Der Rekordtransfer von Florian Wirtz zum FC Liverpool hinterlässt bei Bayer 04 Leverkusen Wehmut und mindestens 125 Millionen Euro. Geld, das in den Umbau des Kaders fließen wird.
Rekordtransfer zum FC LiverpoolWas kommt nach Florian Wirtz?

Florian Wirtz hat beim FC Liverpool unterschrieben.
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Schmerz, Trauer oder Angst sollten nicht dominieren an diesem bedeutungsvollen Freitagabend. Als der Moment da war, von dem ganz Leverkusen gehofft hatte, dass er niemals kommen würde, entluden sich eher positive Gefühle: Liebe und Stolz, aber auch Wehmut herrschten bei Bayer 04 vor, als Florian Wirtz endgültig zum englischen Meister, FC Liverpool verabschiedet wurde. „Florians Abschied ist für den gesamten Verein – und auch für mich persönlich – mit vielen Emotionen verbunden“, hob Simon Rolfes diesen Aspekt des Bundesliga- und Premier League-Rekordtransfers hervor.
Als Geschäftsführer von Bayer 04 erinnerte sich Rolfes daran, dass Wirtz als 16-jähriger Teenager für 200.000 Euro Ablöse vom 1. FC Köln unter das Bayer-Kreuz gekommen war, um binnen fünfeinhalb Jahren zu einem der besten Fußballer der Welt zu reifen. Eine durchaus vorhersehbare Entwicklung, die für immer als Trauma in die Klubgeschichte der Geißböcke eingehen wird, auch wenn der FC mit mindestens zwei Millionen Euro an dem Rekordtransfer beteiligt wird.
Wirtz-Millionen als Grundlage für ein neues, titelreifes Werksteam
Wirtz, so Rolfes, habe durch seine Haltung, seine Leidenschaft und seinen unbedingten Siegeswillen, nicht nur die Mitspieler auf dem Platz, sondern viele Menschen im Verein „motiviert und inspiriert“. Dass der Ausnahmekönner aus Pulheim, dessen Ballbehandlung einzigartig und voller Magie ist, die erste Meisterschaft in 120 Jahren Vereinsgeschichte an die Bismarckstraße gebracht hat, erhebt ihn schon jetzt in den Status einer Legende.
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Die Verantwortlichen in Leverkusen werden ihren „Fußballgott“ noch länger vermissen und müssen im gleichen Atemzug einen Spieler ersetzen, der nicht zu ersetzen ist. Rolfes steht also vor der schweren Aufgabe, die offensive Last, auf mehrere Schultern verteilen. Aus dem Wirtz-Transfer stehen dem Sportchef dafür etwa 125 Millionen Euro als fixe Ablöse zur Verfügung. Mit Boni kann die Summe auf bis zu 150 Millionen Euro steigen.
Nie dagewesene Handlungsspielräume für den Werksclub. Selbst der Transfer von Kai Havertz, der vor fünf Jahren für 80 Millionen von Leverkusen zu Chelsea London gewechselt war, verblasst gegen den Wirtz-Deal. Die Bayer-Bosse wollen den Havertz-Abgang aber als Vorbild nutzen, und die Witz-Millionen als Grundlage für die nächste, titelreife Werkself nehmen. 2020 hatte Bayer Leistungsträger wie Exequiel Palacios oder Edmond Tapsoba aber schon verpflichtet, als der Havertz-Transfer eingetütet wurde.

Kai Havertz war bislang der Rekordtransfer von Bayer 04 Leverkusen.
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Will heißen, dass größeres Verhandlungsgeschick von Rolfes auf dem Transfermarkt gefragt ist. Die Fußballwelt weiß ja nun um das bis zum Rand gefüllte Bayer-Konto. Auf ein Plus von fast 200 Millionen kommt der Werksklub, da vor Wirtz auch Jeremie Frimpong den Weg nach Liverpool gefunden hat. Bayers Publikumsliebling und Leistungsträger hatten die Reds schon im Mai für rund 40 Millionen Euro aus seinem Vertrag herausgekauft.
Der pfeilschnelle, holländische Rechtsaußen hatte nach einem gemeinsamen Urlaub mit Wirtz auf die Vertragsunterschrift seines Kumpels in Liverpool gewartet. Für Wirtz sicher ein wichtiger Grund, den Weg zum englischen Meister zu gehen. Neben der Vision des niederländischen Trainers Trainer Arne Slot, der den Nationalspieler als offensiven Mittelfeldspieler einsetzen möchte, um im Angriff noch kreativer und dominanter zu werden.
Ich wollte etwas komplett Neues - raus aus der Bundesliga und in die Premier League.
