Durch das 1:0 in Augsburg hat der Werksclub zum dritten Mal in seiner Geschichte den inoffiziellen Titel des Hinrundenmeisters errungen. Auf eine Kampfansage verzichteten die Leverkusener aber.
Last-Minute-SiegBayer Leverkusens Verwandlung zum Hinrundenmeister

Jubel-Explosion: Die Bayer-Profis feiern den Siegtreffer in Augsburg.
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Xabi Alonsos Jubel hatte etwas Meisterliches. Der Duselfaktor von Bayer Leverkusen hatte etwas Meisterliches. Und auch die Mentalität von Florian Wirtz & Co. im Eisschrank des FC Augsburg hatte etwas Meisterliches. Doch zu einer Ansage in Richtung von Rekordmeister FC Bayern München ließen sich die Leverkusener Last-Minute-Gewinner noch lange nicht hinreißen. Auch das hatte etwas Meisterliches, egal ob man es nun meisterliche Zurückhaltung oder sogar meisterliches Selbstvertrauen nennen will. „Das interessiert mich überhaupt nicht. Wir haben immer gesagt, dass wir uns auf uns konzentrieren. Der Sieg bringt uns drei Punkte, und das andere ist uns egal“, verkündete Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes nach dem in der Nachspielzeit herausgeschossenen 1:0 am Samstag zum Jahresstart.
Zum dritten Mal in ihrer Vereinsgeschichte errang die Werkself den inoffiziellen Titel des Hinrundenmeisters und blieb dabei wettbewerbsübergreifend sogar in 26 Pflichtspielen ungeschlagen. Nach dem Halbzeitkrönchen 2009/10 waren die Leverkusener schließlich nur Vierter geworden, 2001/02 immerhin noch Zweiter. Doch weil Bayer damals auch im Finale der Champions League und des DFB-Pokals das Nachsehen hatte, war der Verein als „Vizekusen“ gebrandmarkt worden. Gelingt dem extrem geerdeten Alonso gerade die Verwandlung zu „Meisterkusen“? Ist aus Bayer ein Stück weit Bayern geworden? Das kann gut sein, nur verkünden würde es der frühere Parade-Stratege beim FC Liverpool, bei Real Madrid und beim FC Bayern nicht. „Es ist nur ein Sieg, aber wir wollen weitermachen“, sagte der spanische Trainer nach dem erfolgreichen Auftakt 2024. „Jetzt genießen wir den Sieg ein wenig, und legen den Fokus ab Montag voll auf das Spiel in Leipzig.“
Das ist das Schönste im Fußball, wenn man es versucht, versucht, versucht und dann im letzten Moment trifft. Es ist ein euphorischer Moment für alle auf der Bank, für die Fans und auch für die Spieler.
Alonso handelt unaufgeregt und gleichzeitig strategisch. Der Vollspannschuss des argentinischen Weltmeisters Exequiel Palacios löste aber auch bei ihm einen Jubelsprung aus. „Das ist das Schönste im Fußball, wenn man es versucht, versucht, versucht und dann im letzten Moment trifft. Es ist ein euphorischer Moment für alle auf der Bank, für die Fans und auch für die Spieler“, sagte der Bayer-Coach. Dann sprach er einen wichtigen Faktor im Spiel der gereiften und geradlinigen Leverkusener Mannschaft an: „Die Jungen hatten den Glauben, es bis zum Ende zu versuchen. Das letzte Tor war kein Glück, sondern eine Belohnung für ein gutes Spiel.“
Es wäre vielleicht noch besser gewesen, wenn Stammkräfte wie Victor Boniface (Adduktoren), Edmond Tapsoba oder Odilon Kossounou (beide Afrika-Cup) dabei gewesen wären. Wenn ein Ergebnis nicht passt, dann wird es bei der Werkself mittlerweile passend gemacht. Sowas sagt man in Deutschland in der Regel vor allem dem FC Bayern nach. „Diese Siege schmecken viel besser als ein 3:0 oder 4:0“, befand Torwart Lukas Hradecky und erläuterte das veränderte Selbstbild: „Irgendwas ist durch die Siege und den Erfolg entstanden in der Mannschaft, einen gewissen Hunger auf mehr müssen wir behalten.“
Bei aller Begeisterung wollen die Leverkusener aber unter keinen Umständen ihre fast dröge Sachlichkeit vergessen. „Für uns ist es wie bei einem Marathon. Wir sind erst bei Kilometer 17, auch wenn ein Marathon natürlich mehr Kilometer hat als 17“, sagte Jonas Hofmann. „Wir bleiben uns treu, bleiben demütig und machen unseren Job. Jeder, der einen Marathon läuft, will am Ende ins Ziel rennen.“ In Leverkusen kommt es aber schon auf die Platzierung an. (dpa)