hier an etwas mangeln würde: Mein Schreibtisch steht in der schönsten Stadt Deutschlands, meine Familie ist meistens nett zu mir, und die Session nimmt richtig Fahrt auf. Sollte reichen, um ein glücklicher Mensch zu sein.

Aber natürlich gibt es dieses innere Verlangen, mal über sich hinauszuwachsen. Etwas zu schaffen, was die ganze Stadt zum Beben bringt, einen Moment für die Ewigkeit. So wie Lukas Podolski das erste Bundesligator im neuen Stadion zu schießen (übrigens gegen Mönchengladbach) oder wie Simon Terodde in der letzten Minute zum Derbysieg (Gladbach) einzuköpfen. Oder einmal den Ball wie Marcel Risse in der Nachspielzeit in den Winkel dreschen. Natürlich in Mönchengladbach, und so stark, dass die ganze ostholländische Wellblechhütte zu beben beginnt.

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Das alles ist nicht realistisch. Das Leben ist kein Fohlenhof und eine Glosse kein Wunschkonzert. Guido Ostrowski dagegen ist ein Kollege, ein Mensch aus Fleisch und Blut, auch wenn er mit seinen hingebungsvollen Radio-Kommentaren längst eine eigene Fan-Gemeinde aufgebaut hat. Wahrscheinlich größer als die von Wolfsburg. Und womit? Mit bebender Leidenschaft. Das Berufsbild des lokalen Radiofußballreporters verlangt nämlich zuallererst solide Stimmbänder. Wenn dann der eigene Club den entscheidenden Treffer, sagen wir kurz vor dem Ende, erzielt, dann darf es kein Halten mehr geben. Dann muss der Torjubel über den Äther oder digitalen Empfänger dröhnen, dann muss die Küchenlampe schlenkern, das Auto samt Radio wackeln und den Zuhörer sollen Schauer in Sturzbächen fluten.

Die Unabhängigkeit kann schon mal flöten gehen

Die journalistische Unabhängigkeit kann dabei schon mal flöten gehen, das macht es ja so atemberaubend. Wichtig ist, dass dieser Moment so ekstatisch ausfällt, dass ihn jeder noch mal gerne hört. Damit der Fan das Gefühl des Triumphs immer und immer wieder durchlebt. Und der Club und die Freunde senden sich in den sozialen Tornetzwerken den Clip hin und her. Das funktioniert in Dortmund oder Berlin nicht anders, aber in Köln ist es am schönsten.

Im besagten Traum kam all das vor. Zum Glück fiel der Siegtreffer kurz vor Schluss, die Kölner Kurve hat gebebt, aber dann klingelte der Wecker. Der Rachen fühlte sich rau an, aber es lag kein Mikrofon auf der Bettdecke. Ich war nicht Guido Ostrowski, und es galt, eine Kolumne zum Derby zu schreiben. Kann auch schön sein. Hauptsache, das Derby gewonnen.