„Ich bin sehr glücklich und stolz. Endlich ist der Vertrag unterschrieben, ich habe lange darauf gewartet“, ließ sich der LFC-Neuzugang zitieren und ergänzte: „Ich wollte etwas komplett Neues – raus aus der Bundesliga und in die Premier League.“ Eine Aussage, die vor allem dem FC Bayern München schmerzen wird. Der deutsche Meister galt lange als Favorit im Werben um Wirtz, steht nun mit seinem Sportchef Max Eberl aber wie der große Verlierer da.
Anders als Havertz, der mittlerweile bei Arsenal London spielt, ist Wirtz der direkte Durchbruch auf der Insel zuzutrauen. Meint auch Jürgen Klopp, der seinem Ex-Club gratulierte. „Das wird ganz, ganz toll, da bin ich mir sicher“, sagte der langjährige Erfolgscoach der Reds. Liverpool habe schon in der abgelaufenen Saison „eine fantastische Mannschaft“ gehabt, meinte Klopp: „Sie ist ganz schwer zu verstärken, wenn man Meister ist. Aber das hat Liverpool hinbekommen. Sie haben mit Florian Wirtz ein außergewöhnliches Talent verpflichtet. Ich freue mich darauf, das zu sehen.“
Wirtz will mit Liverpool Titel gewinnen
Wirtz ist teurer als Ousmane Dembélé, der 2017 für 105 Millionen Euro von Dortmund nach Barcelona wechselte, und auch als Enzo Fernandez von Benfica Lissabon, den sich Chelsea vor drei Jahren 121 Millionen Euro kosten ließ. Der Unterschiedsspieler erweckt nicht den Anschein, als laste Rekordsumme allzu schwer auf seinen Schultern: „Ich bin ein sehr ambitionierter Spieler“, richtete sich der 22-Jährige an alle, die es mit den Reds halten, und ergänzte: „Das muss man aber auch sein, wenn man sich so einem Verein anschließt“.
So wie er im Januar 2020 von Köln nach Leverkusen gekommen war, um in 197 Pflichtspielen (57 Tore, 65 Vorlagen) maximalen Erfolg zu bringen und neben Jamal Musiala (FC Bayern) zum begehrtesten, deutschen Spieler zu reifen, steht nun der größte Karriereschritt an. „In der nächsten Saison haben wir die große Aufgabe, den Titel zu verteidigen, dafür will ich alles tun“, peilt Wirtz den Gewinn der Premier League an. „Darüber hinaus will ich dem Verein weitere Titel schenken“, nahm er auch die Champions League 2026 mit dem Finale am 30. Mai in Budapest ins Visier.
Es ist klar, dass wir die Mannschaft weiter mit richtig guten Spielern verstärken werden.
In Leverkusen backen sie etwas kleinere Brötchen und haben mit ihrem neuen Cheftrainer Erik ten Hag als Nachfolger des zu Real Madrid gewechselten Xabi Alonso die erneute Qualifikation für die Champions League als Ziel ausgerufen. Die Neuverpflichtungen sollen dabei frischen Schwung und neue Impulse bringen. „Wir haben jetzt schon viele sehr gute Spieler im Kader, bei denen aber auch noch Luft nach oben ist. Und es ist klar, dass wir die Mannschaft weiter mit richtig guten Spielern verstärken werden“, sagte Rolfes.
Wobei ihm nach Wirtz, Frimpong und Jonathan Tah (Bayern München) unter anderem mit Granit Xhaka oder Patrik Schick weitere Abgänge drohen. Dem Transfer des 22-jährigen Innenverteidigers Jarell Quansah (Liverpool) für 30 Millionen Euro plus fünf Millionen Euro Boni als Tah-Ersatz steht nur noch der Medizincheck im Wege. Auf Rolfes Wunschliste soll zudem Angreifer James McAtee (Manchester City) stehen, der wie Quansah gerade bei der U21-EM mit England das Halbfinale erreicht hat und beim 3:1-Viertelfinalsieg gegen Spanien zu den Torschützen gehörte.
Erste Neuzugänge haben bereits unterschrieben. Der 17-jährige Axel Tape (Paris St. Germain) könnte in der Defensive neben Quansah helfen, die Lücke von Tah zu schließen, während der Senegalese Abdoulaye Faye (20/BK Häcken) direkt weiterverliehen werden soll. Ibrahim Maza (19) von Hertha BSC gilt als vielversprechender Spielmacher. Neu ist auch der erfahrene, niederländische Torwart Mark Flekken (FC Brentford), der eine wichtige Baustelle im Kader schließt.